(ALEXANDER ENGELS, MAZ) LUCKENWALDE Von der Befreiung hat Heinrich Fink ein ganz eigenes Bild vor Augen. “Hundert nackte ukrainische Soldaten auf unserem Hof”, erinnert sich der 70-Jährige ehemalige Rektor der Humboldt-Universität Berlin an das Kriegsende, das er in Götz in der Nähe von Brandenburg (Havel) erlebt hat. Dort hatte sich eine Abteilung der Roten Armee eine Banja gebaut, eine russische Sauna. Seine Erlebnisse aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und vom Umgang mit Geschichte in der DDR schilderte Fink am Donnerstagabend in einem Forum der PDS Teltow-Fläming im Kreishaus in Luckenwalde.
Der heutige Vorsitzende der “Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes — Bund der Antifaschisten” wurde in der Ukraine als Sohn württembergischer Auswanderer geboren. “1940 kamen 500 deutsche SS-Leute und sagten, wir sollten ‚Heim ins Reich′ kommen”, berichtet er. Die Hoffnung, dort als Landwirte gebraucht zu werden, trog. Während Hitler-Deutschland den Feldzug gegen die Sowjetunion startete, wurden sie in Polen angesiedelt.
“Wir kamen auf ein Gehöft. Dort war der Herd noch warm und die Kühe waren nicht gemolken”, erzählt Fink. Die Polen waren nachts zuvor vertrieben worden. Die stark christlich geprägte Familie nahm einige von ihnen als Landarbeiter auf. Später weigerten sie sich in den Gottesdienst der Dorfkirche zu gehen: “Der Pfarrer hatte eine SA-Uniform unter dem Talar.” Mit acht Jahren habe Fink den Begriff “Konzentrationslager” verinnerlicht. Er könne daher nicht jenen glauben, die nie etwas gewusst haben wollen. Als die Sowjet-Armee näher rückte, wurden die Finks nach Götz evakuiert. “Unser Rückweg war Tag für Tag mit Tieffliegern verbunden”, berichtet Fink weiter, “bis heute träume ich davon und wache nachts manchmal schreiend auf.”
Er habe später die Brutalität oder die Vergewaltigungen durch Rotarmisten erlebt. Er habe auch erfahren, dass Angehörige, die nicht rechtzeitig nach Deutschland kamen, “nach Kasachstan abtransportiert” wurden. Doch habe er stets den Grundsatz seines Vaters bewahrt: “Wir müssen Ursachen und Wirkungen erkennen. Auch wenn wir die Wirkungen nicht akzeptieren können: Die Barbarei wurde erst durch Deutschland über Europa gebracht.”
Fink verteidigt den Umgang der DDR mit dem Nationalsozialismus: “Die DDR war für mich ein antifaschistischer Staat. Im Gegensatz zur BRD wurde hier wirklich ein Neuanfang gemacht.” Den Vorwurf des nur “verordneten Antifaschismus” lässt er nicht gelten, sondern fordert dies sogar ein, um rechtsextreme Parteien wie NPD oder DVU zu verhindern. Daher fordert er gerade die Rentner-Generation auf: “Das Wichtigste ist jetzt die Aufklärung. Omas und Opas müssen ihren Enkeln von der Zeit des Faschismus erzählen.”