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Der Staat hasst mit — V‑Mann-Affäre in Brandenburg

Was würde die recht­sex­treme Szene bloß ohne ihre staatlich ali­men­tierten »Ver­trauensmän­ner« machen? Sie hätte sich beispiel­sweise nicht darauf ver­lassen kön­nen, dass eine Razz­ia gegen mut­maßliche Aktivis­ten der Bran­den­burg­er »Nationalen Bewe­gung« ins Leere läuft. 

Der Skan­dal kon­nte bis zur ver­gan­genen Woche unter Ver­schluss gehal­ten wer­den. 200 Beamte soll­ten Anfang Feb­ru­ar 2001 in den Woh­nun­gen von 19 Neon­azis Hin­weise auf die »Nationale Bewe­gung« find­en. Die Ter­ror­gruppe hat­te sich zwis­chen Jan­u­ar 2000 und Jan­u­ar 2001 zu ins­ge­samt 16 recht­sex­trem­istis­chen Aktio­nen bekan­nt, darunter ein Bran­dan­schlag auf die Trauer­halle des Jüdis­chen Fried­hofs in Pots­dam. Was die Ermit­tler indes sein­erzeit vor­fan­den, war nicht mehr als der übliche szene­typ­is­che Kleinkram: ein paar Hass-CDs, Fah­nen, Base­ballschläger. Kein Wun­der, der »Ver­trauensmann« Chris­t­ian K. hat­te die Woh­nungsin­hab­er frühzeit­ig informiert. Nur weil der Tele­fo­nan­schluss des ein­schlägig bekan­nten Skin­heads Sven S. vom bran­den­bur­gis­chen Lan­deskrim­i­nalamt abge­hört wurde, kam der Ver­rat her­aus. Die Pots­damer Polizei zog zwar ihre ursprünglich zehn Tage später geplante Durch­suchungsak­tion auf den fol­gen­den Tag vor. Doch da war es schon zu spät. 

Anson­sten blieb die »Panne« weit­ge­hend ohne Kon­se­quen­zen. Die Par­la­men­tarische Kon­trol­lkom­mis­sion (PKK) des Land­tages wurde nicht informiert, Chris­t­ian K. erst 18 Monate später »abgeschal­tet«. Ein Ermit­tlungsver­fahren wegen Geheimnisver­rats »gegen unbekan­nte Bedi­en­stete des Lan­des Bran­den­burg« leit­ete die Pots­damer Staat­san­waltschaft erst jet­zt, nach der Aufdeck­ung des Skan­dals durch den Tagesspiegel und die Märkische All­ge­meine, ein. Seit mit­tler­weile zwei Jahren sucht die Gen­er­al­bun­de­san­waltschaft erfol­g­los nach den Mit­gliedern der »Nationalen Bewegung«. 

Keine Kon­se­quen­zen hat es auch für Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm. Denn schließlich, so recht­fer­tigte sich der Christ­demokrat, habe ja der Ver­fas­sungss­chutz heute »einen besseren Zugang zum recht­sex­trem­istis­chen Spek­trum« als vor seinem Amt­santritt. Ob er damit beispiel­sweise die ille­gale Neon­azi-CD »Noten des Has­s­es« meinte, die ras­sis­tis­che und anti­semi­tis­che Mor­daufrufe enthält? Sie wurde näm­lich, wie gerichtlich bescheinigt, »unter den Augen und in Ken­nt­nis ein­er staatlichen Behörde« ver­trieben. Der Bran­den­burg­er Toni S., V‑Mann und ein­er der Pro­duzen­ten, kam deshalb im ver­gan­genen Herb­st mit ein­er Bewährungsstrafe davon. 

Es geht hier allerd­ings nicht allein um ein Bran­den­burg­er Prob­lem. Die Zone, in der sich die Innen­min­is­te­rien durch den Ein­satz von V‑Leuten bewe­gen, muss zwangsläu­fig grau sein. So stellte sich im NPD-Ver­botsver­fahren nicht nur her­aus, dass ganze Lan­desver­bände lange Zeit von V‑Männern geführt wur­den, son­dern die Partei die guten Kon­tak­te auch als lukra­tive Ein­nah­me­quelle nutzte. Nicht wenige der vom Ver­fas­sungss­chutz ali­men­tierten Spitzel hat­ten sich der NPD längst offen­bart und brav ihre Tantiemen abgeführt. 

Der aktuelle Fall bestätigt nur, dass der Ein­satz von V‑Leuten im Speziellen sich eben­so wenig par­la­men­tarisch kon­trol­lieren lässt wie der Ver­fas­sungss­chutz im All­ge­meinen. Die Grau­zone kann nur durch eine Entschei­dung aufge­hellt wer­den: seine Abschaf­fung. Die Grü­nen haben das einst gefordert, gerüchteweise auch die PDS. Aber das war irgend­wann im ver­gan­genen Jahrhun­dert, ist also lange her und vergessen.

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