Rechtsradikale erhielten in zwei Fällen Unterstützung von anderen Parteien.
SPD, CDU und PDS schweigen dazu
(Tagesspiegel, Michael Mara, Thorsten Metzner) Potsdam — Skandalöse Abstimmungen im Landtag lassen die rechtsextreme DVU
jubeln: In den neuesten “National-Freiheitlichen Fraktions-Nachrichten”, die
derzeit an Brandenburger Haushalte verschickt werden, wird stolz von zwei
Präzedenzfällen aus den vergangenen Landtagssitzungen berichtet: Die
DVU-Fraktionsvorsitzende Liane Hesselbarth sei in der Plenarsitzung am
28.Oktober “sogar von fünf Abgeordneten außerhalb der DVU-Fraktion” in die
so genannte G‑10-Kommission gewählt worden, “die für die Genehmigung von
Telefonabhörungen zuständig ist”. In geheimer Wahl bekam Hesselbarth elf
Stimmen, obwohl die Fraktion nur sechs Mitglieder zählt. Zuvor hatte sie
bereits bei der Wahl ins Landtagspräsidium neben den DVUStimmen zwei Stimmen
aus anderen Parteien erhalten. Der DVU-Landeschef und parlamentarische
Geschäftsführer der Fraktion, Sigmar-Peter Schuldt, sagte dazu: “Unsere
Arbeit wird zunehmend anerkannt. Ich gehe davon aus, dass auch künftig
Mitglieder anderer Fraktionen DVU-Politiker mitwählen.”
In der Fraktionszeitung wird prophezeit, dass sich solche
Abstimmungsergebnisse wiederholen würden, wenn auch über Sachanträge der DVU
geheim abgestimmt werden dürfte. Nach der Landtagswahl hatten SPD, CDU und
PDS einen offensiveren Umgang mit der DVU angekündigt, der zum zweiten Mal
in Folge der Sprung ins Parlament gelang.
So geißelte SPD-Fraktionschef Günter Baaske die DVU als “Rechtsnachfolger
der NSDAP” und ihre Abgeordneten als Nazis. Die DVU reagierte mit einer
Strafanzeige gegen Baaske. In der vom DVU-Parteichef Gerhard Frey
herausgegebenen rechtsextremen “National-Zeitung” triumphierte Hesselbarth:
Die neue Strategie gegenüber der DVU stoße auch in den Reihen der
Etablierten auf “merklichen Widerstand” — und nannte als Beleg die Stimmen
aus anderen Fraktionen. “Der neue Umgang spaltet eher die Etablierten, als
dass er uns Magenschmerzen bereitet.”
Merkwürdig ist, dass der Abstimmungs-Skandal bisher völlig folgenlos blieb
und auch keine Debatte im Landtag auslöste. Auf Anfrage schlossen gestern
die Fraktionen von SPD, CDU und PDS kategorisch aus, dass die DVU, die unter
Beobachtung des Verfassungschutzes steht, Stimmen aus ihren Reihen erhalten
haben könnte. In der DVU-Fraktion registriert man mit Genugtuung, wie
uneinig und unsicher die anderen Parteien agieren. Zur Ankündigung der
Union, man werde selbst stärker um rechtsextreme Wähler werben, sagte
Schuldt: “Wenn die CDU am rechten Rand fischen will, wird sie Schiffbruch
erleiden.” Das sei ihr schon früher nicht gelungen.
Schuldt verwahrte sich scharf gegen Pläne von SPD, CDU und PDS, die
Finanzierungszuschüsse für die DVU durch Korrekturen am Fraktionsgesetz zu
kürzen. Denn für jeden Abgeordneten erhält die DVU mit 124 100 Euro im Jahr
die höchsten Zuschüsse aller Fraktionen. Die SPD kommt auf 40 580 Euro pro
Abgeordneten, die PDS auf 46 585 und die CDU auf 49 820. Der Grund: Kleine
und große Fraktionen erhalten die gleiche Finanzierung. Schuldt: “Wenn die
anderen so weitermachen, haben wir im nächsten Landtag dreimal so viele
Abgeordnete.”