(BM, Günter Brüggemann, Gabriele Jordan)
Cottbus/Lacoma — Der Streit um die Zukunft des südbrandenburgischen Dorfes Lacoma hält an. Der Energiekonzern Vattenfall will nach Angaben des Lacoma-Vereins heute mit dem Abriss einiger Häuser in dem vom Braunkohlentagebau Cottbus-Nord bedrohten Ort Ernst machen. Die Besetzer zweier Häuser seien ultimativ aufgefordert worden, die Gebäude bis Montag freiwillig zu verlassen, sagte Vereinsvorsitzender René Schuster in Lacoma. Der Abriss einiger Häuser war zunächst für vergangenen Dienstag angekündigt worden.
Vattenfall-Sprecher Rainer Knauber betonte, das Unternehmen sei Eigentümer der betreffenden vier Gebäude und Grundstücke, darunter der Kulturscheune. Die Flächen würden für bergbauliche Vorbereitungen benötigt. Die Besetzung stelle “Einbruch und Hausfriedensbruch” dar. Vattenfall habe in drei Fällen Strafanzeige erstattet und in einem Fall Räumungsklage gestellt. Der Konzern werde die “Besetzung nicht hinnehmen”.
Das Unternehmen habe dem Verein jedoch angeboten, bei einer Räumung der Gebäude einen “maßgeblichen Beitrag zur Fortsetzung der Arbeit der Kulturscheune an anderer Stelle” leisten zu wollen. Dieses Angebot gelte bis zum heutigen Montag. Vattenfall sei zu Gesprächen bereit.
Laut Schuster sind in den vergangenen Tagen insgesamt drei Grundstücke — darunter auch die Kulturscheune — an Vattenfall übergeben worden. Der Verein habe die Rückgabe eines weiteren Grundstücks verweigert, weil der Energie-Konzern den Vertrag vorzeitig gekündigt habe. Gegen den Abriss sei nach seinen Angaben eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht Cottbus erwirkt worden.
Derzeit halten sich 70 bis 100 Gegner eines Abrisses des Künstlerdorfes in zwei der Häuser auf. Sprecher Daniel Häfner betonte am Wochenende, es solle heute “zu keiner Konfrontation” mit Vattenfall kommen. Es würden vielmehr Verhandlungen angestrebt. Sollte sich der Konzern dazu aber nicht bereit erklären, würden die Dächer der Häuser besetzt gehalten. Das könne “mehrere Tage und auch Wochen dauern”, kündigte Häfner an.
Die Abrissbagger sollen Platz für einen Entwässerungsriegel schaffen. Dadurch wird dem Ort das Wasser entzogen, bevor die Kohlebagger kommen. Der Lacoma-Verein fordert, alle Grundstücks-Kündigungen und den Abriss so lange auszusetzen, bis mit einem Planfeststellungsbeschluss über die Zukunft des 500 Jahre alten Hammergrabens und der Teichlandschaft entschieden ist.
Der Verein kritisiert, sowohl für den geplanten Bau des Randriegels als auch für die Beseitigung von Graben und Teichen fehlten die Genehmigungen. In den Lacomaer Teichen — Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste — sind unter anderem mehrere tausend Rotbauchunken beheimat. Es handelt sich um die größte Population dieser Tiere im Land Brandenburg.
Das Dorf am Rand von Cottbus war bereits zu DDR-Zeiten geräumt worden, damit die darunter liegende Braunkohle abgebaut werden konnte. Als sich nach der Wende der Abriss von Lacoma verschob, wurde das Dorf neu besiedelt.
Abrissbagger startklar in Lakoma
Ultimatum des Energiekonzerns Vattenfall an Künstlerdorf-Besetzer endet heute
(MAZ, Beowulf Kayser) COTTBUS/LAKOMA Im Streit um die Abbaggerung des Dorfes Lakoma und einer mehr als 500 Jahre alten Teichlandschaft zu Gunsten des Braunkohlentagebaus Cottbus-Nord spitzt sich die Situation dramatisch zu. Nach Ablauf eines Ultimatums des Energiekonzerns Vattenfall sollen die Kulturscheune und das Haus Nummer 13 durch die Polizei heute geräumt werden. Anschließend sollen die durch die Gruppe “Freunde von Lakoma” besetzten Grundstücke sowie das Haus Nummer 23 abgerissen werden. Vattenfall-Sprecher Rainer Knauber betonte, der Konzern werde die “Besetzung nicht hinnehmen”. Derzeit halten sich 70 bis 100 Gegner eines Abrisses des Künstlerdorfes in zwei der Häuser auf.
Die Eskalation hatte am Freitagabend begonnen. Zu dem Zeitpunkt hatte ein von Vattenfall beauftragtes Sicherheitsunternehmen aus Dresden versucht, die Hausbesetzer zu vertreiben. Erst die Polizei hatte in letzter Minute gewaltsame Ausschreitungen zwischen Besetzern und Security-Personal verhindert. Daraufhin stellte ein Vattenfall-Vertreter das heute auslaufende Ultimatum. Außerdem solle sich der Lakoma-Verein bis heute entscheiden, ob er mit Vattenfall über ein angebotenes Austauschobjekt für die Kulturscheune verhandeln wolle.
