Derzeit findet vor dem Potsdamer Amtsgericht ein Strafverfahren wegen eines kritischen Artikels zum Einsatz der Landeseinsatzeinheit der Polizei nach dem Spiel Babelsberg 03 — Hertha BSC statt.
Die Polizeikontrollstelle sieht in dem wegen Übler Nachrede angestrengten Strafprozeß, den durchsichtigen Versuch, Kritiker der Polizei einzuschüchtern und die Aufklärung des Einsatzes zu behindern.
Auch unsere Initiative hat den strittigen Polizeieinsatz am 25.08.01 in Babelsberg untersucht. Dabei haben wir verschiedene Videos und Verlautbarungen der Polizei ausgewertet, Betroffene und unabhängige Zeuginnen befragt. Im wesentlichen decken sich unsere Ergebnisse mit den Behauptungen, die jetzt als Üble Nachrede vor dem Amtsgericht Potsdam angeklagt sind. (Für Einzelheiten verweisen wir auf den Abschlußbericht unserer Initiative vom 10.10.2001 und das Pressearchiv auf unserer Internetseite www.polizeikontrollstelle.de)
Alle bislang vom Amtsgericht als Zeugen befragten Polizeibeamten behaupteten, daß die LESE linksalternative Jugendliche nicht als „Zecken“ oder „Schlampen“ tituliert. Entsprechende Strafanzeigen oder Dienstaufsichtsbeschwerden waren den Zug- und Gruppenführern angeblich nicht bekannt.
Diese Behauptung ist ganz offensichtlich falsch. Bereits Anfang 2001 gab es in Cottbus gleich mehrere Anzeigen einer „Initiative Cottbuser Eltern gegen Polizeiwillkür“ gegen Beamte der Potsdamer LESE. Die Vorwürfe gleichen denen beim Polizeieinsatz in der Babelsberger Rudolf-Breitscheid-Straße am 25.08.01 auffallend. So wurden u.a. Anzeigen erstattet, weil LESE-Beamte linke Jugendliche als „Zeckenschweine“ und „Hackfressen“ beschimpft haben sollen (siehe Anlage). Daß diese in der Presse veröffentlichten Vorwürfe leitenden LESE-Beamten nicht bekannt sein sollen, erscheint völlig unglaubwürdig.
Ein weiterer Beleg dafür, daß die Bezeichnung „Zecke“ für Linke in der Polizei weit verbreitet ist, wurde von der Polizei selbst dokumentiert. Auf der Videoaufzeichnung des Polizeieinsatzes bei der Räumung des alternativen Boumann’s in der Potsdamer Kurfürstenstraße 5 ist zu erkennen, daß Polizeibeamte im Hof des Grundstückes stehen. Dabei sind die Worte „Da kommt wieder eine Zecke“ auf der Tonspur zu hören.
Die Hauptverhandlung wird am Montag, dem 20.01. ebenfalls im Potsdamer Amtsgericht durchgeführt. Während die Polizei im Saal 304.1 die Behauptung, sie tituliere Menschen als „Zecken“ als Üble Nachrede zurückweisen wird, ist eben dies parallel im gleichen Gerichtsgebäude auf ihren eigenen Videos zu hören.
Beate Netzler
Polizeikontrollstelle
Initiative zur Stärkung
der Grund- und Bürgerrechte
gegenüber der Polizei
Lindenstraße 47
14467 Potsdam
Tel. 0331.280.50.83