Brücke soll Asylbewerberheim mit Perleberg verbinden / Abstand zwischen
Bewohnern und Bürgern bleibt
(MAZ, Andreas König) PERLEBERG Die Adresse lautet Eichhölzer Weg, und das ist wohl der
freundlichste Name, der dem Asylbewerberheim in Perleberg gegeben wird. Der
Awo-Sachbereichsleiter Migration Gerd Bielefeldt, der auch das Heim im Wald
leitet, und die Prignitzer Ausländerbeauftragte Bärbel Schmidt wissen das.
Sie sitzen im Büro des Heimleiters und versuchen, sich die Begriffe ins
Gedächtnis zu rufen, mit denen das neue Zuwanderungsgesetz Ausländer und
ihre Probleme bezeichnet.
Gerd Bielefeldt hätte sich gewünscht, dass der erste Entwurf des
Zuwanderungsgesetz durchgegangen wäre. “Da hätte man bessere Chancen zur
Integration der Ausländer gehabt”, meint er. Nun aber trage das Gesetz die
Handschrift der CDU und biete vor allen bei den Deutschkursen für Ausländer
weniger Möglichkeiten. Vor allem die Unterscheidung zwischen
Asylberechtigten — nach neuer Lesart Aufenthaltsberechtigte — und
Asylbewerbern schaffe Probleme, weil erstere zur Teilnahme an einem
Integrationskurs berechtigt sind und die Asylbewerber nicht. “Wir bieten
über die Regionale Arbeitsstelle für AUsländerarbeit bieten schon seit
Jahren einen kostenlosen Deutschkurs für Asylbewerber im Perleberger an und
wollen das auch künftig tun”, sagt Bärbel Schmidt. “Aber gewollt ist das
nicht.”
Dieser Satz könnte als Motto über der Ausländerpolitik in Deutschland,
Brandenburg und der Prignitz stehen. Es vergeht kaum ein Gespräch über die
schwierige wirtschaftliche Lage, in dem nicht beklagt wird, was für die
Ausländer alles getan wird und für die Deutschen nicht. Selbst die
Notwendigkeit der Spenden für die Flutopfer wird angezweifelt. “Natürlich
ist das ungerecht”, meint Gerd Bielefeldt. “Aber durch die Hartz-IV-Gesetze
wird die Neiddiskussion noch stärker geschürt.” Und die Ausländerbeauftragte
ergänzt: “Viele glauben doch, die Asylbewerber haben hier draußen goldene
Wasserhähne.”
Was aber bekommen die Bewohner denn nun wirklich?
“Zunächst einmal erhält der Haushaltsvorstand oder allein stehende
Asylbewerber nur Warengutscheine”, erläutert Gerd Bielefeldt. Das sind zwei
Gutscheine monatlich zu 80 und 75 Euro. Hinzu kommen zweimal 20 Euro
Taschengeld. “Das dient aber dazu, am Asylverfahren mitzuwirken, also
Passbilder machen zu lassen, Übersetzungen anzufordern, zu Kopieren, Faxen
und Telefonieren.” Alles in allem bekommt ein Asylbewerber 80 Prozent des
ehemaligen Sozialhilfesatzes. Für Essen und Trinken, Kleidung und Wäsche
müssen die Heimbewohner selbst aufkommen. Hinzu kommt die Residenzpflicht ,
mit der die Asylbewerber an den Landkreis Prignitz gebunden sind.
Unerlaubtes Verlassen wird mit Ordnungsstrafen von rund 50 Euro geahndet, im
Wiederholungsfall ermittelt der Staatsanwalt. Und was ist mit dem Vorwurf,
sie nähmen den Deutschen die Arbeit weg? “Das geht gar nicht. Mal davon
abgesehen, dass es ja kaum Arbeit gibt”, meint Bärbel Schmidt, “sie erhalten
eine Arbeitserlaubnis frühestens nach 36 Monaten, aber nur, wenn sie ein
Schreiben vom potenziellen Arbeitgeber vorlegen können, und wenn kein
Deutscher, kein EU-Bürger oder Asylberechtigter für die Stelle zur Verfügung
steht, also praktisch nie.”
Gerd Bielefeldts Büro im baufälligen Plattenbau besitzt eine Tür, die von
außen nur per Schlüssel zu öffnen ist, die Wohnungstür besteht aus Metall.
Ihm ist bewusst, dass die Lage im Wald nicht dazu beiträgt, die Bewohner zu
integrieren. Aber er gewinnt dem auch etwas Gutes ab. “Die Asylbewerber
fühlen sich hier sicher. Die einsame Lage ist auch ein gewisser Schutz.” Der
Bau der Fußgängerbrücke diene vor allem dazu, dass die Bewohner gefahrlos
über die Autobahn ähnliche Schnellstraße gelangen.
Die Brückenbauarbeiter aus Havelberg wissen schon, wie der Eichchölzer Weg
genannt wird: “Bimbostraße”. Manchmal können fehlende Sprachkenntnisse ein
Segen sein.