Am 1. Januar 2005 tritt das neue Zuwanderungsgesetz in Kraft. Welche Auswirkungen es auf die rund 1800 in der Stadt lebenden Ausländer hat und welche Hoffnungen sie damit verbindet, erläuterte die Ausländerbeauftragte der Stadt Katrin Tietz (37) im Gespräch mit Silvia Simon.
Sind Sie mit den im Zuwanderungsgesetz gefundenen Kompromissen zufrieden?
Katrin Tietz: Grundsätzlich ja. Ich denke, die Lage der meisten Ausländer
wird sich verbessern. Der Knackpunkt aber ist: Viele Fragen sind noch offen,
weil das Bundesgesetz den Ländern großen Ermessensspielraum lässt.
Bei welchen Problemen denn zum Beispiel?
Tietz: Etwa bei den “Härtefällen”. Der Bund gestattet den Ländern,
Härtefallkommissionen einzurichten. Diese greifen bei Einzelnen ein, bei
denen die Umsetzung des Gesetzes eine besondere Härte bedeuten würde.
Über eine solche Kommission, die es in vielen Bundesländern bereits gibt, wird in Brandenburg ja schon seit Jahren erbittert gestritten. CDU-Innenminister Jörg Schönbohm etwa hält sie für unnötig.
Tietz: Ich halte sie für sehr wichtig und hoffe, dass mit Inkrafttreten des
neuen Gesetzes die künftige Landesregierung sich für eine
Härtefallkommission entscheidet.
Wie viele Asylbewerber leben denn zurzeit in der Stadt?
Tietz: Während die Zahl der Ausländer in den vergangenen Jahren konstant bei
rund 1800 lag, gibt es immer weniger Asylbewerber. 1994 waren es 1382, vor
drei Jahren 647 und jetzt sind es rund 400, von denen 230 eine Duldung
haben. Der Rückgang liegt vor allem an der Dritt-Staaten-Regelung, wonach
Ausländer abgeschoben werden dürfen, wenn sie über ein als sicher geltendes
Land eingereist sind.
Wer sind die restlichen der hier lebenden Ausländer?
Tietz: Menschen, die eine Aufenthaltserlaubnis haben, weil sie etwa hier
arbeiten oder mit Deutschen verheiratet sind. Viele sind Vietnamesen oder
Spätaussiedler aus Russland und der Ukraine.
Was ändert sich für Ausländer mit dem neuen Gesetz?
Tietz: Eine ganze Menge, weshalb ich nur Beispiele nennen kann. So wird es
künftig nur noch eine befristete Aufenthaltserlaubnis oder eine unbefristete
Niederlassungserlaubnis geben. Zudem müssen Spätaussiedler und auch deren
Angehörige deutsche Sprachkenntnisse nachweisen, bevor sie einreisen dürfen.
Darüber hinaus müssen die meisten Zuwanderer ab 2005 vom Bund finanzierte
Integrationskurse besuchen, in denen deutsche Sprache und Kultur vermittelt
werden. Neu ist auch, dass Leistungen künftig deutlich unterm
Sozialhilfesatz liegen. Außerdem werden Asylberechtigte nach drei Jahren
noch einmal überprüft, bevor sie dauerhaftes Bleiberecht bekommen. Und
erstmals wird nichtstaatliche Verfolgung — also aufgrund des Geschlechts,
der Religion oder der Volkszugehörigkeit — anerkannt.
Wie beurteilen Sie die Neuregelungen?
Tietz: Den zuletzt genannten Punkt wie auch die Integrationskurse halte ich
für wichtig. Gut ist auch, dass das Nachzugsalter für Kinder von zwölf auf
16 Jahre hochgesetzt wurde. Negativ finde ich die zweite Überprüfung und
dass die Betroffenen nach wie vor ihren Landkreis oder ihre Stadt nicht
verlassen dürfen.
Wie gut sind Sie vorbereitet auf den 1. Januar 2005?
Tietz: Wie gesagt, vieles ist noch unklar, weil wir noch immer auf die
Verwaltungsvorschriften warten, die die konkrete Umsetzung regeln.