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Antifaschismus

Der III. Weg” in Brandenburg am 3. Oktober in Berlin

Am 3. Okto­ber 2020 ist es genau 30 Jahre her, dass die Bun­desre­pub­lik Deutsch­land um das Gebi­et der vor­mals aufgelösten DDR erweit­ert wurde. Fünf neue Bun­deslän­der, u.a. Bran­den­burg wur­den Teil eines neuen Deutsch­lands, dass ein­her ging mit einem rapi­den Anstieg an ras­sis­tis­ch­er und neon­azis­tis­ch­er Gewalt dem über 200 Men­schen bis­lang zum Opfer gefall­en sind.

Matthias Fis­ch­er (mitte) zusam­men mit Parteivor­sitzen­den Klaus Arm­stroff (links) und langjährigem Wegge­fährten Tony Gentsch auf ein­er Demon­stra­tion des “III. Weg” am 1. Mai 2019 in Plauen/Vogtland. (Foto: Press­eser­vice Rathenow)

Genau zu diesem Jahrestag ruft die extrem rechte Kle­in­st­partei „Der III. Weg“ zu ein­er großen Demon­stra­tion nach Berlin-Hohen­schön­hausen. Unter dem Mot­to „Ein Volk will Zukun­ft“ soll die eigentlich für den 1. Mai in Erfurt geplante Neon­azi-Demon­stra­tion nachge­holt wer­den, die auf­grund der Pan­demiebes­tim­mungen abge­sagt wer­den musste. Das Pro­gramm des „III. Weg“ sieht eine Lösung der aktuellen Krisen in Deutsch­land in ein­er alten Idee ihrer Vor­bilder. Der Ruf nach einem „deutschen Sozial­is­mus“ als „wirtschaftliche und gesellschaftliche Alter­na­tive“ wie es im Aufruf heißt, meint dabei nichts anderes als den Wun­sch nach Wiedere­in­führung des Nation­al­sozial­is­mus. Für die neon­azis­tis­che Organ­i­sa­tion ist es die erste große Demon­stra­tion in Berlin. Den­noch sind hier keine Unbekan­nten an der Mobil­isierung beteiligt. Schon seit April 2015 gibt es in der Haupt­stadt einen so genan­nten Stützpunkt. Die Aktiv­itäten bewegten sich in den ver­gan­genen Monat­en auf einem kon­stant hohen Niveau. Zahlre­iche Neon­azis aus dem Umfeld des „NW-Berlin“ schlossen sich inzwis­chen der Kader­partei an. Für die Organ­i­sa­tion der Demon­stra­tion Anfang Okto­ber sind die Berlin­er Neon­azis aber auf Unter­stützung von außer­halb angewiesen und diese ist gar nicht so weit entfernt.

Der III. Weg in Brandenburg besonders aktiv

Beson­ders aus dem umliegen­den Bran­den­burg kön­nen die Berlin­er Kamerad_innen mit zahlre­ich­er Unter­stützung rech­nen, befind­en sich doch hier mit den Stützpunk­ten „Potsdam/Mittelmark“ und „Uck­er­mark“ zwei der aktivsten Orts­grup­pen der Neon­azi-Partei. Aber auch der im April 2015 gegrün­dete Berlin­er Stützpunkt ist für Bran­den­burg­er Neon­azis bedeu­tend, umfasst er doch nicht nur die Metro­pole selb­st und dessen direk­tes Umland, son­dern bietet zudem Räum­lichkeit­en für Ver­anstal­tun­gen, die eben­so von diesen genutzt wer­den. Immer wieder wird auf der Home­page des „III. Weg“ von gegen­seit­i­gen Besuchen berichtet.

