(Bonn, den 4.8.2004, DW-RADIO/Serbisch, Dinko Gruhonjic) Nicht-Regierungsorganisationen aus dem deutschen Bundesland Brandenburg und aus Novi Sad führen diese Woche eine mehrtägige Aktion unter der Bezeichnung “Landkarte des Rechtsextremismus” vor. Mit dieser Aktion verfolgen die Veranstalter das Ziel, die Öffentlichkeit auf die sich häufenden chauvinistischen Übergriffe in Serbien aufmerksam machen, aber auch auf die Tatsache, dass es solche Übergriffe auch in Deutschland gibt.
Zoran Petakov von der Alternativen Kulturorganisation erklärte gegenüber DW-RADIO, in Serbien werde der Rechtsextremismus systematisch totgeschwiegen: “Darüber möchte niemand reden, angefangen von den unmittelbar wegen ihrer Hautfarbe, Nationalität oder Konfession Betroffenen bis hin zu den zuständigen Staatsorganen. Es scheint, als ob das Thema wie bei einer Verschwörung totgeschwiegen wird, weil der Glaube vorherrscht, dass, wenn man darüber schweigt, das Problem auch nicht existiert. Diverse Beispiele demonstrieren indes, das es seit 2000 bis heute immer mehr solche Probleme existieren”.
Philipp Otto von der Demokratischen Jugend Brandenburgs in Ostdeutschland sagte gegenüber DW-RADIO, in diesem Teil seines Landes sei der Rechtsextremismus noch immer sehr präsent: “Nach dem Fall der Berliner Mauer und der deutschen Wiedervereinigung dachten viele Menschen: Deutschland ist endlich wiedervereint! Das heißt, viele unter ihnen haben keine Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen, was zu einer Zunahme des Nationalismus führte. Ferner sind nach dem Fall der Berliner Mauer viele Menschen nach Westdeutschland gezogen, und im Osten herrschte ein Gefühl der Leere vor. Die Menschen haben einfach ihre Identität verloren”.
Die Teilnehmer der mehrtägigen Widerstandsaktion gegen den Rechtsextremismus legten ferner dar, dass in den ersten sechs Monaten in Serbien 44 ethnisch motivierte physische Angriffe gegeben habe sowie dass 32 Gräber geschändet worden seien. Die Urheber dieser Gewaltaktionen seien vornehmlich junge Leute, die in Isolation, Kriegsgebieten und in einer Zeit der gesellschaftlichen Unsicherheit aufgewachsen seien.
Den Gästen aus Deutschland zufolge ist die Zahl der Übergriffe auf Migranten und Angehörige anderer Rassen im Ostteil des Landes gestiegen. In Brandenburg wirkten indes zahlreiche Organisationen, die rassistische und chauvinistische Tendenzen bekämpften, indem sie Aufklärungsseminare, Demonstrationen, Straßenproteste, Konzerte und Werkstätten organisieren.
In Serbien existieren solche Organisationen bedauerlicherweise praktisch gar nicht. Der Rechtsextremismus existiert allerdings sehr wohl. Davor warnte gestern erneut und eingehend auch der ungarische Außenminister Laszlo Kovacs. Er übermittelte dem offiziellen Belgrad, dass es den chauvinistischen Übergriffen auf Vojvodina-Ungarn Einhalt gebiete oder es könne die Idee eines Anschlusses an die EU verwerfen.
Die Behörden in Serbien verteidigen sich auch diesmal dadurch, dass sie den Rechtsextremismus totschweigen, wahrscheinlich in dem Glauben, dass wenn wir die Augen schließen, diese hasserfüllten Menschen, die andere Menschen nur belästigen, weil sie einer anderen Nation, einem anderen Glauben oder einer anderen Rasse angehören, einfach – wie durch einen Zaubertrick – verschwinden. (md)