Die bildungspolitische Vereinigung der Rechtsextremisten hätte Anspruch auf bis zu 20 000 Euro – deshalb will die Koalition jetzt das Gesetz ändern
(Michael Mara, Tagesspiegel) Potsdam — Trotz großer juristischer Risiken wollen die Koalitionsfraktionen SPD und CDU verhindern, dass die rechtsextreme DVU für ihre parteinahe bildungspolitische Stiftung “Brandenburg gestalten e.V.” Zuschüsse erhält. Das neue Haushaltsgesetz, das am heutigen Freitag verabschiedet wird, soll deshalb in letzter Minute geändert werden. Das bestätigten die Koalitionsfraktionen gestern.
Bislang mussten Parteien mindestens zwei Legislaturperioden im Landtag vertreten sein, um für ihre Stiftungen und kommunalpolitische Vereinigungen Zuschüsse des Landes zu erhalten. Danach hätte die DVU, die 2004 zum zweiten Mal die 5‑Prozent-Hürde übersprungen hat, Anspruch auf jährlich rund 17 000 bis 20 000 Euro. Nach dem Willen von SPD und CDU sollten deshalb künftig drei Legislaturperioden nötig sein. Die Rechtsextremen haben Verfassungsklage angekündigt, sollte diese Regel beschlossen werden.
Eine solche Klage hätte nach Ansicht von Verfassungsrechtlern und der PDS- Opposition gute Erfolgsaussichten. Auch Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) sagte gestern, es könne durchaus sein, dass diese “benachteiligende Regelung dem Verfassungsgericht zu weit geht”.
Die Mahnungen zeigten am Donnerstag Wirkung: Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und die Innenpolitiker der Regierungskoalition berieten am Rande der Landtagssitzung, wie der entsprechende Passus im Haushaltsgesetz “juristisch wasserdicht” formuliert werden kann. Dann verständigten sie sich darauf, dass ein dreimaliger Einzug in den Landtag nicht das einzige Kriterium für die Zahlung von Zuschüssen an Stiftungen sein soll. Es soll auch der einmalige Einzug in den Landtag reichen, sofern die Partei zugleich in Bundestag und Europaparlament vertreten ist. Für Zuschüsse an kommunalpolitische Vereinigungen von Parteien soll es reichen, wenn diese im Landtag und gleichzeitig in mindestens 50 Prozent der Kreistage in Fraktionsstärke vertreten ist.
Die PDS bezweifelte allerdings, dass sich dadurch die “rechtliche Zweifelhaftigkeit” der Regelung ändere. Sie befürchtet ein “juristisches Desaster”. Auch die Grünen warnten, dass diese politisch motivierte Gesetzesänderung vor Gericht keinen Bestand haben werde. Der Verwaltungsrechtler Ulrich Battis von der Berliner Humboldt-Universität sagte, man bewege sich auf “dünnem Eis”.
Der DVU-Landeschef und Fraktionsgeschäftsführer Sigmar-Peter Schuldt kündigte an, dass seine Partei auf jeden Fall klagen werde: “Welche Hürden man auch aufbaut, sie verstoßen gegen den Gleichheitsgrundsatz.”
Koalition hält an “Lex DVU” fest
Keine Zuschüsse an rechtsextreme Partei
(MAZ) POTSDAM Die Koalition will die Voraussetzungen für Landeszuschüsse an parteinahe Stiftungen und kommunalpolitische Vereinigungen präzisieren. Die umstrittenen Änderungen sollen heute verabschiedet werden, teilten die Fraktionen von SPD und CDU gestern mit. Die jüngsten Ergänzungen sollen verhindern, dass die rechtsextreme DVU-Fraktion mit ihrer angekündigten Klage vor dem Landesverfassungsgericht Erfolg hat.
Die DVU-Fraktion kritisiert, dass mit der Verschärfung der Voraussetzungen besonders ihre Partei getroffen werden solle. So soll künftig nur noch Geld an parteinahe Stiftungen fließen, wenn eine Partei mindestens drei Mal in Folge in den Landtag gewählt wurde oder — und das ist neu — sowohl bei den letzten Wahlen zum Landtag, zum Bundestag und zum Europaparlament mindestens fünf Prozent der Stimmen geholt hat. Damit soll eine Benachteiligung der Grünen und der Liberalen ausgeschlossen werden.