Zu den regelmäßi­gen Aktiv­itäten der Bran­den­burg­er Ableger gehören indes nicht nur Flug­blat­tak­tio­nen und Infos­tände. Als Partei, der die deutsche Heimatpflege und Iden­tität am Herzen liegt, engagieren sie sich in ihren Regio­nen auch ehre­namtlich, verteilen Spenden an Bedürftige, ver­anstal­ten Kinder­feste, helfen bei Aufräu­mak­tio­nen oder unter­stützen den Tier­schutz. Dass es dabei nur um „deutsche“ Inter­essen geht, zeigen die Berichte dieser Aktiv­itäten auf ihrer Home­page. All­jenige, die in ihren Augen nicht zur Volks­ge­mein­schaft dazu gehören, wer­den bei soge­nan­nten „nationalen Streifen“ drangsaliert oder direkt kör­per­lich ange­grif­f­en. Poli­tis­che Gegner_innen wer­den durch Sprühereien und Stick­er­ak­tio­nen an ihren Wohnorten eingeschüchtert. Abseits der Öffentlichkeit find­en in Bran­den­burg zudem regelmäßig Sport- und soge­nan­nte Wehrübun­gen statt, welche die Neon­azis im Umgang in Kampf­s­port­tech­niken und Waf­fen aus­bilden sollen. Außer­dem sind Bran­den­burg­er Neon­azis des „III. Weg“ bun­desweit auf Parteiver­anstal­tun­gen anzutr­e­f­fen. Wie der Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz in seinem aktuellen Bericht schreibt: „ver­fügt ‚DER DRITTE WEG‘ über die höch­ste Aktion­sori­en­tierung, die effizien­teste Organ­i­sa­tion und zudem über eine rig­orose nation­al­sozial­is­tis­che Gesin­nung. Insofern ist sie sehr attrak­tiv für aktivis­tisch ori­en­tierte Recht­sex­trem­is­ten.“ Andere extrem rechte Parteien, wie die NPD, spie­len dage­gen nur noch eine unter­ge­ord­nete Rolle für Neon­azis im Bundesland.

Maßge­blich ver­ant­wortlich für diese Aktiv­itäten der sich als elitäre Bewe­gung ver­ste­hen­den Kle­in­st­partei mit nur etwa 40 Mit­gliedern, ist Matthias Fis­ch­er aus Anger­münde (Uck­er­mark).

Matthias Fischer als treibende Kraft der Partei

Fis­ch­er wuchs im uck­er­märkischen Tem­plin auf und zog in den 1990er Jahren nach Nürn­berg, wo er schon früh zu den zen­tralen Fig­uren der dor­ti­gen Neon­aziszene gehörte und bald zu einem der wichtig­sten Kad­er in der Region auf­stieg. Ange­fan­gen bei der „Anti-Antifa Nürn­berg“ und der „Fränkischen Aktions­front“, wech­selte er nach deren Ver­bot 2004 zur NPD und nahm als Kreisvor­sitzen­der in Fürth an Wahlen teil. 2008 ver­ließ er die Partei und grün­dete das „Freie Netz Süd“, welch­es er bis zu dessen Ver­bot 2014 leit­ete. Seit sein­er Rück­kehr in die Uck­er­mark 2014 haben dort die extrem recht­en Aktiv­itäten wieder sprung­haft zugenom­men, obwohl es zunächst schein­bar ruhig um ihn wurde. Doch bere­its im März 2015 trat er als Sprech­er und Leit­er von Kundge­bun­gen und Ver­anstal­tun­gen des „III. Weg“ auf. Inner­halb kürzester Zeit über­nahm er hier Führungspo­si­tio­nen. Fis­ch­er ist nicht nur Vor­sitzen­der des Stützpunk­ts „Uck­er­mark“, deren Aktion­sra­dius über den gle­ich­nami­gen Land­kreis hin­aus reicht. Er ste­ht auch dem so genan­nten „Gebi­etsver­band Mitte“ vor, der alle Ver­bände in den neuen Bun­deslän­dern als über­ge­ord­nete Struk­tur umfasst. Außer­dem ist er noch stel­lvertre­tender Vor­sitzen­der der Gesamt­partei. Das Grund­stück des Mul­ti­funk­tionärs in der Innen­stadt von Anger­münde dient als kleines nationales Zen­trum, wo regelmäßig Feiern und Parteiver­anstal­tun­gen stat­tfind­en. Des Weit­eren ver­fügt Fis­ch­er über beste Kon­tak­te ins Aus­land, die durch gegen­seit­ige Besuche gepflegt wer­den. Das führt Neon­azis aus Ungarn und der Ukraine, wie beispiel­sweise Ange­hörige des berüchtigten „Azov“ –Reg­i­ments, nach Brandenburg.

