Potsdam — Es war eine Wahl mit Farbverschiebungen der besonderen Art: Wo über viele Jahre das Rot der SPD dominierte, herrschte plötzlich das Schwarz der CDU oder das dunklere Rot der PDS. Die Sozialdemokraten verloren in 11 von 14 Kreistagen und in allen Parlamenten der vier kreisfreien Städte ihre Mehrheiten. Der 26. Oktober 2003 war für die SPD ein „schwarzer Tag“. Sie stürzte – ein gutes Jahr nach dem Stabwechsel von Manfred Stolpe auf Matthias Platzeck – um mehr als 15 Prozent ab.
Fünf Jahre später, die Brandenburger sind erneut zur kommunalen Wahlurne gerufen, ist die Lage eine andere. Damals brachten Gerhard Schröder, die Agenda 2010 und die Praxisgebühr die SPD ins Hintertreffen. Ob die aktuellen Negativ-Werte für Kurt Beck und die Bundes-SPD am 28. September eine ähnlich wahlentscheidende Rolle spielen, ist indes ungewiss.
Brandenburgs SPD sehnt sich nach Revanche. Sie will wie selbstverständlich wieder stärkste Kraft werden und hofft, dass sich eine „Extremwahl“ (SPD-Generalsekretär Klaus Ness) wie 2003 nicht wiederholt. Die Mehrheiten in den Kreistagen sollen zurückerobert werden, was auch machtstrategisch von Bedeutung ist: Wer Landrat bleibt und ob eine Neuwahl noch indirekt vom Kreistag oder direkt durch die Bürger stattfindet, wie das Gesetz ab 2010 vorsieht – darüber müssen allein 10 der 14 neu gewählten Kreistage befinden.
Die Landes-CDU hingegen ist vorsichtig. Sie weiß nicht genau, wo sie steht. Parteichef Ulrich Junghanns hat zwar mehrfach als klares Ziel den erneuten Wahlsieg ausgegeben, doch daran glauben selbst in der CDU die wenigsten. Die Partei, in Umfragen nur bei gut 20 Prozent, ist nach wie vor in zwei Lager gespalten. Es gibt eine ungeklärte Machtkonstellation, da Junghanns keine Mehrheit im Landesvorstand hat. Sollte es gelingen, Platz zwei vor den Linken zu retten, könnte Junghanns damit durchaus leben. Wenn nicht, dürfte er innerparteilich weiter in die Defensive geraten.
Die Linke wäre zufrieden, wenn sie ein ähnliches Ergebnis wie 2003 einfährt. Das würde heißen, dass sie vor allem in ihren „Hochburgen“ Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus den ersten Platz behauptet. Ihr zentraler Slogan lautet „Original sozial“ und zielt bewusst auf die SPD. Die hat ihren Kommunalwahlkampf ebenfalls unter ein soziales Motto gestellt: „SPD – Die soziale Kraft“. Linken-Landeschef Thomas Nord ist darüber amüsiert. Einen ähnlichen Slogan habe es schon 2004 gegeben: „Sozial mit aller Kraft“. Nord: „Der stammte aber von uns.“
Kommunalwahlen bleiben in erster Linie Personenwahlen. Lokale Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt. Etliche Wählergemeinschaften und unabhängige Kandidaten wollen es den etablierten Parteien zeigen. Die drei großen Parteien SPD, CDU und Linke, aber auch Grüne und FDP erhoffen sich von der Kommunalwahl Rückenwind. Schließlich ist der Urnengang das Vorspiel zum „Superwahljahr“ 2009: Im Frühjahr sind Europawahlen, im Herbst zeitgleich Landtags- und Bundestagswahlen.
Lassen sich aus der Kommunalwahl Rückschlüsse für die Landtagswahl ziehen? Linken-Chef Nord warnt davor – egal, wie die Kommunalwahl ausgeht. Zu unberechenbar und widersprüchlich seien die Ergebnisse. Die CDU sei doch ein „warnendes Beispiel“, so Nord. Nach ihrem Kommunalwahlerfolg 2003 brach die Partei bei der Landtagswahl ein Jahr später ein.
Eine Sorge eint die demokratischen Parteien: Frust, Desinteresse und Protest könnten erneut dazu führen, dass die Partei der Nichtwähler die größte ist. Nur 45,8 Prozent der Wahlberechtigten gingen 2003 zur Wahl. Von einer geringen Beteiligung könnte die extreme Rechte, die NPD, profitieren, der allerdings Experten nur wenig Chancen einräumen. Der NPD könnte auch schon ein Propagandaerfolg reichen, würde sie in einen der Kreistage einziehen. Das wollen die demokratischen Parteien verhindern. Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) rief jetzt dazu auf, in den Kreisen breite Bündnisse zu schmieden – ungeachtet der verschiedenen Wahlprogramme. Die Bürger sollten zur Wahl gehen und sie sollten dafür sorgen, so Fritsch, „dass die Rechtsextremen nicht in die Kreisparlamente kommen“.