Sie tragen keine Springerstiefel, sondern eher weiße Kniestrümpfe. Sie
lärmen und poltern nicht, sondern verhalten sich leise und unauffällig. Sie
hören keine Neonazi-Musik, sondern beschäftigen sich zum Beispiel mit
Friedrich Schiller — oder mit General Ludendorff und seiner Frau.
Der Verfassungsschutz in Brandenburg zählt den Verein “Bund für
Gotterkenntnis (Ludendorff)” zu den Rechtsextremisten im Land. In Kirchmöser
fallen die Ludendorffer vor allem dadurch auf, dass sie einen
heruntergekommenen Bauernhof in der Gränertstraße herrichten lassen und das
Anwesen von Jahr zu Jahr schöner aussieht.
Die Zeitschrift “Stern” zählte dieses “Haus Märkische Heide” allerdings
unlängst in Zusammenhang mit einem Bericht über die NPD zu den “Schulen der
Neonazis” in Deutschland. “Heimlich, still und leise kaufen
Rechtsextremisten Immobilien auf, die sie deutschlandweit zu Bildungs- und
Trainingszentren umbauen”, schrieb die bekannte Illustrierte und führte den
Hof in Kirchmöser sowie 19 weitere Häuser auf. Der Verfassungsschutz
bestätigt dem Stadtkurier die Einschätzung.
“Der bereits 1937 gegründete Verein mit Sitz im bayerischen Tutzing
propagiert rassistisches und antisemitisches Gedankengut”, berichtet
Wolfgang Brandt, stellvertretender Sprecher des Innenministeriums.
Die Mitglieder berufen sich auf die Weltanschauungslehren der 1966
verstorbenen Mathilde Ludendorff, der Ehefrau des Generals Erich von
Ludendorff, der zeitweise Hitlers Wegbegleiter war und 1937 ein
Staatsbegräbnis erhielt.
Die Resonanz der “Ludendorffer” innerhalb der bundesweiten
rechtsextremistischen Szene schätzt der Verfassungsschutz als “äußerst
gering” ein. Brandt: “Der Bund für Gotterkenntnis, der schon seit längerem
an Überalterung leidet, konnte in der Region keinen Nachwuchs für seine
krude rassistische Weltanschauung rekrutieren.”
Im Frühjahr 2002 hatte der Verein das Haus in der Gränertstraße 15 für den
Tagungsbetrieb geöffnet. Die Aktivitäten im “Haus Märkische Heide”
beschränken sich auf interne Veranstaltungen der Vereinsmitglieder, die fast
alle außerhalb Brandenburgs ihren Wohnsitz haben. Kontakte zu anderen
rechtsextremistischen Gruppierungen im Land wurden dem Verfassungsschutz
nicht bekannt. Ziel des Vereins ist es, in Kirchmöser Seminare, Tagungen und
Freizeiten für die Mitglieder und den Dunstkreis anzubieten.
Das Vorderhaus ist seit etwa drei Jahren fertig. Gegenwärtig wird an dem
Verbindungsgebäude gearbeitet, dem ehemaligen Schweinestall. Dort entstehen
Ferienzimmer für Vereinsmitglieder und Sympathisanten. Der hintere Längsbau
soll anschließend zum Tanz- und Veranstaltungssaal ausgebaut werden.
Die Ludendorff-Kennerin Antje Gerlach rechnet den Verein der “braunen
Esoterik” zu. Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für
Antisemitismus-Forschung an der Freien Universität Berlin, nennt die
Schriften der nach dem Krieg als “Hauptschuldige” eingestuften Mathilde
Ludendorff antisemitisch und den Verein “rechtsradikal”.
Die Ludendorffer möchten dem Stadtkurier keine Auskunft geben, teilt ihr
Mitglied Friedrich Bading mit. Die MAZ möge erst einmal die Stellungnahme
abdrucken, die er vor drei Jahren nach der ersten Berichterstattung
eingereicht habe.
Die MAZ hält das seitenlange Elaborat für verzichtbar. Denn die Sicht der
Ludendorffer ist bekannt: Der 1937 gegründete und aus dem Vorläufer
“Deutschvolk” hervorgegangene Verein bezeichnet sich als
“Weltanschauungsgemeinschaft, die die philosophischen Erkenntnisse Mathilde
Ludendorffs (1877–1966) vertritt und Interessierten zugänglich macht. Die
Frau wurde 1950 in die Gruppe der Hauptschuldigen eingeordnet, die
Spruchkammer bescheinigte ihr eine “außerordentliche Begünstigung des
Nazismus”.
Der Vorsitzende Gunther Duda bezeichnete die Einschätzung des
Verfassungsschutzes als falsch, dass der Bund rassistisch und antisemitisch
sei. Denn der Bund lehne jede Art von Rassevergottung ebenso ab wie “einen
religiös-jüdisch-orthodoxen Auserwähltheitsanspruch”.
Das Auftreten der Rechtsextremisten in Kirchmöser behat Ortsbürgermeister
Magnus Hoffmann (Pro Kirchmöser) als solide und anständig erlebt. An dieser
Gruppe stört sich nach seiner Kenntnis niemand im Ort.