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Die Siedler

(Katrin Bischoff, Berlin­er Zeitung) KLETTWITZ. Fragt man Ingolf Queiss­er, wie viele Patien­ten er und seine Kol­le­gen in den ver­gan­genen drei Tagen behan­delt haben, dann antwortet der Ret­tungsas­sis­tent salomonisch: “Die Leute kom­men und gehen.” Zwei Zelte des Deutschen Roten Kreuzes ste­hen am Zelt­platz Num­mer zwei. Unmit­tel­bar dahin­ter ist der Ein­gang zum Eurospeed­way Lausitz, wo am Fre­itag- und Sonnabend­abend die deutsche Hardrock-Band “Böhse Onkelz” ihr Abschied­skonz­ert gibt. Dort, wo seit Mittwoch die Fans in ihren Autos anrollen. Stoßs­tange an Stoßs­tange, schon auf der Auto­bahn. Immer­hin wer­den 140 000 Zuschauer zur größten Ver­anstal­tung in diesem Jahr auf dem Lausitzring erwartet. Die Karten sind seit langem ausverkauft. Die Zelt­plätze schon jet­zt dicht besiedelt. 

Queiss­er sieht die Autoschlange gelassen an sich vorüberziehen, die von Sicher­heit­sleuten auf die Park­plätze dirigiert wird. Es ist Mit­tag. Seit 8 Uhr hat das DRK schon 70 Onkelz-Fans ver­sorgt. Es ist alles dabei — von Insek­ten­stichen bis zu Kreis­lauf­prob­le­men. In den Zel­ten schlafen bere­its zwei Fans “kon­trol­liert ihren Rausch aus”, sagt der Ret­tungsas­sis­tent. An jedem der sechs riesi­gen Zelt­plätze rund um den Lausitzring hat das DRK eine Unfall­hil­f­sstelle eingerichtet. 

Leon aus West­falen ist ger­ade mit drei Fre­un­den eingetrof­fen. Er tra­bt in seinem schwarzen Böhse-Onkelz-Shirt mit ein­er Kühltasche in der linken und einem Kas­ten Wass­er in der recht­en Hand vom Park­platz zu dem Are­al, auf dem er sein Zelt auf­stellen will. “Ist ja schon ziem­lich voll hier”, sagt er. Soweit das Auge reicht ste­ht Zelt an Zelt. Musik schallt über den Platz, Grill­duft liegt in der Luft. Vere­inzelt liegen Men­schen vor ihren Zel­ten auf Luft­ma­tratzen und schlafen, oder sie son­nen sich. Seit Mittwoch wird hier Par­ty gefeiert, bis mor­gens um 6 Uhr ist immer etwas los. Dabei fließt bei den Fans aus ganz Deutsch­land, der Schweiz, Hol­land oder Ital­ien reich­lich Bier. 

Die Zelt­plätze neben dem Lausitzring sind für das fün­ftägige Fes­ti­val richtige kleine Städte gewor­den — mit Super­märk­ten, san­itären Anla­gen, Imbiss­bu­den, Zelt­platzstreifen, die für Ord­nung sor­gen, und sog­ar einem abgeschirmt gele­ge­nen Kinder­garten. 2 000 Secu­ri­ty-Leute sind für das Abschieds­fes­ti­val der “Böh­sen Onkelz” im Ein­satz. Die Polizei hat zwei Hun­dertschaften aus Nor­drhein-West­falen ange­fordert. Die Ein­sat­zleitung sitzt auf dem Dekra-Gelände vor den Toren des Lausitzrings — dort, wo zwei Polizis­ten den Stau regeln und sich nicht daran stören, dass ank­om­mende Onkelz-Fans mit Bier­büch­sen in der Hand fast aus den Aut­ofen­stern fall­en. “Bish­er ist alles recht ruhig abge­gan­gen”, sagt Polizeis­prech­er Ralph Meier. Den Stau nen­nt er zäh­flüs­si­gen Verkehr. “Der aber selb­st auf der Auto­bahn nie­man­den wirk­lich stört, weil die Fans mit ihren Wagen auf der Stand­spur ste­hen”, sagt Meier. Wie die Abreise ausse­hen wird, wenn sich nach dem Konz­ert die Fans qua­si gle­ichzeit­ig auf den Heimweg machen, mag Meier nicht beschreiben. “Aber wir sind vorbereitet.” 

Geschäft des Jahres

Ent­ge­gen den nur langsam vorank­om­menden Autokolon­nen, die ins Zelt­lager wollen, schiebt sich ein Strom von Fans. Sie sind zu Fuß auf der Suche nach Bier, Wass­er, Zigaret­ten, frischen Brötchen. Sven aus Sach­sen sagt, er habe den Super­markt auf dem weiträu­mi­gen Gelände der Zelt­stadt nicht gefun­den. Ein Ord­ner habe ihm dann den Tipp gegeben, im zwei Kilo­me­ter ent­fer­n­ten Klet­twitz im Super­markt einkaufen zu gehen. 

Sven wird schon nach der Hälfte der Dis­tanz fündig: bei Bern­hard Vogel. Vogel betreibt den Snack-Shop und die Tankstelle gegenüber der Auf­fahrt zur Auto­bahn A 13. Er hat rund um die Uhr geöffnet. Der Park­platz ist bere­its voller Men­schen in den schwarzen Böhse-Onkels-Shirts. Vogel sagt in ein­er Bedi­en­pause, seine sieben Angestell­ten hät­ten ordentlich zu tun, er mache das Geschäft des Jahres. Seit Mittwoch sei 20 Mal so viel an Bier und Min­er­al­wass­er wie an nor­malen Tagen verkauft wor­den. Bei Zigaret­ten hätte er den zehn­fachen Umsatz gemacht. “Ich bin schon fleißig beim Nachbestellen”, sagt er zuversichtlich.

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