Neonazis immer brutaler gegen Polizisten
NEURUPPIN (MAZ) Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ist besorgt über die zunehmende Gewaltbereitschaft Rechtsextremer gegenüber der Polizei im Norden Brandenburgs. Nach einem Angriff auf Polizisten an der Tankstelle in Wittstock Anfang Juli seien auch in Neuruppin Beamte Opfer von Straftaten
rechtsextremer und gewaltbereiter Jugendlicher geworden, beklagte der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher gestern in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin).
Die Staatsanwaltschaft werde die strafprozessualen Möglichkeiten gegen Täter und Gleichgesinnte ausreizen, betonte Schnittcher. So solle verhindert werden, dass sich derartige Übergriffe auf Polizisten wiederholen oder
häufen.
Nach dem Vorfall in Wittstock am 2. Juli befindet sich ein 21-Jähriger in Untersuchungshaft. Ihm werden gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch vorgeworfen. Das Verfahren richtet sich gegen elf Tatverdächtige. Da der Sachverhalt sehr komplex sei, eigne er sich nicht für
ein beschleunigtes Verfahren, so Schnittcher. Es komme auch deshalb nicht in Betracht, weil der Strafrahmen des beschleunigten Verfahrens mit Freiheitsstrafen von maximal einem Jahr für einige Beschuldigte nicht ausreiche.
Das zweite Verfahren richtet sich gegen 23 Verdächtige, die am Wochenende an einer Neuruppiner Tankstelle randaliert haben sollen. Ihnen wird gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung vorgeworfen. Ein
17- und ein 18-Jähriger gelten als Haupttäter. Bei dem 18-Jährigen prüft die Behörde ein beschleunigtes Verfahren. Bei dem 17-Jährigen ist es gesetzlich nicht zulässig.
Rechtsextreme im Visier der Justiz
Oberstaatsanwalt will durchgreifen
(MAZ, Juliane Wagner) NEURUPPIN Die Ermittlungen zum Angriff zweier rechtsextremer Jugendlicher auf Polizisten in Neuruppin sind an das Polizeipräsidium Potsdam übergeben
worden. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat ein Verfahren gegen 23 Leute eingeleitet, die an den Ausschreitungen am Wochenende beteiligt waren.
Bei einem Handgemenge mit einer Gruppe von 43 überwiegend rechtsextremen Jugendlichen und Männern waren zwei Beamte verletzt worden. Anwohner hatten die Polizei gerufen, als eine zunächst kleine Gruppe ausländerfeindliche
Parolen skandierte. Das Polizeipräsidium sucht nun weitere Zeugen.
Unterdessen hat sich der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher gestern “besorgt über die zunehmende Gewaltbereitschaft Rechtsextremer gegenüber der
Polizei im Norden des Landes Brandenburg” geäußert. Nach einem Vorfall am 2. Juli an der Tankstelle in Wittstock (die MAZ berichtete) seien Polizeibeamte “in kurzer zeitlicher Folge erneut Opfer von Straftaten rechtsextremer und
gewaltbereiter Jugendlicher und Heranwachsender” geworden.
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin werde in beiden Verfahren “jedes rechtlich zulässige Mittel ergreifen, um den Tätern und Gleichgesinnten nachhaltig zu begegnen”, kündigte Gerd Schnittcher in einem Schreiben an. Nur so könne verhindert werden, dass sich derartige Übergriffe Rechtsextremer auf
Polizeibeamte wiederholen oder gar häufen.
Gegen die 23 Beschuldigten im Neuruppiner Fall ermittelt die
Staatsanwaltschaft wegen Widerstandes, gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruchs und Sachbeschädigung. Zwei Jugendliche im Alter von 17 und 18 Jahren gelten als Haupttäter. Beide sind laut Staatsanwältin Lolita
Lodenkämper lediglich “unwesentlich vorbelastet”. Gegen den 17-Jährigen ist ein beschleunigtes Verfahren gesetzlich nicht zugelassen. Im Fall des 18-Jährigen prüft die Staatsanwaltschaft derzeit noch, ob ein beschleunigtes
Verfahren geeignet ist.
Einige der Jugendlichen hatten vor den Ausschreitungen einen Geburtstag im Café Fantasie nahe der alten Schwimmhalle gefeiert. Der Jugendtreff ist in Trägerschaft der Initiative Jugendarbeit Neuruppin (IJN). Das Café sei jedoch kein Treffpunkt für Rechtsextreme, sagte IJN-Chef Andreas Haake
gestern auf Anfrage der MAZ. Die Feier sei gesittet verlaufen und gegen 23 Uhr beendet worden, so Haake. Für alles, was danach geschah, könne die IJN nicht verantwortlich gemacht werden.
Jugendliche — auch rechtsgerichtete — zu betreuen, sei Aufgabe der IJN, betont Haake. Und die Eskalation der Gewalt mache deutlich, “wie wichtig unsere Arbeit ist”. Die Betreuer seien “weiter wachsam, damit keine Erwachsenen rechts orientierter Gesinnung ins Café kommen”, versichert der Chef. Ob private Feiern im Café Fantasie noch zugelassen werden, sei derzeit fraglich.