INFORIOT — In der menschenverlassenen Stadt Lübben kam es am gestrigen sonnigen
Samstag zu einem Jahrhundertevent für die Kleinstadt: Das örtliche
Bürgerbündnis hatte dazu aufgerufen,
den in ihrer Stadt marschierenden Nazist_innen keine Beachtung zu
schenken. Entsprechend das Bild: Nahezu alle Geschäfte hatten geschlossen
und die die sich dennoch auf die Strasse trauten, kamen pünktlich um 13 Uhr
zum Hauptbahnhof.
Dort versammelten sich etwa 380, wie sie sich selbst bezeichneten, “autonome
Nationalist_innen”. Neugierig wurde sich
gegenseitig beäugt. Als die Neofaschist_innen ihre ersten Lautsprecherdurchsagen starteten, begann das Bündnis die 139 Namen der Menschen zu verlesen, die durch die Folgen rechter Gewalt in der Bundesrepublik ihr Leben verloren. Die Nazist_innen ließen sich davon
allerdings nicht beirren und begannen ihren Spaziergang, um 14:50 Uhr durch
die Innenstadt.
Neben dem Hauptmotto: “Recht auf Selbstbestimmung — Pflicht
zum Widerstand” waren die zentrale Forderungen Freiheit für alle politischen
Gefangenen und der Erhalt des “Bunker 88” (mehr). Weiterhin wurde ausgeführt, dass 2006 “235 Deutsche durch
nicht€päische Ausländer_innen ermordet” worden seien. Währenddessen wurde zwar die in mehreren
Hunderschaften anwesenden Polizist_innen durch Stasivergleiche
provoziert, blieben aber ruhig. Teilweise war die Demo recht kraftvoll, auch
wenn Sprüche oft gegeneinander liefen: Wo “Frei — Sozial und National” kommen
sollte, kam “Frei — Sozial — Jetzt — Jetzt — Jetzt”. Das war allerdings das einzig Selbstbewusste. Die Demo, die sich kleineren Störversuchen von antifaschistischer Seite ausgesetzt sah, trottelte vor sich hin und kam nach einem langen
Marsch durchs Zentrum Lübbens und einigen Transpi-Trageproblemen — der
Frontwisch fiel mehrfach runter — um etwa 17 Uhr wieder am Bahnhof an. Es wurde
sich ohne großartige weitere Aktionen in den Zug gesetzt und nach Haus zu
Partner und Kind gefahren.
Neben den unvermeidlichen Dorfnazis, die die Demonstration besuchten, waren die gut 380 Faschist_innen aus ganz Brandenburg und Berlin, sowie aus Teilen Sachsens angereist. Aus der Forderung den “Bunker 88” wieder zu beleben wird
allerdings nichts werden; am Freitag hatte die Stadt Lübben beschlossen das Gebäude
zu kaufen und abzureißen.
Zeitgleich fand eine, von der Autonome Antifa Lübben organisierte,
Demonstration statt. Unter dem Slogan “Bunte Häuser statt braune Bunker”,
lief jene entgegengesetzt dem Naziaufmarsch. An die 100
Antifaschisten_innen aus den verschiedensten Spektren der
links-alternativen Szene nahmen teil. Probleme mit dem
Staatsrepressionsorgan gab es auch hier nicht.
Die verschiedenen politischen Gruppen zu trennen gelang der Polizei in
Summe erfolgreich. Aber immerhin schien die Sonne.
Foto 1: Faschistische Demonstration
Foto 2: Fronttransparent der Neonazis
Foto 3: Antifaschistischer Protest
Foto 4: “Bunte Häuser statt braune Bunker”
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