Lag es an der Kälte oder doch eher an mangelnder Motivation? 200 bis 400 Teilnehmer hatte der Organisator, der Hamburger Neonazi Christian Worch, für die jüngste Demonstration am Samstag in Potsdam angekündigt, kaum 80 kamen. Sie wollten Innenminister “Schönbohm in die Wüste schicken” — so ihr Motto. Damit bestätigten sie freilich nur, dass Schönbohms harter Kurs gegen Rechtsextremisten die Richtigen trifft.
Die frierenden Kameraden standen fast eine Stunde am Potsdamer Stadtrand herum, bevor sie sich gegen halb eins in Bewegung setzten. Der beabsichtigte Zug durch die Innenstadt war ihnen verwehrt worden. Zwischenkundgebung, Rückmarsch — kurz nach halb drei war alles vorbei. Der “freie deutsche Widerstand” ging ein Bier trinken.
Eine Woche zuvor hatte es nicht besser für sie ausgesehen.
Immer nur ein kleines Häufchen
Zum 14. Dezember waren gleich zwei rechtsextremistische Demonstrationen im Land Brandenburg angemeldet worden: eine in Teupitz, wieder von Worch, und eine in Neuruppin, diese von der NPD.
Auch in Teupitz waren angeblich 200 bis 400 Marschierer erwartet worden, kaum 40 kamen. Sie protestierten dagegen, dass ein geplanter Aufmarsch von “Heldenverehrern” am Volkstrauertag auf dem Waldfriedhof Halbe verboten worden war.
Ein etwa gleich großes Grüppchen traf sich in Neuruppin. Die NPD-Anhänger forderten die Wiedereinführung der Todesstrafe.
Beide Aufmärsche wurden verdientermaßen kaum beachtet. Allenfalls einen Quasi-Erfolg könnte die NPD verbuchen: Die Neuruppiner Demonstration im kleinen Kreis lässt sich als Schulungsstunde abrechnen. Denn da ein breiteres Publikum für die NPD-Redner fehlte, sprachen diese ausschließlich zu den eigenen Leuten.
Demonstrationen als Kampagne
Nachdem Worch im August 2000 vor dem Bundesverfassungsgericht mit seiner Klage gegen ein Demonstrationsverbot Recht bekommen hatte, startete er eine regelrechte “Demonstrationskampagne”. Er und sein Gesinnungskamerad Steffen Hupka aus Sachsen-Anhalt meldeten immer wieder Demonstrationen hier und dort an und setzten sie gegen Verbote notfalls vor Gericht durch.
Als das Bundesverfassungsgericht das Verbot der Halbe-Demonstration bestätigte, war das für Worch ein herber Rückschlag, gegen den sich der Aufzug in Teupitz nun wie ein trotziges und zugleich klägliches Aufbäumen ausnimmt. Aber auch schon vorher war die Teilnehmerzahl an den von Worch durchgesetzten Aufzügen bundesweit abgebröckelt. Die Mobilisierungslust der meist jungen Nazi-Marschierer ist offensichtlich ausgereizt.
Demokratische Gegenaktionen nehmen zu
Der Widerstand der Demokraten gegen rechtsextremistische Aufmärsche nimmt hingegen zu. Derweil die Neonazis am Stadtrand von Potsdam entlangzogen, trafen sich mehrere Hundert Bürgerinnen und Bürger im Zentrum der Landeshauptstadt zu einer Kundgebung. Ihr Tenor: Rechtsextremistische Aufzüge sind hier unerwünscht und werden nicht schweigend hingenommen!
Die Strategie der Polizei ging ein weiteres Mal auf: Massenschlägereien mit den unvermeidlichen Randalierern aus dem linksextremistischen Spektrum blieben aus. Den Antifa-Kämpfern, die auf die Neonazis eindreschen wollten, versperrten die Beamten den Weg zur Attacke.
Ein anderer, gewaltloser Weg steht im freiheitlichen Rechtsstaat denen offen, die sich mit genehmigten Demonstrationen von Rechtsextremisten nicht abfinden. Die Demonstranten im Stadtzentrum haben ihn mit ihrer Protestkundgebung gewählt. In Teupitz und Neuruppin hat ein weiteres, oft ebenso wirksames Mittel geholfen: Die Rechtsextremisten wurden mit Nichtachtung gestraft.