(JUTTA ABROMEIT, MAZ) LUDWIGSFELDE Sie haben ohnehin kaum etwas, und trotzdem wird das große Sparen in Ludwigsfelde auch sie treffen — die Obdachlosen. Die Tage “ihres” Hauses an der Potsdamer Straße scheinen gezählt. Nimmt kein Stadtverordneter diesen Punkt von der 44-stelligen Giftliste der Verwaltung, spart die Stadt mit Streichung der Position “Schließung von Obdachlosenhaus und Zossener Tafel” 31 400 Euro im Kampf gegen ihr Fünf-Millionen-Defizit. Wobei die Zossener Tafel 1800 Euro jährlich erhält.
Ludwigsfelde als größte Gemeinde im Kreis hatte in den zurückliegenden Jahren auch stets die meisten Obdachlosen. 2002 fanden in dem Haus insgesamt 32 Bewohner zeitweilig Unterkunft, Ende 2003 wohnten dort 19 Menschen, vom 18-Jährigen bis zum Rentner. Derzeit gibt es vier Bewohner nach Auskunft von Jutta Kuschla, Sachgebiet Bürgerservice/Wohngeld. Die meisten seien in Bereichen mit betreutem Wohnen, in Pflege- oder Altersheimen untergebracht worden, wo sie besser versorgt werden könnten. “Jetzt mit Hartz IV” erwartet man im Rathaus allerdings wieder mehr Zulauf im Obdachlosenhaus. Nach der Wende hatte es unter Regie des ASB eine Baracke am Rande der Stadt gegeben. Als die GAB das Haus übernahm, zog es an die Potsdamer Straße. In Zeiten, in denen Ludwigsfelde viel Geld hatte, sollte es auch den Obdachlosen so gut wie möglich gehen. Man wollte sie ins Stadtleben integrieren, die Wege zum Rathaus sollten kurz sein. Alles vorbei. “Seit rund einem Jahr müssen Brandenburger Kommunen laut einem Runderlass vom Innenministerium keine Obdachlosenunterkünfte mehr bereithalten”, erklärte der Beigeordnete und Kämmerer Frank Gerhard (SPD) dieses Woche im Sozialausschuss. Der Ludwigsfelder Klaus Gasenzer hatte wissen wollen: “Was passiert mit den Obdachlosen in Zukunft — werden die nach Potsdam gebracht oder bleiben sie unter der Brücke?” Unter einer Brücke dürfe niemand bleiben, Obdachlose im öffentlichen Raum würden in der Bundesrepublik von jeher “als Gefahr gesehen. Deshalb muss die Ordnungsbehörde eingreifen und eine Ordnungsverfügung erlassen”, so Gerhard. Wenn es kein Obdachlosenhaus mehr gibt, dann würden sie in leere Wohnungen eingewiesen, die es ja in der Stadt ausreichend gebe, und würden wie normale Mieter behandelt, erklärte der Kämmerer. Das versteht Klaus Gasenzer: ” Mit Hartz IV dürfte es ja theoretisch wirklich keine Obdachlosen mehr geben. Aber auch gleich den Zuschuss für die Zossener Tafel mit zu streichen ist ′ne Schweinerei. Dass die Schlange vor der Tafel immer länger wird sieht doch jeder, der donnerstags die Potsdamer Straße lang fährt.” Gegen die geplante Tafel-Kürzung ist auch Stadtverordneter und Tafel-Mitinititator Erich Ertl (Vereinte Fraktion): “Das trifft die Ärmsten der Armen. Wie soll das denn gehen, wenn die Leute eine Woche nichts zu essen haben?”