POTSDAM. Der bundesweite Datenschutzskandal bei Melderegistern hat die Debatte um einen effektiveren Datenschutz im Brandenburg neu entfacht. “Das Beispiel zeigt: Die Datensicherheit kommt bei uns entschieden zu kurz. Wir müssen die Kräfte bündeln”, sagte gestern SPD-Innenexpertin Britta Stark. SPD, Linke und die Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge fordern eine bessere Kontrolle der Privatwirtschaft. Die obliegt bislang dem Innenministerium. Experten werfen dem Ministerium vor, die Qualifizierung von Verwaltungsmitarbeitern zu vernachlässigen.
Die Internet-Portale, über die in drei Städten Brandenburgs Meldedaten abgerufen werden konnten, bleiben laut Hartge zunächst gesperrt. Experten bemühten sich gestern in Hennigsdorf herauszufinden, ob und in welchem Ausmaß Unbefugte Zugang hatten. Möglich soll der Zugriff auf Daten auch in Potsdam und Neuhardenberg gewesen sein.
Bürger fürchteten zu Recht einen “Identitätsdiebstahl”, sagte Hartge. Gemeint ist, dass unter falscher Identität im Internet Geschäfte getätigt werden können. Von Zugriffen auf ihre Daten Betroffene würden in jedem Fall benachrichtigt, so Hartge. Ihre Dienststelle ist nur für den Datenschutz in Behörden zuständig und beschäftigt auch Computer-Experten, der Datenschutz-Bereich im Innenministerium dagegen nicht. Die Forderung, die Zuständigkeiten zusammenzufassen, lehnt Minister Jörg Schönbohm (CDU) bisher ab. Die jüngste Panne zeige, dass die Beratung von Kommunen und auch Software-Firmen dringend geboten sei, so Hartge: “Dafür sind Informatiker wichtig.”
Das ARD-Magazin “Report München” hatte am Montag aufgedeckt, dass in bundesweit 15 Kommunen die Einwohner-Meldedaten drei Monate lang für Unbefugte zugänglich waren. Das war möglich, weil die Firma HSH in Ahrensfelde versehentlich Standard-Passwörter für die Online-Register ins Internet gestellt hatte. Die betroffenen Kommunen hatten diese Passwörter nicht wie erforderlich geändert.
HSH-Sprecher Sven Kollmorgen versicherte, dass die registrierten Datenzugriffe den recherchierenden ARD-Journalisten und der Datenschutzbeauftragten zuzuordnen seien. Das hätten die Zugriffsprotokolle bei den Kommunen ergeben. Bundesweit arbeite die Hälfte aller Meldebehörden mit HSH-Software.
Verantwortung liegt beim Land
Der Leiter des Potsdamer Instituts für Softwarequalität, Stephan Goericke, wirft dem Innenminister vor, die Qualifizierung der Mitarbeiter für den IT-Bereich sträflich zu vernachlässigen. Es sei immer wieder zu Pannen gekommen, weil eine “ehrliche Bestandsanalyse” ausstehe. “Datenschutz ist nicht Sache der Kommunen, sondern des Landes”, sagte Goericke. “Ein geschulter Mitarbeiter hätte in jedem Fall gewusst: Es ist Standard, das Masterpasswort bei der neuen Meldedatensoftware vor Inbetriebnahme zu ändern.”