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Antifaschismus Law & Order

Dossier: Neonazi-Musiker Uwe Menzel

Uwe Men­zel ist ein 1974 geboren­er Pots­damer Neon­azi, der seit den 1990er Jahren als Musik­er in diversen Recht­srock­bands (u.a. Prois­senheads, Uwocaust) tätig ist und eine Schlüs­selfig­ur in der bran­den­bur­gis­chen Recht­srock­szene ein­nimmt. Seit Anfang der 1990er Jahre bewegt er sich in der neon­azis­tis­chen Szene.

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Uwe Men­zel bei einem Auftritt (links mit Mikrofon)

1993 grün­dete er die Band Prois­senheads, in der er als Sänger fungierte und die eine der ersten bran­den­bur­gis­chen Recht­srock­bands war, die im Rah­men der „akzep­tieren­den Sozialar­beit“ einen Prober­aum in einem städtis­chen Jugend­club nutzen kon­nte. Inner­halb weniger Jahre erspielte sich die Band einen hohen Bekan­ntheits­grad in der Bun­desre­pub­lik, was auch die Ver­net­zung in andere Städte förderte. Gute, teils fre­und­schaftliche Kon­tak­te bestanden seit spätestens 1997 zu den säch­sis­chen Blood-&-Honour-Führungs­fig­uren Jan Wern­er und Thomas Starke, also wichti­gen Unter­stützern des NSU-Trios. Men­zel soll ein häu­figer Gast bei Blood-&- Hon­our-Konz­erten in Chem­nitz und Umland gewe­sen sein. So war er über diese Verbindung auch in das finanziell ertra­gre­iche transna­tionale Beziehungs­ge­flecht neon­azis­tis­ch­er Musiknet­zw­erke einge­bun­den. Im April 1997 sollte in Buf­fa­lo (USA) ein Konz­ert mit ver­schiede­nen Neon­azi-Bands, unter anderem mit der US-Gruppe Blue Eyed Dev­ils stat­tfind­en. Dazu reiste eine Gruppe deutsch­er Neon­azis an, zu der neben Andreas Graup­n­er, Jens Schaarschmidt, Thomas Starke und auch Uwe Men­zel gehörten. Diesem Besuch fol­gte ein Gegenbe­such. Im Som­mer 1997 spiel­ten die Prois­senheads und die Blue Eyed Dev­ils gemein­sam in Anklam. Ein Mit­glied der Blue Eyed Dev­ils, Wade Michael Page, erschoss 2012 in einem Sikh-Tem­pel sechs Men­schen aus ras­sis­tis­chen Motiven.
Um die Band Prois­senheads, die sich zeitweise einen Prober­aum mit der Berlin­er Nazirock­band Landser teilte, bildete sich ab Mitte der 1990er Jahre eine bran­den­bur­gis­che Sek­tion von Blood & Hon­our. Dass sie sich nicht nur auf die Ver­to­nung ras­sis­tis­ch­er Rock­musik beschränk­ten, zeigte ihr son­stiger Aktion­is­mus, der auf weite Ver­net­zung in das mil­i­tante Lager und auf eine Mobil­isierungs­fähigkeit ver­weist und ein­mal mehr das Wech­selver­hält­nis von neon­azis­tis­chen Musiknet­zw­erken und gewalt­täti­gen poli­tis­chen Aktio­nen verdeut­licht. Im August 1998 mobil­isierten Pots­damer Neon­azis dazu, die wöchentlich abge­hal­tene Wach­pa­rade der preußis­chen Tra­di­tion­s­gruppe Lange Kerls in Pots­dam gegen linke anti­mil­i­taris­tis­che Proteste zu schützen, die unter anderem von der Pots­damer Kam­pagne gegen Wehrpflicht organ­isiert wur­den. Am 5. Sep­tem­ber 1998 gab es zum wieder­holten Male eine tele­fonis­che Mord­dro­hung gegen ein Mit­glied der Kam­pagne gegen Wehrpflicht. Eine Fangschal­tung führte zu der Woh­nung ein­er Frau in Babels­berg, in der sich das Prois­senheads-Mit­glied Ilja Sch. regelmäßig aufhielt. Dro­hbriefe ein­er Pots­damer „Anti-Antifa“ gegen die Kam­pagne gegen Wehrpflicht, die im Dezem­ber 1998 auf­taucht­en, sind ver­mut­lich aus dem gle­ichen Umfeld, da sich die Schreiben inhaltlich auf eine vor­ange­gan­gene Schmähung Uwe Men­zels beziehen. Bei ein­er fol­gen­den Durch­suchung der Woh­nung von Ilja Sch. wurde u.a. die Grün­dungserk­lärung ein­er Anti-Antifa Aktion Pots­dam gefun­den. Am 26. Sep­tem­ber 1998 taucht­en erneut mehrere Neon­azis aus Pots­dam und Bran­den­burg bei der Lange-Kerls-Wach­pa­rade auf. Sie verübten Über­griffe auf linke Demonstrant*innen. Unter den anwe­senden Neon­azis war auch Carsten Szczepan­s­ki alias V‑Mann „Piat­to“, der sich im Com­bat-18-T-Shirt präsen­tierte. Dieser hat­te noch am Vor­abend in Bran­den­burg an einem Tre­f­fen mit einem Musik­er der Band Landser (ver­mut­lich Chris­t­ian Wen­ndorf) und britis­chen Neon­azis teilgenom­men. Bei den Briten han­delte es sich Steve Sar­gent und Tony Williams, die zur Nation­al Social­ist Move­ment (NSM) gehörten, aus deren Rei­hen sich David Copeland rekru­tierte, der 1999 mehrere Nagel­bombe­nan­schläge verübte. Szczepan­s­ki und ein Teil der Pots­damer Neon­azis, die am 26. Sep­tem­ber 1998 in Pots­dam auf­trat­en, besucht­en am gle­ichen Abend ein von der säch­sis­chen Sek­tion von Blood & Hon­our organ­isiertes Konz­ert im säch­sis­chen Mun­zig, an dem „Piat­to“ und Jan Wern­er sich darüber aus­tauscht­en, dass Wern­ers Waf­fen­suche für das unter­ge­tauchte Neon­azi-Trio noch nicht erfol­gre­ich war.
