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Die Täterinnen im KZ Ravensbrück

»Die haben hier ja ganz nor­mal gelebt, mit Kindern und allem, das kann man sich gar nicht so vorstellen«, sagt Kat­ja. Die Schü­lerin schaute sich in der Gedenkstätte Ravens­brück die Ausstel­lung »Im Gefolge der SS: Auf­se­herin­nen des Frauen-KZ Ravens­brück« an. Zu sehen ist diese Ausstel­lung bere­its seit dem Okto­ber 2004. Jet­zt liegt auch ein Begleit­buch dazu vor.
Im let­zten Kapi­tel beschreiben Matthias Heyl und Hei­de Schöll­horn von den Päd­a­gogis­chen Dien­sten der Gedenkstätte ein Prob­lem: Deutschlehrer, die im Unter­richt Bern­hard Schlinks Roman »Der Vor­leser« behan­deln, möcht­en Klassen oft nur für die Auf­se­herin­nen-Ausstel­lung anmelden, ohne die Schüler mit der gesamten Geschichte des KZ Ravens­brück zu kon­fron­tieren. Allerd­ings seien Jugendliche oft nicht in der Lage, »das kri­tis­che Poten­zial der Ausstel­lung zu reflektieren«.

In dem Begleit­buch informieren 20 Autoren unter anderem über Lebenswege von KZ-Auf­se­herin­nen und über ihre Verurteilung durch Mil­itär­tri­bunale der vier Besatzungsmächte sowie durch Gerichte in Polen, Öster­re­ich, der DDR und der Bun­desre­pub­lik – bis hin zum Düs­sel­dor­fer Maj­danek-Prozess, der von 1975 bis 1981 geführt wurde. Den Beiträ­gen ist unter anderem zu ent­nehmen, dass britis­che Mil­itärg­erichte 1948 mildere Urteile fäll­ten als noch 1946 und 1947. Wahrschein­lich hängt das mit dem Kalten Krieg zusam­men. Es gehörte zur Strate­gie der Angeklagten, das poli­tis­che Kli­ma der Zeit zu nutzen und kom­mu­nis­tis­che Belas­tungszeug­in­nen als »Extrem­istin­nen« zu diffamieren.

Viele Auf­se­herin­nen ver­sucht­en sich damit her­auszure­den, sie seien in das Gefolge der SS gezwun­gen wor­den und hät­ten sich »anständig« benom­men. Tat­säch­lich schick­ten Arbeit­sämter Frauen zur Aus­bil­dung nach Ravens­brück und verpflichteten sie zum Dienst in einem KZ-Außen­lager. Es sind jedoch Fälle bekan­nt, wo sich Frauen weigerten und dies keine Repres­salien nach sich zog. Dien­stverpflich­tun­gen soll­ten für Arbeit­skräfte in der Rüs­tungsin­dus­trie sor­gen. Eine Dien­stverpflich­tung bedeutete für Frauen aber nur, dass sie eine Arbeit annehmen mussten. »Sie waren jedoch nicht zu ein­er Tätigkeit in einem KZ gezwun­gen«, schreibt Ste­fanie Oppel.

Die Ravens­brück­er Ober­auf­se­herin Maria Man­del behauptete 1947 vor dem pol­nis­chen Ober­sten Volks­gericht in Krakau: »Das Lager wurde sehr schön angelegt, um jeden Block Gras­flächen, Blu­men, Sträuch­er und an der Haupt­straße lang, links und rechts, Pap­peln.« Sie ver­stieg sich zu der Bemerkung: »Man kon­nte an dem Lager abso­lut nichts Schlecht­es finden.«

Die 1912 geborene Man­del hat­te sich bei der SS bewor­ben und im Okto­ber 1939 als Auf­se­herin im KZ Licht­en­burg ange­fan­gen. Von dort ging sie nach Ravens­brück, avancierte zur Ober­auf­se­herin und wech­selte dann ins KZ Auschwitz, wo sie bis Novem­ber 1944 an der Spitze des Frauen­lagers in Birke­nau stand.

KZ-Über­lebende schilderten Maria Man­del als beson­ders grausame Auf­se­herin, die Häftlinge per­ma­nent ohrfeigte, mit Füßen trat, an den Haaren zer­rte, mit der Peitsche schlug oder Hunde auf sie het­zte. In Ravens­brück wählte sie Gefan­gene für pseudomedi­zinis­che Exper­i­mente aus, in Auschwitz schick­te sie Frauen in die Gaskam­mer. Das pol­nis­che Ober­ste Volks­gericht verurteilte Maria Man­del am 22. Dezem­ber 1947 zum Tode. Sie wurde am 24. Jan­u­ar 1948 in Krakau hingerichtet.
Lav­ern Wol­fram schildert, wie es zu ein­er skan­dalösen Haf­tentschädi­gung für die ehe­ma­lige KZ-Auf­se­herin Mar­got Piet­zn­er kam. Ein sow­jetis­ches Mil­itär­tri­bunal hat­te die Frau 1947 zu 25 Jahren verurteilt. Sie saß zehn Jahre ab, unter anderem im Spezial­lager Sach­sen­hausen und im Gefäng­nis Hohe­neck, und kam dann durch eine Amnestie frei. 1993 erhielt die zum Opfer des Stal­in­is­mus stil­isierte Piet­zn­er knapp 60 000 D‑Mark Entschädi­gung. 7000 D‑Mark ver­schenk­te sie Wol­fram zufolge an Sieg­mar Faust. Faust arbeit­ete damals beim Berlin­er Lan­des­beauf­tragten für Stasi-Unter­la­gen und soll Piet­zn­er behil­flich gewe­sen sein. »Während 1994 noch immer nicht über die Entschädi­gung der NS-Zwangsar­beit­er/-innen entsch­ieden war, ver­sucht­en Organ­i­sa­tio­nen wie die Union der Opfer­ver­bände kom­mu­nis­tis­ch­er Gewaltherrschaft, den Opfern des Stal­in­is­mus zu möglichst hohen Entschädi­gun­gen zu ver­helfen«, resümiert Wol­fram. Dass in diesem Zusam­men­hang die Rechtsstaatlichkeit der Urteile sow­jetis­ch­er Mil­itär­tri­bunale angezweifelt wurde, habe zu der falschen Schlussfol­gerung geführt, dass Mar­got Piet­zn­er zu Unrecht verurteilt wor­den sei. 


Simone Erpel (Hrsg.): »Im Gefolge der SS: Auf­se­herin­nen des Frauen-KZ Ravens­brück«, Metropol Ver­lag, 274 Seit­en (brosch.), 22 Euro, ND-Buchbestellser­vice unter Tel.: (030) 29 78 17 77, Gedenkstätte Ravens­brück, Straße der Natio­nen in Fürstenberg/Havel, geöffnet Di. bis So. von 9 bis 17 Uhr.

Eine Antwort auf „Die Täterinnen im KZ Ravensbrück“

Die Nazi­seilschaften sind in unserem Land fast ein Jahrhun­dert alt und wie man sieht immer noch tätig .
Sie schützten sich gegen­seit­ig und ihre Helfer­shelfer sassen in den Gericht­en unseres Lan­des. Es lohnt sich scbon nachzu­forschen wie manche Urteile gegen KZ Auf­se­herin­nen zus­tande kamen.

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