Eine einvernehmliche Lösung zeichnet sich bisher jedoch nicht ab. “Vattenfall muss die anstehenden Genehmigungsverfahren abwarten, bevor in Lakoma vollendete Tatsachen mit dem Abriss geschaffen werden”, betonte der Vorsitzende des Lakoma-Vereins, René Schuster, gestern gegenüber der MAZ. Das von Vattenfall in Aussicht gestellte Angebot für ein Austauschobjekt für die Kulturscheune lehnte der 29-jährige Vereinsvorsitzende überdies strikt ab. “Die Kulturscheune ist an diesem Standort das Symbol des Widerstandes gegen die Abbaggerung des Dorfes und der Lakomaer Teiche”, erklärte Schuster. Für die heutige Auseinandersetzung mit dem Energiekonzern erwartet er zahlreiche Sympathisanten aus dem gesamten Bundesgebiet, die sich mit Verein und Hausbesetzern solidarisieren.
Zu einer Konfrontation mit Vattenfall solle es dabei allerdings nicht kommen, betonte der Sprecher des Künstlerdorfs Lakoma, Daniel Häfner. Vielmehr würden Verhandlungen angestrebt. Sollte sich der Konzern dem jedoch verweigern, würden die Hausdächer besetzt gehalten. Das könne “mehrere Tage und auch Wochen dauern”, so Häfner.
Der Verein kritisiert, sowohl für den geplanten Bau des Randriegels als auch für die Beseitigung von Graben und Teichen fehlten die Genehmigungen. In den Lacomaer Teichen — Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste — sind unter anderem mehrere tausend Rotbauchunken beheimatet. Es handelt sich um die größte Population dieser Tiere in Brandenburg.
Das Dorf am Rand von Cottbus war bereits zu DDR-Zeiten leergezogen worden, damit die darunter liegende Braunkohle abgebaut werden konnte. Als sich nach der Wende der Abriss von Lacoma verschob, wurde das Dorf neu besiedelt.
Braunkohleabbau: Vattenfall lässt das erste Haus abreißen
(MOZ) Lakoma/Cottbus (dpa) In dem vom Braunkohleabbau bedrohten südbrandenburgischen Lakoma hat am Montag der Abriss begonnen. Am Morgen sei ein erstes Haus abgetragen worden, bestätigten Naturschützer und der Sprecher des Energiekonzerns Vattenfall, Rainer Knauber. Wann weitere Häuser abgerissen werden, ist noch offen. Dies hänge von den Verhandlungen mit den Naturschützern ab, sagte Knauber. Etwa 100 Aktivisten hatten gegen die Abbaggerung des Cottbuser Ortsteils und des dortigen geschützten Teichgebiets friedlich protestiert.
Vattenfall sagte am Montag zu, zunächst auf den Abriss weiterer Gebäude zu verzichten. “Wir führen Gespräche mit dem Ziel, den Hausfriedensbruch zu beenden”, sagte Knauber. Es werde ein Ersatzstandort für die derzeit besetzte Kulturscheune gesucht. “Wir hoffen auf ein Entgegenkommen zu diesem verbindlichen Angebot”, sagte Knauber. Er unterstrich jedoch zugleich, der Konzern werde notfalls mit allen rechtlichen Mitteln seine Interessen durchsetzen.
Ein Sprecher der Naturschützer betonte, die Kulturscheune und das daneben liegende Gebäude seien für das kulturelle und soziale Leben im Ort besonders wichtig. “Wir sehen noch Verhandlungsspielraum.” Die Situation vor Ort sei “sehr friedlich und ohne Gewalt”. “Wir wollen verhandeln und reden.”
Der Ort und das benachbarte Gebiet der Lakomaer Teiche soll von 2005 an dem Tag
ebau Cottbus-Nord weichen. Vorher muss eine Entwässerungsleitung für die Kohlegrube verlegt werden. Hierzu steht aber das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren noch aus. “Die Abrisse sind zur Zeit reine Willkür, so lange die Entwässerungsleitungen gar nicht genehmigt sind”, sagte René Schuster vom Lakoma-Verein. Dagegen betonte Vattenfall-Sprecher Knauber, für die Ortslage Lakoma lägen alle Genehmigungen vor. Dort könne auf jeden Fall entwässert und abgebaggert werden.
In Bezug auf die etwa 90 Hektar großen Lakomaer Teiche steht noch eine Entscheidung über die Ausweisung als Schutzgebiet nach der €päischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) aus. Im Teichgebiet leben viele bedrohte Arten, darunter die größte Population der Rotbauchunke in Brandenburg. Erst kürzlich entdeckten Wissenschaftler dort die seltene Käferart “Eremit”.
In Lakoma wohnen zur Zeit etwa 40 junge Leute und eine alteingesessene Familie. Das bereits vor der Wende geräumte Lakoma — sorbisch: Lacoma — war vor zehn Jahren von Naturschützern, Künstlern und anderen jungen Leuten besetzt worden. Sie erhielten vom Bergbauunternehmen Laubag befristete Miet- und Nutzungsverträge. Diese liefen für die Kulturscheune und einige andere Häuser zum 30. September aus.
Die Übergabe sollte ursprünglich bereits am 1. Oktober sein, wurde dann jedoch verschoben. Der Ort ist bereits zur Hälfte abgeräumt. Die Kohle unter Lakoma soll im Kraftwerk Jänschwalde in Strom umgewandelt werden. Nach Angaben von Vattenfall schlummern in der Erde etwa 40 Millionen Tonnen Braunkohle. Das entspräche einer guten Halbjahresproduktion aller drei Tagebaue in Ostdeutschland.