Schwerpunkt auch im Raum Potsdam

Aber nicht nur im Nor­dosten ist die Neon­azi-Partei stark. Der Stützpunkt „Potsdam/Mittelmark“ fällt eben­so mit ein­er Vielzahl von Aktiv­itäten auf. Das ist nicht ver­wun­der­lich, lassen sich doch die Ursprünge des „III. Weg“ in Bran­den­burg im Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark sowie der Lan­deshaupt­stadt verorten. In den 1990er Jahren bilde­ten sich hier die mil­i­tan­testen Neon­azi-Struk­turen, wie die „Nationale Bewe­gung“, die für eine Vielzahl von Anschläge ver­ant­wortlich waren. Ab 2005 waren es vor allem die „Jun­gen Nation­aldemokrat­en“, die mit Volksver­het­zung und Ras­sis­mus für Auf­se­hen sorgten. Ab 2013 fie­len vor allem die soge­nan­nte „Gefan­genen­hil­fe“ und die Kam­pagne „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ auf. Let­ztere war eng ver­bun­den mit der 2012 ver­bote­nen Organ­i­sa­tion „Spreelichter“ aus Süd­bran­den­burg, die ihre Aktions­for­men für den Raum Pots­dam kopierten. Alle genan­nten Organ­i­sa­tio­nen ste­hen im unmit­tel­baren Zusam­men­hang mit ein­er Per­son: Maik Eminger. Der Brud­er des NSU-Unter­stützers André Eminger zog 2005 aus dem Erzge­birge nach Bran­den­burg und über­nahm hier schnell Führungspo­si­tio­nen. An der Grün­dung des ersten Bran­den­burg­er Stützpunk­ts 2015 war Eminger maßge­blich beteiligt und baute die ersten Struk­turen des „III. Weg“ im Bun­des­land auf. Fol­gerichtig lassen sich vor allem Neon­azis aus Pots­dam und Umland in den Rei­hen der Partei finden.
Vor etwa vier Jahren hat­te sich Maik Eminger über­raschend aus der Parteiar­beit zurück­ge­zo­gen. Öffentlich aufge­treten ist er seit 2016 nicht mehr. Die führende Rolle des „III. Weg“ in Bran­den­burg hat nun vol­lends Matthias Fis­ch­er über­nom­men. Emingers Grund­stück im Dorf Grabow im südlichen Teil des Land­kreis­es Pots­dam-Mit­tel­mark gilt den­noch weit­er­hin als zen­traler Tre­ff­punkt für Neon­azis und wird ähn­lich wie Fis­ch­ers Anwe­sen in Anger­münde als Fest- und Ver­anstal­tung­sort von der extremen Recht­en regelmäßig genutzt.

Gemein­sam für die Sache: Berlin­er und Bran­den­burg­er Neon­azis der AG-“Körper & Geist” des “III. Weg” beim gemein­samen Kampf­s­port-Train­ing. (Foto: Screen­shot Home­page “Der III. Weg”)

Was ist am 3. Oktober zu erwarten?

Zum „Tag der Deutschen Ein­heit“ ruft die neon­azis­tis­che Partei zur Demon­stra­tion in den Ost­ber­lin­er Stadt­teil Hohen­schön­hausen. Los­ge­hen soll es ab 14 Uhr am S‑Bahnhof Warten­berg. Angemeldet sind offiziell nur 100 Teil­nehmende. Aus der Erfahrung der ver­gan­genen Jahre ist jedoch damit zu rech­nen, dass min­destens 500 Neon­azis anreisen wer­den. Das Plat­ten­bauge­bi­et im Bezirk Licht­en­berg bietet dafür die per­fek­te Kulisse: Bere­its seit den frühen 1990er Jahren wütet hier eine gefes­tigte und gut organ­isierte Neon­aziszene, wie lokale Antifas rück­blick­end in ihrer Broschüre „20 Jahre Antifa Hohen­schön­hausen & Licht­en­berg“ schreiben. Durch die über­re­gionale Mobil­isierung und die zunehmende Bedeu­tung des „III. Weg“ für die gewalt­bere­ite extreme Rechte wer­den die Teil­nehmenden aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et erwartet, die mit einem mar­tialis­chen Auftreten in ein­heitlich­er Klei­dung ihren Führungsanspruch in der Szene unter­stre­ichen wollen. Viele von ihnen wer­den auch aus Bran­den­burg anreisen. Mit dabei wird Matthias Fis­ch­er sein, der sicher­lich an vorder­ster Stelle mit­laufen wird. Es ist nicht auszuschließen, dass sein Haus als Sam­melpunkt für Neon­azis aus dem Nor­den fungiert, von wo aus diese gemein­sam nach Berlin anreisen werden.
Es liegt an den antifaschis­tis­chen Struk­turen aus Berlin und Bran­den­burg hier im Vor­feld die Anreise der Neon­azis zu erschw­eren und Schleusungspunk­te sicht­bar zu machen. Block­aden allein, das zeigt das bru­tale Vorge­hen der Berlin­er Polizei bei ver­gle­ich­baren Aufmärschen der ver­gan­genen Jahre, reichen dafür nicht aus.
„Der III. Weg“, seine Heimat­tümelei und seine völkische Mobil­isierung muss am 3. Okto­ber (und natür­lich auch danach) sabotiert, block­iert und ent­ge­genge­treten werden.

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