Mit einer Anfrage während der Stadtverordnetenversammlung vom 15.12. machte der NPD Vertreter Michael Thalheim erfolgreich Stimmung gegen die Königs Wusterhausener Ortsgruppe der Roten Hilfe, die darauf die Räumlichkeiten und ihr Postfach verlor.
Die NPD-Anfrage störte sich daran, dass die Rote Hilfe OG Königs Wusterhausen ein Postfach bei dem als gemeinnützig geltenden Verein SHIA e.V. unterhielt, schließlich handele es sich dabei um eine Organisation von „Linksextremisten“. Ferner bezog sich die Anfrage auch noch darauf, ob Bürgermeister Stefan Ludwig (Linke) von der Neugründung einer Rote Hilfe Ortsgruppe Kenntnis hätte, was dieser verneinte. Die Unkenntnis überrascht nicht, schließlich wollte Ludwig bis in das Jahr 2007 noch nicht mal etwas von einem Neonaziproblem der Stadt Königs Wusterhausen gewusst haben.
Nun, wo die NPD das Stadtparlament munter mit Anfragen überhäuft, entblödet sich auch die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) nicht, auf den Zug mit aufzuspringen.
So schreibt die MAZ in ihrer Ausgabe vom 18.12. unter der Überschrift „Linksextreme nutzen SHIA-Adresse“, dass der „linksextremistische, bundesweit agierende Verein „Rote Hilfe“ […] beim Sozialverband der Selbsthilfegruppen Alleinerziehender, SHIA, Unterschlupf“ gefunden habe. Auf eine MAZ-Anfrage beim Potsdamer Innenministerium sei ihr dazu mitgeteilt worden, dass „der Verein „Rote Hilfe“ […] in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder unter der Rubrik „Linksextremistische Bestrebungen“ erwähnt“ wird.
Daß das Anliegen, der Roten Hilfe, politisch verfolgten Linken unabhängig ihrer materiellen Stellung einen angemessenen Rechtsbeistand zu ermöglichen, vom Verfassungsschutz zu den „linksextremistischen Bestrebungen“ gezählt wird, dürfte selbst den legalistischsten DemokratieverfechterInnen übel aufstoßen. Denn die Aussicht auf ein „faires Verfahren“ und dazu zählt auch die Organisierung von AnwältInnen, ist einer der Kernansprüche ihres sog. Rechtsstaates.
Aber die MAZ sammelt noch weitere Beweise gegen die von der NPD angefeindeten „Linksextremisten“. Weiter schreibt sie, dass „die Königs-Wusterhausener Ortsgruppe der „Roten Hilfe“ auf ihrer Internetseite zur Solidarität mit drei Brandstiftern aus der radikalen linken Szene“ aufruft. Ungeachtet, dass Axel, Florian und Oliver bisher als „Beschuldigte“ gelten, stellt sich uns dabei die Frage, wer denn die Brandstifter sind? Jene, die Kriegseinsätze der Bundeswehr befürworten und durchführen, oder jene, die sich engagieren, das Kriegsgerät vor seiner todbringenden Verwendung unschädlich zu machen? Das Gewissen gibt die Antwort darauf und für uns steht damit fest: Wir sind alle §129a!
Für die MAZ ist der Fall jedoch auch klar. Die einen sind laut dem Potsdamer Innenministerium die ausgewiesenen „Extremisten“, während der Staat nun mal nur „die Mitte“ verkörpert, an dessen politisch/moralischer Erhabenheit nicht zu rütteln ist, selbst wenn schon die NPD im Parlament hockt. Diesem Druck beugte sich nun auch der Verein SHIA e.V. indem er sich öffentlich von „extremistischen Kräften“ distanzierte.
Frank Pawlowski, Chefredakteur der Königs Wusterhausener MAZ, kommentiert dies als „Konsequent“ und „ein klares Zeichen“, denn zuvor hätte der Verein „schon die Spende einer Modemarke(*) abgelehnt, die bevorzugt von Rechtsextremen getragen wird. […] Der engagierte Verband, der in der Region seit Jahren hoch geachtet ist“, wahre dadurch seine „Unabhängigkeit“: In der Stadt, in der die NPD bereits in die Stadtverordnetenversammlung eingezogen ist und mit parlamentarischen Anfragen offenbar erfolgreich das Instrumentarium der so genannten „Zivilgesellschaft“ zur Bekämpfung ihrer politischen Gegner, zu nutzen weiß.
Aber mit der Gleichsetzung von Linken und Neonazis ist es für Pawlowski noch nicht getan: „Dass dieser Bürgermeister (Stefan Ludwig, Linke) sich nun im Stadtrat mit NPD-Anfragen herumschlagen muss, gehört zu den Absurditäten ebendieser Demokratie. Doch es hilft ja alles nichts. Beunruhigend ist, dass sich an den Rändern der linken und rechten Szene in der Stadt womöglich wieder etwas zusammenbraut.“
Womöglich? Im Stadtparlament sitzt die NPD mittlerweile ganz offensichtlich. Und die Übergriffe auf den Straßen sind, zumindest für die Opfer, auch mehr als offensichtliche Anzeichen dafür, dass in Königs Wusterhausen etwas ganz gewaltig im Argen liegt. Indem Pawlowski letztendlichen noch die Angst vor einer bevorstehenden Auseinandersetzung zwischen „Links-“ und „Rechtsextremisten“ schürt, verhindert er schon im Ansatz, dass AkteurInnen der „Zivilgesellschaft“ sich ermutigt fühlen, gegen Neonazis in Königs Wusterhausen Position zu beziehen. Sowas sieht man in Königs Wusterhausen nur gerne in Form von Lippenbekenntnissen „aufständischer“ DemokratInnen a la Stefan Ludwig: „Königs Wusterhausen hat kein Naziproblem!“ (Sommer 2007)
Wir erklären uns solidarisch mit der Roten Hilfe und den Beschuldigten im 129a-Verfahren. Wir positionieren uns damit gegen die verherrschende Totalitarismusdoktrin, die der Verfolgung des antifaschistischen Widerstandes Vorschub leistet und dem Neonazismus auf dem Weg in die gesellschaftliche Mitte den Weg ebnet!
Autonome Antifa Königs Wusterhausen
(*) Mit „Modemarke“ umschreibt Pawlowski die Königs Wusterhausener Nazimarke Thor Steinar, deren Produkte nicht bloß von Neonazis bevorzugt werden: Die Symbolik auf den Textilien, Vertriebswege über rechte Szeneläden und vorliegende Erkenntnisse über die UrheberInnen der Marke, verorten sie eindeutig im rechtsradikalen Lager.
Linksextreme nutzen SHIA-Adresse (MAZ, 18.12.08) Frank Pawlowski: Sozialverband SHIA und die linksextreme Rote-Hilfe (MAZ, 18.12.08)