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Durchaus etwas erreicht”

Fer­di­nand Ngninkele­ji kam vor fünf Jahren als Flüchtling von Kamerun nach Deutsch­land. Seit­dem ist er Mit­glied der Flüchtlingsini­tia­tive Bran­den­burg (FIB), die sich seit 1998 für die Rechte von Asyl­be­wer­bern einsetzt.

Kon­nte die Arbeit der FIB in den ver­gan­genen Jahren die Sit­u­a­tion der Asyl­be­wer­ber verbessern?

In eini­gen Städten haben wir dur­chaus etwas erre­icht. Die Asyl­be­wer­ber in Cot­tbus und in Pots­dam erhal­ten beispiel­sweise jet­zt keine Gutscheine mehr, mit denen sie nur in bes­timmten Super­märk­ten einkaufen gehen kon­nten. Dank unser­er Arbeit bekommt ein Asyl­be­wer­ber, der ein Jahr in einem Wohn­heim gelebt hat, mit­tler­weile Bargeld aus­bezahlt, darf ein Kon­to bei der Sparkasse ein­richt­en und kann eine eigene Woh­nung in der Stadt beantragen. 

Gemein­sam mit The Voice hat die FIB vor Jahren die Anti-Res­i­den­zpflichtkam­pagne gegrün­det. Wie ste­hen die Chan­cen, dass das Ver­bot, den Land­kreis ohne Urlaub­ss­chein zu ver­lassen, abgeschafft wird?

Vor fünf Jahren hat es ständig polizeiliche Kon­trollen von Schwarzen auf den Bahn­höfen, in den Zügen und in Berlin gegeben. Das war sehr schlimm. In der let­zten Zeit ist es aber etwas bess­er gewor­den. Es gibt weniger Kon­trollen, sie nicht mehr so inten­siv wie vor fünf Jahren. 

Wird die Res­i­den­zpflicht von den Beamten nicht mehr so ernst genommen?

Nein, es ist immer noch so, dass jemand, der die Res­i­den­zpflicht ver­let­zt, bestraft wird. Durch die Beschränkung der Bewe­gungs­frei­heit wer­den den Men­schen aller­lei Rechte beschnit­ten und auch die poli­tis­che Betä­ti­gung erschw­ert. So hat zum Beispiel ein Fre­und von mir an ein­er Ver­anstal­tung auf der Antikolo­nialen Kon­ferenz in Berlin mit­gewirkt. Er wohnt in Bahns­dorf und unter­liegt dort der Res­i­den­zpflicht. Einen Monat nach der Ver­anstal­tung bekam er einen Brief von der dor­ti­gen Aus­län­der­be­hörde, in dem ihm mit­geteilt wurde, dass er ohne Urlaub­ss­chein in Berlin war und deshalb eine Strafe an den Land­kreis bezahlen muss. 

Wie hoch ist die Strafe wegen Residenzpflichtverletzung?

Das lässt sich nicht genau sagen, da dies im Er­mes­sen der Behörde des jew­eili­gen Land­kreis­es liegt. In Cot­tbus beispiel­sweise wer­den unge­fähr 125 Euro ver­langt, wenn jemand zum zweit­en Mal er­wischt wird, kön­nen es schon mal 500 Euro sein. 

Was sind die größten Prob­leme, mit denen Asyl­be­wer­ber nach wie vor kon­fron­tiert sind?

Das Spez­i­fis­che in Deutsch­land sind die Res­i­den­zpflicht und das Lager­sys­tem. Das gibt es in dieser Art nir­gend­wo anders. Außer­dem darf beispiel­sweise in Frankre­ich ein Asyl­be­wer­ber studieren und arbeit­en, was er in Deutsch­land nicht darf, und das macht die Sit­u­a­tion hier sicher­lich auch schlim­mer als ander­swo. In Parchim beispiel­sweise wohnen die Asyl­be­wer­ber in einem abgele­ge­nen Wald und haben keinen Kon­takt mit den Dorf­be­wohn­ern. Sie leben völ­lig isoliert. Das hat zum einen schwere psy­chis­che Fol­gen, und außer­dem wird den Men­schen jede Möglichkeit genom­men, in diesem Land einen Aufen­thaltssta­tus zu bekom­men. Denn kaum ein Asylver­fahren wird pos­i­tiv bescheinigt. Die einzige Möglichkeit, einen Aufen­thalt­sti­tel zu bekom­men, beste­ht darin, eine deutsche Frau beziehungsweise einen deutschen Mann zu heirat­en. Aber ein Asyl­be­wer­ber, der im Wald leben muss, hat über­haupt keine Gele­gen­heit, jeman­den ken­nen zu lernen. 

Hat die Arbeit in Bran­den­burg irgen­deinen Ein­fluss auf die dor­tige Bevölkerung gehabt?

Ich denke schon. Früher gab es kaum Kon­takt zwis­chen Schwarzen und Weißen. Das hat sich ein wenig verän­dert. Durch unsere Arbeit kon­nten wir den Men­schen zeigen, dass Asyl­be­wer­ber keine Krim­inellen sind und dass sie Deutsch­land nicht zer­stören wollen, wie es Medi­en ver­bre­it­et haben. 

