Neue Runde im Verfahren um die Rückübertragung einstmals jüdischen Eigentums in Kleinmachnow
(Berliner Morgenpost, Lothar Rölleke) Kleinmachnow — Es geht um die Vertreibung, Enteignung und Entschädigung
jüdischer Mitbürger, um alte und neue Rechte, um juristische
Spitzfindigkeiten, um sehr viel Geld und immer wieder auch um die Gefühle
der Betroffenen. Es geht um viel Land in Kleinmachnow im Kreis
Potsdam-Mittelmark, die Sommerfeld-Siedlung. Dort warten die jetzigen
Besitzer seit Jahren auf ein abschließendes Gerichtsurteil. “Damit wir uns
endlich sicher sein können, dass uns kein Alteigentümer aus den eigenen vier
Wänden vertreibt”, hoffen sie. Am 8. Mai berät das Verwaltungsgericht
Potsdam erneut über Restitutionsansprüche.
Eine Million Quadratmeter Land wurde 1927 vom jüdischen Bauunternehmer Adolf
Sommerfeld erworben. Er gründete im gleichen Jahr eine Gemeinnützige
Siedlungsgesellschaft und hielt 80 Prozent der Anteile. Ziel war, das Land
zu parzellieren und an Siedler zu verkaufen. Weil das offenbar schwerer war
als erwartet, schloss Sommerfeld im März 1933 einen Vertrag mit der
Deutschen Land- und Baugesellschaft (DLB) über die Veräußerung von 100
Parzellen zum Weiterverkauf an Bauwillige. Dabei sollte Sommerfeld laut
Vertrag sein Geld erst erhalten, wenn die DLB die Parzellen an den Mann
gebracht hatte.
Doch dazu kam es nicht: Im April 1933 wurde der Unternehmer von SA-Männern
überfallen und beschossen; die Familie flüchtete aus Deutschland. Kurz
darauf wurde die Firma “arisiert”. 1950 erhielt Adolf Sommerfeld seinen
Betrieb zwar zurück, doch ohne die inzwischen verkauften Grundstücke oder
deren Geldwert. Auch verzichteten seine Erben kurz nach der Wende auf
Rückgabe. Anders die Jewish Claims Conference (JCC) als
Interessenvertreterin der Überlebenden des Holocaust. Sie stellte 1992 einen
globalen Restitutionsantrag, der jedoch zwischen 1997 und 1999 mit mehreren
Bescheiden vom Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (Larov)
abgelehnt wurde. Wegen vermeintlich geringer Erfolgschancen gab die JCC ihre
Bemühungen schließlich auf; 1997 kaufte der Berliner Rechtsanwalt Christian
Meyer die nach seiner Ansicht berechtigten Ansprüche der JCC. Inzwischen hat
man sich in etwa 320 Fällen mit den heutigen Besitzern in Vergleichen oder
außergerichtlich geeinigt, etwa 1000 Verfahren sind noch anhängig. Zudem
bekam Meyer kürzlich zwei weitere Grundstücke. Meyer hofft nun, dass am 8.
Mai auch in den übrigen Fällen zu seinen Gunsten entschieden wird.
Allerdings ist die juristische Hürde sehr hoch: Für die nun zu verhandelnde
Fallgruppe gilt nach Auffassung des Gerichts eine erst 1997 eingefügte
Bestimmung aus dem Vermögensgesetz, die die Rückübertragung unter bestimmten
Umständen ausschließt. Meyer sieht mit dieser Einschränkung im
Vermögensgesetz den in der Verfassung verbrieften Gleichheitsgrundsatz
verletzt, was die Richter am 8. Mai prüfen und am Ende vielleicht das
Bundesverfassungsgericht anrufen werden.