POTSDAM Die Staatsanwaltschaft Cottbus stellt die Ermittlungen gegen den früheren CDU-Generalsekretär Sven Petke ein. “Wir haben keinen hinreichenden Tatverdacht für ein strafrechtlich relevantes Verhalten erkannt”, sagte die Vizesprecherin der Behörde, Heike Lünnemann am Samstag. Sie bestätigte damit einen Bericht der MAZ vom selben Tag. Auch die Verfahren gegen Ex-Landesgeschäftsführer Rico Nelte und den ehemaligen Internetdienstleister der märkischen Union, Daniel Schoenland, werden eingestellt. Einzelheiten will die Behörde heute oder morgen mitteilen.
Petke wollte sich nicht äußern, bevor das Verfahren offiziell eingestellt ist. Er hatte zu Beginn der Ermittlungen wiederholt erklärt, dass er sich nichts vorzuwerfen habe. CDU-Vizechefin Barbara Richstein erklärte gestern, nun könne sich die Auseinandersetzung um den CDU-Landesvorsitz zwischen Petke und Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns “auf Inhalte konzentrieren”. “Hocherfreut” über die Einstellung des Verfahrens zeigte sich der CDU-Kreischef des Havellands, Dieter Dombrowski. Seine Auffassung über Petke werde damit bestätigt. Dieser habe ihm seinerzeit gesagt, an den Vorwürfen sei nichts dran. Und so sei es ja nun auch.
Auch nach Auffassung des Europaabgeordneten Christian Ehler und der Parlamentarischen Geschäftsführerin der CDU-Landtagsfraktion, Saskia Funck, ist der Wettbewerb um die Nachfolge von Jörg Schönbohm nicht mehr belastet. “Der Dauerdruck auf Petke ist weg”, so Ehler. Fraktionschef Thomas Lunacek, der zu den Kritikern Petkes gezählt wird, wollte hingegen keine Stellung beziehen.
Gegen Petke und Nelte war wegen des Verdachts der Datenunterdrückung ermittelt worden. Beiden hatte der Internetdienstleister Schoenland Anfang September vorgeworfen, die elektronische Post der CDU-Spitze systematisch überwacht zu haben. Damit war die so genannte E‑Mail-Affäre ins Rollen gekommen, durch die die Spitze der märkischen Christdemokraten in zwei Lager zerfallen ist. Schönbohm unterstützt seinen Wunschnachfolger Junghanns. Die Mehrheit im CDU-Landesvorstand hat aber seit einiger Zeit der Petke-Flügel.
Ein von der Staatsanwaltschaft beauftragter Münchner Gutachter hatte mehrere tausend Verbindungsdaten untersucht und festgestellt, dass E‑Mails an Vorstandsmitglieder, darunter an Kulturministerin Johanna Wanka und Justizministerin Beate Blechinger, als Kopien bei Geschäftsführer Nelte auftaucht waren. Die Ministerinnen bestreiten, ihr Einverständnis zum Mitlesen gegeben zu haben. Allerdings ist das strafrechtlich ohnehin nicht relevant, sondern kann allenfalls nach Bundesdatenschutzgesetz als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Diese Untersuchungen liegen nun bei dem für die Fachaufsicht über den Datenschutz zuständigen Potsdamer Innenministerium. Verantwortlich für die Recherchen in den CDU-Gefilden soll Innenstaatssekretär Hans-Jürgen Hohnen sein. “Wenn die Staatsanwaltschaft nichts feststellen konnte, dann fragt doch jeder, was das Ministerium finden will?”, heißt es bei den Unterstützern Petkes. “Oder muss was gefunden werden?”
Die Zeit wird auf jeden Fall knapp. Auf einem Sonderparteitag am 27. Januar in Frankfurt (Oder) soll es zum Showdown zwischen Petke und CDU-Vizelandeschef Junghanns kommen. Eine parteiinterne Untersuchungskommission mit Junghanns an der Spitze hatte im Oktober einen Bericht vorgelegt, nachdem es in der CDU-Geschäftstelle unter Petkes Verantwortung weitere Datenschutzverstöße gegeben haben soll. Kritiker bezweifeln, dass dabei Relevantes zutage befördert werden kann, zumal dann auch der Innenminister und Noch-CDU-Vorsitzende Schönbohm ins Blickfeld geraten könnte. “Er ist imerhin der Parteichef”, so ein Christdemokrat gestern.
Der Vorwurf der Datenunterdrückung – Ausgangspunkt wochenlanger Grabenkämpfe zwischen Petke-Freunden und Petke-Gegnern – ist auf jeden Fall vom Tisch. In lediglich zwei Fällen war durch den Gutachter festgestellt worden, dass in der CDU-Geschäftsstelle eingegangene E‑Mails von Nelte nicht an die tatsächlichen Empfänger weitergeleitet worden waren. Beide – die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel, Dietlind Tiemann, und der Cottbuser CDU-Kreischef Michael Schierack – waren von der Staatsanwalt als Zeugen gehört worden. Sie entlasteten Petke.
Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren nun ein, ohne Petke oder Nelte vernommen zu haben. Für Experten ist das ein Indiz für die offenbar wenig substanziellen Vorwürfe der Datenunterdrückung.
Für erneute Aufregung sorgt indes CDU-Landeschef Schönbohm. Dem Vernehmen nach soll er den vom Potsdamer Arbeitsgericht vorgeschlagenen Vergleich mit Ex-Geschäftsführer Nelte abgelehnt haben. Die Einspruchsfrist dafür läuft heute ab. Nelte hatte gegen seine fristlose Kündigung geklagt. Schönbohm begründete den Rausschmiss damit, dass sich Nelte das Gehalt im Vorjahr eigenmächtig um 200 Euro erhöht habe. Laut Gericht darf die CDU Nelte erst zum Jahresende kündigen. Vorgesehen sind zudem eine Abfindung und eine Beurteilung des Arbeitgebers. Der Rechtsstreit dürfte nun in eine neue Runde gehen.