Joachimsthal/Finowfurt — Rund 200 Menschen haben am Wochenende gegen Veranstaltungen von Rechtsextremen im Landkreis Barnim protestiert. Am Samstagvormittag versammelten sich rund 150 Menschen in der evangelischen Kirche in Joachimsthal, um gegen einen Aufmarsch der rechtsextremen NPD zu protestieren.
Außerdem wehrten sich im nahe gelegenen Finowfurt etwa 50 Teilnehmer einer Kundgebung gegen das Sommerfest der rechtsextremen DVU in ihrem Ort.
Nach Angaben der Polizei gab es rund um das Fest zur Sonnenwende weder Störungen noch Festnahmen. «Wir waren offensiv präsent», sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Es sei Teil der Strategie gewesen, mit vielen Einsatzkräften sichtbar zu sein. Im vergangenen Jahr strömten rund 400 DVU-Anhänger — darunter Familien und Kinder — zu dem jährlich stattfindenden Fest, doch nach ddp-Informationen war die Zahl der Teilnehmer in diesem Jahr weitaus geringer.
In Joachimsthal marschierten etwa 70 Neonazis unter dem Motto «Sicherheit, Recht, Ordnung — Keine Gnade für die Täter» durch die Stadt. Mit der Demonstration wollte sich die NPD der Debatte um den Sexualstraftäter Werner K. bemächtigen. Der als gefährlich geltende Mann war Mitte April nach 22 Jahren Haft wegen mehrfacher Vergewaltigung von Frauen und Kindern freigelassen worden war. Der Bundesgerichtshof hatte einen Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung wegen rechtlicher Mängel zurückgewiesen. Er lebt nun bei Verwandten in Joachimsthal.
Gegen den NPD-Aufmarsch setzte die evangelische Kirche ein sichtbares Zeichen. «Die Kirche war voll», betonte Pfarrerin Beatrix Spreng. Ihren Angaben zufolge waren unter anderen die Bürgermeisterin, der Amtsdirektor und der Landrat anwesend. Es sei beschlossen worden, den Neonazis noch mehr präventiv entgegenzusetzen. «Die NPD hat hier in Joachimsthal nichts zu suchen», verkündete Spreng.
Mit Blick auf den Sexualstraftäter Werner K. sagte die Pfarrerin: «Es muss möglich sein, hier angstfrei zu leben.» Dafür müssten Justiz und Polizei eine Lösung finden. Die Bürgerinitiative «Nachbarschaftliche Solidaritätsgemeinschaft» bündele die Ängste der Einwohner. Die Initiative habe sich aber klar von der NPD distanziert, so dass die Rechtsextremen in der Stadt marginalisiert seien. Es gehöre zu ihrer Strategie, solche Themen zu besetzen. Deshalb sei es wichtig, dass Kirche, Kommune und Bürgerinitiative öffentlich den «Schulterschluss» gegen Rechts demonstrierten.
Aus diesem Grund hätten in Joachimsthal Neonazis keine Chance, betonte die Pfarrerin. «Es gibt bestimmt ein paar verirrte Schafe», räumte sie ein. In der Stadt wohnten einige Kader der Rechten. Doch es gebe nicht mehr Neonazis als anderswo. Die Pfarrerin vermutet, dass das Fest der DVU zur Sonnenwende überhaupt der Anlass für den Aufmarsch in Joachimsthal war: «Das ist sowieso um die Ecke.»