(Hoga, PNN) Marie M. (23, Name geändert) findet die Gerichtsverhandlung offensichtlich unterhaltsam. Grinsend sitzt die füllige Frau aus Nordrhein-Westfalen auf der Anklagebank. Mit amüsiertem Gesichtsausdruck lauscht sie dem Verlesen der Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft wirft der zweifachen Mutter vor, am Nachmittag des 30. Oktober 2004 auf dem Potsdamer Hauptbahnhof – gut sichtbar für alle – ein T‑Shirt mit einer Doppelsiegrune getragen und somit den Straftatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfüllt zu haben.
“Ich hatte morgens verschlafen und mir schnell irgend etwas aus dem Schrank gegriffen”, erzählt die Arbeitslose. Komischerweise passte ihr Outfit genau zum Anlass. An jenem Tag nahm Marie M. mit einer Gruppe Gleichgesinnter an einer NPD-Demonstration in der Brandenburgischen Landeshauptstadt teil. Da trug sie das anstößige Kleidungsstück allerdings unter einem Pullover und ihrer Bomberjacke. Wieso sie sich ausgerechnet auf dem Bahnsteig eines Teils ihrer Garderobe entledigte, vermag die bereits wegen mehrfachen Ladendiebstahls, Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie Beihilfe zur versuchten schweren Brandstiftung Vorbelastete nicht zu erklären. Aus ihrer Sicht hätten die BGS-Beamten überreagiert, als sie ihr erst einmal die Weiterfahrt untersagten, ihre Personalien feststellten und Anzeige erstatteten. “Dass ich das Teil an hatte, war ein Versehen. Ich hätten an diesem Morgen auch etwas ganz anderes anziehen können”, nuschelt Marie M. und verdreht die Augen. “Sind Sie mit der außergerichtlichen Einziehung des Kleidungsstücks einverstanden?”, fragt der Staatsanwalt. Die Angeklagte blickt erstaunt. “Wieso denn das? Ich möchte mein T‑Shirt gern wiederhaben.” Bekommen wird sie das gute Stück in XL-Größe trotzdem nicht.
“Sie sollten ihre Einstellung einmal überprüfen”, rät der Vertreter der Anklage und plädiert auf eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro (600 Euro). Das Gericht urteilt ebenso. “Die Strafe fällt nur so glimpflich aus, weil wir an Ihre beiden Kinder gedacht haben”, so der Vorsitzende. Marie M. die die Tat während einer laufenden Bewährungszeit beging, findet den Ausgang der Verhandlung gar nicht mehr komisch.