Zwis­chen „Piat­to“ und Men­zel bestand offen­bar eine Ver­trauens­beziehung. Im Som­mer 2000 wurde ein Repetiergewehr, das Carsten Szczepan­s­ki für Men­zel besorgte, bei ein­er Haus­durch­suchung in Men­zels Woh­nung sichergestellt. Den Anlass für die Haus­durch­suchung gab ein von der Polizei mit­ge­hörtes Tele­fonat, in dem es um eine Demon­stra­tion von Hausbesetzer*innen im Juli 2000 in Pots­dam ging und Aus­sagen wie „alle Mann unter Waf­fen“ und „Hor­ror­fes­ti­val“ aus­tauscht­en. Bei der Durch­suchung fand das LKA auch ein Foto, auf dem Men­zel mit ein­er Maschi­nen­pis­tole posierte, die Waffe selb­st war nicht in der Woh­nung. Men­zel über­gab die Waffe der Polizei und gab an, diese in einem Depot im Wald gefun­den zu haben, von dem er aber nicht wisse, wer dies angelegt habe. Ob und wie und mit welchen Ergeb­nis­sen die Polizei damals bezüglich dieses Waf­fend­e­pots noch nacher­mit­telt hat oder ob sich die „Sache“ mit Men­zels bekun­de­ten Unwis­senheit tat­säch­lich erledigt hat­te, ist bish­er noch nicht öffentlich aufgeklärt.
Men­zel ver­fügte auch über Kon­tak­te zu Nick Greger, der an der recht­ster­ror­is­tis­chen Gruppe Nation­al-Rev­o­lu­tionären Zellen (NRZ) beteiligt war, die im Jahr 2000 Rohrbombe­nan­schläge plante. Wie sich die Kon­tak­te zu Greger wirk­lich gestal­teten ist allerd­ings unklar.
In der NSU-Unter­suchungsauss­chuss­sitzung im bran­den­bur­gis­chen Land­tag im Juni 2017 kamen erste Hin­weise zur Beziehung zutage, die Men­zel zur Nationalen Bewe­gung gehabt haben kön­nte: Der Pots­damer Neon­azi Mar­cus Sch. äußerte am 1. Feb­ru­ar 2001 in einem vom Berlin­er LKA überwacht­en Tele­fonat gegenüber Uwe Men­zel: „Gut ich wollt nur sagen, ich habe die Bombe gelegt. Und Nationale Bewe­gung hehe­he“. Ver­mut­lich­er Hin­ter­grund: Am 30. Jan­u­ar 2001 las der Kabaret­tist Ser­dar Somuncu aus Hitlers Buch „Mein Kampf“. Am 30. und 31. Jan­u­ar 2001 gin­gen im Namen der Nationalen Bewe­gung dies­bezüglich an ver­schieden Stellen Schreiben mit fol­gen­dem Wort­laut ein:
„Am 30. Jan­u­ar 2001, wird im The­ater­haus Am Alten Markt das Blut der­er fließen, welche meinen, sich mit der Teil­nahme an der Ver­anstal­tung gegen den größten deutschen Kan­zler schmück­en zu können.“
Auf­fäl­lig ist, dass im Zuge der Ermit­tlun­gen zur Nationalen Bewe­gung nicht gegen Men­zel als Beschuldigter ermit­telt wurde. Dieser Umstand wurde in der NSU-Unter­suchungsauss­chuss­sitzung am 2. Juni 2017 an die gelade­nen Zeu­gen herange­tra­gen, die jedoch keine Erk­lärung liefern kon­nten oder woll­ten. Eben­so wenig wurde gek­lärt, warum Men­zel, trotz­dem er sich auf der Liste der Verdächti­gen und zu Durch­suchen­den ganz oben befand, nicht zu jenen gehörte, die im Zeitraum Ermit­tlun­gen mit Haus­durch­suchun­gen bedacht wurden.
Men­zel ist bis heute als Tex­ter und Sänger in ver­schiede­nen Neon­azi-Bands aktiv, die die Idee von „White Pow­er“ propagieren. Men­zel, der sich heute auch „Uwocaust“ nen­nt, ist seit Jahren eine Szene-Größe. 2012 beteiligte er sich mit einem Song am Sol­i­dar­itätssam­pler „Sol­i­dar­ität IV“ für den NSU-Angeklagten Ralf  Wohlleben. Beim Neon­azi-Konz­ert im Som­mer 2017 in The­mar trat „Uwocaust“ vor tausenden Neon­azis auf.
Dass Men­zel immer noch eine Ide­olo­gie artikuliert, die auch für den NSU rich­tungsweisend war, ist offen­sichtlich. Eben­so offen­sichtlich ist seine Nähe zu den maßge­blichen Unter­stützern des NSU und dem neon­azis­tis­chen Milieu in Chem­nitz und Königs Wuster­hausen. Was seine Rolle im Fall der Nationalen Bewe­gung ange­ht, nähren diverse Hin­weise den Ver­dacht, das Men­zel und sein dama­liges Umfeld mit den Tat­en der Nationalen Bewe­gung mehr zu tun gehabt haben kön­nte, als bish­er polizeilich aufgek­lärt wurde.

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