23. April 2004 · Quelle: TAZ

Drohung an der Wand

In Belzig bedrän­gen Neon­azis die Fam­i­lien von Antifas. Die Kle­in­stadt wird zum Schw­er­punkt rechter Aktivitäten

Ein­schüchtern lassen will sich Fam­i­lie Warnke (Name geän­dert) auf keinen Fall. In der Nacht zum Kar­fre­itag hat­ten Neon­azis von der “Anti-Antifa Belzig” am Haus der Fam­i­lie eine ein­deutige Dro­hung hin­ter­lassen: “Gott
vergibt, wir nie — ihr habt Namen und Adressen”, stand auf dem Zettel in alt­deutsch­er Schrift, den Recht­sex­treme an die Wand gek­lebt hat­ten. Seit­dem fürcht­en Klaus und Maria Warnke vor allem einen Angriff auf ihren 18-jähri­gen Sohn. Er war auf­grund seines Engage­ments in der Belziger Jugend-Antifa schon mehrmals bedro­ht wor­den. Einen konkreten Anlass für den neuen Ein­schüchterungsver­such sieht die Fam­i­lie in ein­er Demon­stra­tion am morgi­gen Sam­stag: Unter dem Mot­to “Die Antifa rockt Belzig” wollen Jugend-Antifa und andere Grup­pen der Toten des Zwangsar­beit­er­lagers “Roeder­hof” gedenken und eine “pro­gres­sive linke Jugend­kul­tur” gegen die
rechte Hege­monie in der Jugend­szene setzen. 

Die 12.000-Einwohner-Stadt Belzig ist zurzeit ein Schw­er­punkt neon­azis­tis­ch­er Aktiv­itäten in Bran­den­burg — das bestätigt auch die Polizei.
Nach Beobach­tun­gen der Antifa-Jugend Belzig hat sich seit der Haftentlassung
des Neon­azis Pas­cal S. im ver­gan­genen Jahr ein etwa 40-köp­figer rechter
Szenek­ern in Belzig entwick­elt. Der heute 25-jährige S. hat­te 1997 mit
Gesin­nungsgenossen eine Punkband in Pritzwalk über­fall­en. Ein Bandmitglied
wurde lebens­ge­fährlich ver­let­zt, S. ver­büßte eine mehrjährige
Frei­heitsstrafe. Vor sein­er Ent­las­sung kündigte er in Neon­azi­pos­tillen an,
sich weit­er “am Kampf” zu beteili­gen. Im Som­mer dro­hte dann eine “Nationale
Aktionsgemeinschaft/Freies Deutsch­land” im Inter­net, man werde Belzig zur
“nation­al befre­it­en Zone für Volksgenossen machen”. Anfang Okto­ber 2003
war­fen Unbekan­nte einen Brand­satz in das alter­na­tive Café “Der Winkel”, wo
sich linke Jugendliche und Migranten tre­f­fen. Bei mit­tler­weile drei
Aufmärschen inner­halb weniger Monate demon­stri­erten Belziger Neon­azis zudem
ihren Schul­ter­schluss mit mil­i­tan­ten Kam­er­ad­schaften in Brandenburg. 

Dass die Warnkes jet­zt über die Dro­hun­gen gegen sie sprechen, liege an der
“neuen Qual­ität”, sagt Maria Warnke. Denn auf die Drohschrift am Haus folgte
ein mit “Gott” geze­ich­neter Inter­net-Beitrag, der unter Adress­nen­nung dazu
auf­forderte, die Fam­i­lie anzu­greifen. Szeneken­nern zufolge ist “Gott” das
Pseu­do­nym von Pas­cal S. 

Polizei­press­esprech­er Heiko Schmidt bestätigt, dass wegen des Plakats ein
Ermit­tlungsver­fahren wegen Sachbeschädi­gung anhängig sei. Man habe zudem
“Mit­tel zur Gefahren­ab­wehr” ein­geleit­et und die MEGA, Brandenburgs
Son­dere­in­heit gegen rechte Gewalt, eingeschal­tet. Bis­lang, so Schmidt,
hät­ten sich Belzigs Neon­azis jedoch bemüht, “immer im Rah­men der Legalität”
zu agieren.

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