Woran liegt es, dass die Arbeit der Flüchtlingsini­tia­tiv­en nicht mehr so stark ist wie noch vor ein paar Jahren?

Jed­er weiß, dass es derzeit weniger Asyl­be­wer­ber gibt, seit die EU ihre Gren­zkon­trollen ver­schärft hat und die Flüchtlinge Europa kaum noch erre­ichen. Es ist aber auch so, dass viele Leute, die früher Asyl­be­wer­ber waren und sich stark engagierten, heute eine Fam­i­lie haben und einen Aufen­thalt­sti­tel, den sie vertei­di­gen müssen. Dafür müssen sie arbeit­en oder zur Schule gehen. Deswe­gen haben viele Leute keine Zeit mehr, sich zu engagieren. 

Gibt es auch Flüchtlinge, die Deutsch­land wieder ver­lassen haben, weil sie hier keine Per­spek­tive sahen?

Ja, aber das ist immer eine per­sön­liche Entschei­dung. Das Leben in Deutsch­land ist nicht schwieriger als woan­ders. Es gibt viele Leute, die in Deutsch­land gekämpft und viele Sachen erre­icht haben. Es gibt aber auch viele, die es nicht geschafft oder Angst bekom­men haben und wegge­gan­gen sind. Und dann gibt es natür­lich noch viele Men­schen, die das Land ver­lassen mussten, weil sie Prob­leme mit den Behör­den hat­ten und vor der dro­hen­den Abschiebung geflo­hen sind. 

Die FIB hat auch sich auch immer wieder über die Zusam­me­nar­beit mit deutschen anti­ras­sis­tis­chen Ini­tia­tiv­en beklagt. Welche Prob­leme beste­hen da?

Zum einen mussten sich viele Afrikan­er immer wieder anhören, dass sie sex­is­tisch seien. Wenn ein afrikanis­ch­er Mann ein­er Frau Kom­pli­mente für ihr Ausse­hen macht, ist das für viele Deutsche schon ein Grund, von Sex­is­mus zu sprechen und den Mann, der diese Kom­pli­mente macht, zu isolieren. Das ist nicht in Ord­nung. Unsere Part­ner in der anti­ras­sis­tis­chen Arbeit wollen nicht wis­sen, wie unsere Kind­heit war und welchen kul­turellen Hin­ter­grund wir haben. Sie wollen, dass wir uns wie Europäer benehmen und uns sog­ar vorschreiben, was wir essen sollen. Viele deutsche Aktivis­ten bei den Gren­z­camps sind veg­e­tarisch. Aber die meis­ten Afrikan­er essen Fleisch. Trotz­dem machen die deutschen Aktivis­ten immer nur Salat, Salat, Salat. Und sie wollen nicht, dass wir Fleisch zubere­it­en. Aber das geht nicht, wir müssen uns gegen­seit­ig respektieren. 

Gibt es auch poli­tis­che Differenzen?

Ja. Wir wer­den häu­fig dafür kri­tisiert, dass wir uns nicht kri­tisch gegenüber unseren Herkun­ft­slän­dern äußern. Aber die Leute müssen ver­ste­hen, dass es für einen Asyl­be­wer­ber aus Afri­ka ungle­ich gefährlich­er ist als für einen Deutschen, die offizielle Poli­tik des Herkun­ft­s­lands zu kri­tisieren. Die Leute, die hier­her kom­men, hat­ten häu­fig große Prob­leme in ihren Län­dern und haben Angst. 

Wie sieht die derzeit­ige poli­tis­che Arbeit der FIB aus?

Wir bere­it­en ger­ade ein Gren­z­camp mit anderen anti­ras­sis­tis­chen Grup­pen in Ham­burg vor. Außer­dem machen wir eine Heim­tour, bei der wir andere Asyl­be­wer­ber, die in Lagern wohnen, auf unsere Gruppe aufmerk­sam machen und sie dafür gewin­nen wollen, etwas gegen ihre Sit­u­a­tion zu unternehmen. Außer­dem hat die FIB seit drei Jahren eine eigene Fußball­mannschaft, mit der wir prak­tis­che Inte­gra­tionsar­beit leis­ten. Am Woch­enende haben wir in Dessau bei einem Fußball­turnier den drit­ten Platz belegt. Beim Antifa-Cup in Berlin holten wir sog­ar den Pokal. 

War auch ein Tal­entscout der deutschen National­mannschaft dabei?

Unsere Auf­gabe war es lediglich zu spie­len, daher weiß ich nicht, ob jemand da war. Bei Inter­esse kön­nen sich die Leute aber gerne an uns wenden. 

Wür­den Sie denn für die deutsche National­mannschaft spielen?

Das ist eine schwierige Frage. Ich bin schon zu alt für eine Kar­riere als pro­fes­sioneller Fußballer. Aber ich hätte mich wahrschein­lich für Kamerun entschieden.

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