berliner morgenpost
Der qualvolle Tod eines Obdachlosen
dpa Potsdam — Im Potsdamer Prozess um den Mord an einem Obdachlosen hat eine Gerichtsmedizinerin den qualvollen Tod des 61-jährigen Opfers beschrieben. Die fünf jugendlichen Angreifer hätten dem Obdachlosen durch Schläge und Tritte unter anderem den Schädel und 16 Rippen gebrochen, sagte Gerichtsmedizinerin Petra Bach am Montag vor dem Landgericht. Dies habe die Obduktion ergeben. Nach dem Angriff im August 2001 in Dahlewitz (Kreis Teltow-Fläming) war das Opfer an seinem eigenen Blut erstickt.
Die Angeklagten im Alter von 17 bis 22 Jahren hatten die Tat zu Beginn des Prozesses weitgehend gestanden. Nur ihre jeweils eigene Beteiligung schwächten sie dabei ab. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wollten die Angeklagten «Penner verprügeln, weil sie deren Lebensweise missachten». Dazu waren sie in den Bungalow eingedrungen, in dem sich der Obdachlose am Tatabend aufhielt.
Vier der Männer sind wegen Mordes aus niederen Beweggründen angeklagt. Dem Jüngsten wird nur Totschlag zur Last gelegt, weil er erst später dazu stieß und nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nichts von den Motiven der anderen wusste.
Blutungen in Hirn und Rücken
Während des Überfalls brachen die angetrunkenen Männer ihrem Opfer nach Angaben der Medizinerin zahlreiche Knochen in Gesicht und Oberkörper, darunter die Nase, den Schädel, ein Schlüsselbein und 16 Rippen, die mehrfach zersplitterten. Das Opfer müsse große Schmerzen gehabt haben, sagte Bach. Infolge der Schläge und Tritte — einer der Angeklagten trug nach eigenen Angaben Arbeitsschuhe mit Stahlkappen — erlitt der Obdachlose Blutungen in Hirn, Rücken, Mund und Luftröhre.
Durch Tritte zwischen die Beine rissen zudem der Dünndarm des 61-Jährigen und sein Geschlechtsteil. Ein Notarzt fand ihn zwei Tage nach dem Angriff tot in einem Gebüsch nahe dem Tatort. Drei der Männer hatten zu Beginn des seit 18. Februar laufenden Prozesses eingeräumt, zuvor jeweils zwischen 12 und 18 Flaschen Bier getrunken zu haben. Ein 21-Jähriger hatte nach der Festnahme einer Haftrichterin erklärt: «Im Wesentlichen ging es nur darum, dass wir unseren Spaß haben wollten.»
Eine als Zeugin geladene Psychiaterin stellte an diesem vierten Verhandlungstag zudem ein Gutachten über einen der Angeklagten vor. Der ebenfalls 21-jährige Mann, den die Gutachterin bei mehreren Haftbesuchen befragt hatte, ist nach ihren Worten voll schuldfähig. Der Mann sei ein «Mitläufer von sehr niedriger Intelligenz», sagte die Gutachterin. Er habe eingeräumt, moralisch 25 Jahre Haft verdient zu haben. Der Prozess soll morgen fortgesetzt werden.
berliner zeitung
Täter waren nicht im Vollrausch
Mord an Obdachlosem: Angeklagte schuldfähig
Jan Thomsen
POTSDAM. Bei dem brutalen Mord an einem Obdachlosen in Dahlewitz, begangen von fünf jungen Männern im August vorigen Jahres, hat Alkohol offenbar nur eine geringe Rolle gespielt. Dies geht aus den Berechnungen hervor, die die Gerichtsmedizinerin am Montag im Prozess vor dem Potsdamer Landgericht vorstellte. Zwar hatten alle Angeklagten im Alter von 17 bis 22 Jahren ausgesagt, zur Tatzeit angetrunken gewesen zu sein; doch dass sie wirklich so viel Bier tranken, wie sie detailliert angaben, bezweifelte die Gerichtsmedizinerin Petra Bach. “Nach dem, was sie danach noch alles getan haben, halte ich das für unwahrscheinlich”, sagte sie.
Außer Ralf W. hatten alle Angeklagten gesagt, zwölf bis 18 Flaschen Bier getrunken zu haben, bevor sie ihr 61-jähriges Opfer Dieter Manzke überfielen und zu Tode quälten. Die nach diesen Angaben berechneten Blutalkoholwerte lagen bei den beiden mutmaßlichen Haupttätern zwar im Höchstfall bei mehr als drei Promille. “Doch das wäre normalerweise ein Vollrausch”, sagte die Expertin. Die Angeklagten hätten jedoch genaue Erinnerungen an die Tat und waren offenbar problemlos per Fahrrad unterwegs. Auch die Schwester eines der Angeklagten, Heike W., hatte bereits am vorigen Prozesstag ausgesagt, auf sie habe keiner der Männer stark betrunken gewirkt.
Mit welcher Erbarmungslosigkeit die Angeklagten ihr wehrloses Opfer traktierten, zeigen die Befunde der Obduktion. Dieter Manzke — ein schmächtiger Mann, der nur 45 Kilogramm wog — erlitt schwerste Verletzungen im Gesicht und am Körper, sagte die Gerichtsmedizinerin: Das Jochbein, die Augenhöhlen, die Nase waren gebrochen, zwei Zähne ausgeschlagen, Lippen und Ohren blutig aufgerissen. Der Körper war mit Blutergüssen übersät. Mit ihren Tritten brachen die Täter ihm allein 16 Rippen, die zum Teil zersplitterten. Manzke habe die Gewalt höchstens “ein bis zwei Stunden” überlebt, sagte Petra Bach.