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Der Stein von Mahlow

Mahlow — Am Mon­tag abend kamen im bran­den­bur­gis­chen Mahlow rund 100 Men­schen zusam­men, um an die ras­sis­tis­che Attacke auf den Briten Noël Mar­tin vor zwölf Jahren zu erin­nern. Damals, in der Nacht des 16. Juni 1996, wurde der far­bige Mar­tin zusam­men mit zwei Arbeit­skol­le­gen am Bahn­hof von Neon­azis beschimpft. Als er und seine Begleit­er mit dem Auto davon­fuhren, nah­men die Recht­en die Ver­fol­gung auf und ver­sucht­en, das Fahrzeug von der Fahrbahn zu drän­gen. Schließlich war­fen sie einen Stein in die hin­tere Seit­en­scheibe, woraufhin Mar­tin die Kon­trolle über sein Fahrzeug ver­lor. Der Wagen über­schlug sich mehrmals und prallte gegen einen Baum. Mar­tin wurde lebens­ge­fährlich ver­let­zt und ist seit­dem vom Kopf abwärts querschnittsgelähmt.

Anwohn­er führen seit dem Über­griff regelmäßig Gedenkver­anstal­tun­gen im Ort und in der Umge­bung durch. Dieses Jahr ver­liefen sie störungs­frei. Vor zwei Jahren hat­ten knapp 30 Neo­faschis­ten ver­sucht, die Ver­anstal­tung der Autonomen Antifa Tel­tow-Fläming im Nach­barort Rangs­dorf anzu­greifen. Die anwe­sende Polizei nahm die Stör­er damals fest. Das »Mah­n­mal des Anschlags« in Mahlow, an dem die deisjährige Kundge­bung stat­tfand, ist ein geschmiedetes Lesepult, das im ver­gan­genen Jahr errichtet wurde. Neben einem Zeitungsar­tikel, der nach dem Über­fall erschien, ist darauf ein Gedicht von Noël Mar­tin mit dem Titel »Der Stein von Mahlow« zu lesen. »Sucht nicht nach Steinen oder Prügeln, die Knochen brechen, sucht nach Frieden und Gelassen­heit, um mit anderen zusam­men zu leben, nicht allein«, heißt es darin.

Zu der Zer­e­monie erschien dies­mal auch Bran­den­burgs Bil­dungsmin­is­ter Hol­ger Rup­precht (SPD). Zuvor hat­te er in dem Ort eine Koop­er­a­tionsvere­in­barung zum Hand­lungskonzept »Tol­er­antes Bran­den­burg« mit dem Berlin-Bran­den­burg­er Bischof Wolf­gang Huber unterze­ich­net. Dabei wurde die enge Zusam­me­nar­beit im Kampf gegen Recht­sex­trem­is­mus von Lan­desregierung und Kirche bekräftigt. Das Konzept »Tol­er­antes Bran­den­burg« war 1998, in Reak­tion auf zahlre­iche ras­sis­tis­che Über­griffe in dem Bun­des­land, beschlossen wor­den. In diesem Jahr wird das zehn­jährige Jubiläum des Hand­lungskonzepts mit zahlre­ichen Ver­anstal­tun­gen began­gen. »Men­schen­ver­ach­t­ende Denk- und Ver­hal­tens­muster dür­fen in unserem Land, in dieser Gesellschaft nicht wieder und nicht weit­er Raum greifen«, so Rup­precht. Bischof Huber betonte, man wolle »allen Ten­den­zen zu Frem­den­feindlichkeit und Recht­sex­trem­is­mus klar und unzwei­deutig ent­ge­gen­treten.« Man habe sich bewußt an diesem Datum in Mahlow zur Unterze­ich­nung getrof­fen: »Vor zwölf Jahren – am 16. Juni 1996 – ist hier Noël Mar­tin der­art an Leib und Seele beschädigt wor­den, daß er auch heute noch unsäglich daran zu lei­den hat.«

Noël Mar­tin hat­te im Juni 2006 angekündigt, mit Hil­fe ein­er Schweiz­er Organ­i­sa­tion frei­willig aus dem Leben schei­den zu wollen. Den dafür vorge­se­henen Ter­min mußte er aber ver­schieben, weil er nicht reise­fähig ist.

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