NEURUPPIN Bei einer mobilen Reclaim the Streets Party in Neuruppin feierten am Sonnabend 60 Menschen alternative Lebensentwürfe und linke Politk. Bunt verkleidet und lärmend zogen die TeilnehmerInnen rund zwei Stunden lang durch große Teile des Stadtgebietes: das Touri-lastige Seeviertel, das Neubaugebiet und auch einmal rund um die Polizeiwache. Zum Erstaunen aller zeigte die Polizei übrigens keinerlei Interesse an der (nicht angemeldeten und auch nicht öffentlich angekündigten) Spontanparty.
Die PassantInnen wurden zur am Abend staffindenen 9‑Jahres-Party des Neuruppiner Alternativcafés Mittendrin eingeladen; Melonenstückchen, politische und subkulturelle Literatur sowie Flugblätter wurden verteilt. Inhaltlich wurde u.a. dazu aufgefordert, die Wahlzettel bei den Bundestagswahlen ungültig zu machen (sinngemäß: “Regiert zu werden, egal von wem, ist Scheiße!”) und die Wichtigkeit alternativer Kultur — gerade im Antinazi-Kampf in Brandenburg — hervorgehoben.
Vorneweg lief eine Pink/Silver-Tanzgruppe, dahinter eine Sambaband und anschließlich viele wilde Gestalten: ein kleiner Nacktblock, Figuren wurden umhergeschoben, jongliert, ein Mini-Soundsystem im Kinderwagen, ein Krachmobil, …
Die Reaktionen der PassantInnen waren, von einigen Pöbeleien abgesehen, überwiegend positiv und aufgeschlossen. Wermutstropfen: Einige glaubten in der Reclaim the Streets Party eine Art Generalprobe für den eine Woche später stattfindenen Brandenburgtag erkannt zu haben.
Im folgenen dokumentieren wir Auszüge aus einem bei der Parade verteilten Flugblatt. In einigen Tagen folgen an dieser Stelle Fotos von der Aktion.
Spaß und Politik
Sie fragen sich vielleicht gerade, was dieser verrückte Umzug soll, der Ihnen gerade über den Weg gelaufen ist. Nun, wir sind alternative Jugendliche und Erwachsene, die zeigen wollen, was unsere Kultur zu bieten hat, wie vielfältig, kontrovers, spaßig und auch einfach lustig sie sein kann. Schließlich gibt es uns auch in Neuruppin: Wir zeigen hier Präsenz und demonstrieren alternatives Leben, zeigen, dass wir einen anderen Alltag bieten können.
Übrigens feiert heute Abend das Alternativcafé Mittendrin seinen neunten Geburtstag — Sie sind gerne eingeladen, mitzufeiern.
Da in drei Wochen die Bundestagswahlen anstehen, geht die Kanzlerfrage durch alle denkbaren Massenmedien. Wir grenzen uns von Parteien ab, da wir nicht als “die Jugend von Partei XY” angesehen werden möchten. Wir trauen uns zu, uns zu organisieren und selbstbestimmt (ohne Chefe ähnlichem Quatsch) ein Leben jenseits von kapitalistischem Konkurrenzdenken zu finden.
Das REIZ dient mittlerweile als Jugendtreff. Wir finden es fade und perspektivlos, den ganzen Tag in einem Einkaufszentrum herumzusitzen. In Neuruppin gibt es abseits stumpfer Konsum-Kultur nette Treffs wie zum Beispiel die Junge Gemeinde (Breitscheidstr. 34), das Mittendrin (Schinkelstraße 15a) oder das Tasca (Am Neuen Markt), die wir hiermit empfehlen möchten. Als erfreulich bewerten wir die in Neuruppin langsam zusammenschrumpfende Naziszene. Das ist eine tolle Entwicklung, doch der Kampf gegen Rassismus und Unterdrückung ist nicht zu Ende und geht selbstverständlich weiter.
Die TrommlerInnen, TänzerInnen und andere AkteurInnen zeigen Ihnen, dass alternative Kultur Spaß und auch Sinn macht. Diese so genannte “Pink and Silver” Performance wird auf vielen Aktionen (etwa bei Protesten gegen Treffen neoliberaler Organisationen wie der WTO oder der Weltbank) angewandt.