“Wir erinnern uns an Marinus S., der im Juli dieses
Jahres im Alter von 17 Jahren durch den Mord von drei kriminellen Jugendlichen aus dem Leben gerissen worden ist. Wir bitten Gott, dass er fest an der Seite der Familie stehen möge.” Mit diesen Worten ging Pfarrer Johannes Reimer gestern vor rund 250 Teilnehmern in der voll besetzten Kirche auf jene grausige Tat ein, die das Dorf seit einer Woche in Atem hält. Der Herr möge der Polizei, Justiz, den Anwälten
und Politikern helfen, die Verantwortlichen und Hintermänner zur Verantwortung zu ziehen. Er sei mit jenen Kindern und Jugendlichen, die den grausigen Anblick zuerst erleben mussten und noch heute zittern, fügte er hinzu.
“Liebe” großschreiben”
Wir sind still, aber ruhig sind wir nicht!” Auch wenn Termine drücken
und viele zur Tagesordnung übergehen wollen, müsse man versuchen, das
Geschehene gemeinsam zu verarbeiten, forderte Eva-Lotte Reimer. Und
Jugendsozialarbeiterin Petra Freiberg sagte unter Tränen: Sie sei
voller Wut und Trauer über das Geschehene, besonders aber erschrecke
sie das Sinnlose der Tat. Sie forderte die Zuhörer auf, das große
Opfer als Anlass zu nehmen, das Wort “Liebe” wieder größer zu
schreiben, vor allem den Kindern mehr Liebe zu schenken. Das
schreckliche Ereignis müsse dazu führen, “näher aneinander zu rücken,
wie eine Gemeinde zu fühlen, wie eine Gemeinde zu handeln”, meinte
Juliane Klützke. Sie forderte vor allem die älteren Einwohner auf,
viel öfter zu versuchen, mit Jüngeren ins Gespräch zu kommen.Unter
den Gottesdienstbesuchern waren übrigens auch Ministerpräsident
Matthias Platzeck, Landrat Klemens Schmitz (beide SPD), Bundestags- und Landtagsabgeordnete.
Ein Schweigemarsch führte sie alle anschließend von der Kirche durch das Dorf bis hin zum Ort der schrecklichen Mordtat. Vor dem Tor desehemaligen LPG-Geländes am Dorfrand hatten Jennifer Preussner, Matthias Muchow und Madeleine Karl bereits am Morgen ein schlichtes Holzkreuz mitdem Namen ihres ermordeten Freundes Marinus aufgestellt. Hierher führte der Schweigemarsch. Zum Gedenken wurden unzählige Gebinde und Blumen niedergelegt und Kerzen entzündet. Erstaunt quittierten viele Potzlower den Umstand, dass auch der Vater der beiden mutmaßlichen Mörder am Gottesdienst teilnahm und nach dem Schweigemarsch am Holzkreuz für das Opfer ein Blumengebinde niederlegte. “Die Gefühle fahren auch noch eine Woche nach Entdeckung der grausamen Tat mit uns Achterbahn”, sagte der Potzlower Bürgermeister Johannes Weber am Ort des Gedenkens. Als Ministerpräsident Platzeck an Regine Hildebrandts Aussage erinnerte, “Der Sinn des Lebens liegt im Miteinander!”, und hinzufügt “Wir dürfen uns nicht abwenden, sondern einander zuwenden”, blinzelten zaghaft einige Sonnenstrahlen durch die graue Wolkendecke überm Oberuckersee…