Aktion 3. Deutsche verwerten jüdische Nachbarn.
Dokumente zur Arisierung
Die vom Politikwissenschaftler Wolfgang Dreßen (Leiter der
Arbeitsstelle für Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf)
konzipierte Wanderausstellung dokumentiert anhand von Unterlagen
der Oberfinanzdirektion Köln, dass auch der “kleine Mann” vom
Holocaust an der jüdischen Bevölkerung profitierte — wissentlich
und gemäß herrschendem Recht und Gesetz.
Der Verein Augen auf e.V. lädt zur Eröffnung der Ausstellung
am 11. April um 16.00 Uhr ins Foyer der Fachhochschule Potsdam
(Friedrich-Ebert-Str. 4). Wolfgang Dreßen wird eine einleitende
Rede halten, in deren Anschluss eine Diskussionsrunde stattfinden
wird.
Dreßen stellt zwei sehr heikle, immer wieder stark umstritten
diskutierte Thesen in den Vordergrund. Erstens die der Mitschuld
der Bevölkerung sowohl an der Ausgliederung der Juden vor, als
auch der Verdrängung des geschehenen Unrechts nach 1945: Dreßen
zeigt, dass sich die Käufer der Herkunft der auf Versteigerungen
der Finanzämter erworbenen Kücheneinrichtungen, Schreibmaschinen,
Da-menröcken und Herrenmänteln (um nur Beispiele zu nennen)
bewusst gewesen sein mussten. Die Entrüstung in der Bevölkerung
über Wiedergutmachungsforderungen von jüdischen Nachbarn, die den
Holocaust überlebten und zurückgekehrt waren, erscheint damit in
einem moralisch eher zweifelhaften Licht.
Zweitens die Rolle des Staates: Die Regierung des
nationalsozialistischen Deutschlands achtete peinlich genau
darauf, dass alle Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung
aufgrund von Gesetzen und Verordnungen, nicht jedoch “willkürlich”
und “ungesetzmäßig” geschahen: Das Gewaltmonopol hat der Staat,
die bürgerliche Ordnung darf nicht gefährdet werden. Nach dem 8.
Mai 1945 lag damit die Schuld allein beim “Unrechtsstaat”. Doch
das neben dem Staat, der SS und der Wehrmacht auch eine Reihe von
Unternehmen und sogar die “arischen” Nachbarn vom Holocaust
profitierten, verlor sich in einer kollektiven Amnesie.
Besondere Aufmerksamkeit gewinnt in diesem Zusammenhang die
Tatsache, dass die Unterlagen der Finanzämter 1988 durch das
Bundesfinanzministerium als Steuerunterlagen — die sie nicht sind
— deklariert wurden und somit nach Bundesarchivgesetz einer
Sperrfrist von 80 Jahren nach Entstehen unterliegen.
Die Ausstellung wird bis zum 14. Mai 2003 täglich
von 06.00 bis 22.00 Uhr (am Wochenende bis 15.00 Uhr)
zu sehen sein.
Ort: Foyer der Fachhochschule Potsdam, Fr.-Ebert-Str. 4
Zeit: 11. April 2003, 16 Uhr