Diese Regelung soll auch für Zuschüsse für die kommunalpolitischen Vereinigungen von Parteien gelten. Dortiger Zusatz: Mittel werden gezahlt, wenn eine Partei im Landtag und in mindestens der Hälfte der 18 Parlamente von Kreisen oder kreisfreien Städten in Fraktionsstärke sitzt.
Die Koalition werde mit den Ergänzungen nicht die Klage der DVU verhindern können, sagte der CDU-Innenexperte Sven Petke. “Wir glauben aber, dass die Regelung auch vor dem Verfassungsgericht Bestand haben wird.”
Die PDS lehnt die Änderung ab. Damit werde die DVU in den Schlagzeilen bleiben und eine große Chance haben, einen Erfolg vor Gericht zu erreichen. Die Grünen kritisierten die Verschärfung als “Lex DVU”. Rot-Schwarz sei nicht in der Lage, sich mit dem Rechtsextremismus politisch auseinander zu setzen.
Politische Stiftung der DVU soll kein Geld erhalten
(MOZ) Potsdam (ddp) Politische Stiftungen der rechtsextremen DVU in Brandenburg sollen keine Unterstützung vom Land erhalten. Die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU schlagen entsprechende Neuregelungen im Haushaltsgesetz vor. Die Vorgaben für Zuschüsse an politische Stiftungen und kommunalpolitische Vereinigungen seien am Donnerstag in der Koalition modifiziert worden, sagte CDU-Innenexperte Sven Petke. Sie sollen am Freitag mit dem Doppeletat 2005/2006 im Parlament beschlossen werden. Die nicht im Landtag vertretenen Grünen übten scharfe Kritik an den Vorschlägen der Koalition. Auch die oppositionelle PDS-Fraktion sieht das Vorhaben mit Skepsis.
Bislang unterstützt das Land politische Stiftungen von im Landtag vertretenen Parteien. Künftig sollen nach dem Willen der rot-schwarzen Koalition nur noch die politischen Stiftungen Geld erhalten, deren nahe stehende Partei zum dritten Mal in Folge im Landtag vertreten ist oder Mandate im Bundestag oder dem Europäischen Parlament inne hat. Zudem sollen kommunalpolitische Vereinigungen unterstützt werden, deren nahe stehende Partei zum dritten Mal hintereinander im Landtag oder mindestens in der Hälfte der Parlamente der Landkreise und kreisfreien Städte vertreten ist. Brandenburg hat derzeit 14 Landkreise und 4 kreisfreie Städte.
Die DVU sieht sich durch die Neuregelungen benachteiligt. Sie ist erst zum zweiten Mal in Landtag vertreten und würde damit keine Förderung erhalten. Fraktionschefin Liane Hesselbarth warf Abgeordneten von SPD und CDU “kriminelle Energie” vor. In keinem anderen Land gebe es solche Angriffe auf den Gleichheitsgrundsatz. Der DVU-nahen Stiftung stünden bis zu 20 000 Euro zu. Die Fraktion werde ihre Rechte vor dem Landesverfassungsgericht einklagen. Zudem scheue die Partei nicht den Gang vor das Bundesverfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof.
Nach Ansicht von Petke ist die Gesetzesänderung mit der Verfassung vereinbar. Die DVU habe in den Kommunen keine Basis. Es wäre “schmerzhaft”, wenn die rechtsextreme Partei 2006 im Jahr der Bundestagswahl staatliches Geld für ihren Wahlkampf erhalten würde.
Grünen-Landeschef Joachim Gessinger äußerte dagegen verfassungsrechtliche Bedenken. Die “Lex DVU” sei ein Versuch, “die ungeliebte Konkurrenz durch eine eindeutig politisch motivierte Gesetzesänderung zu behindern”. Bei einem Sieg vor dem Verfassungsgericht werde das “politisch anspruchs- und wirkungslose Häuflein von Abgeordneten der DVU samt ihrer kaum existenten Partei unnütz aufgewertet”. Zugleich warf Gessinger der rot-schwarzen Koalition vor, sie sei nicht in der Lage, sich mit der parlamentarischen Repräsentanz des Rechtsextremismus in Brandenburg politisch auseinanderzusetzen.