(Frankfurt/Oder, 23.08.2005) Ein junger Mann sitzt weinend am Rande der Autobahn und wird dort vom
stellvertretenden Landesvorsitzenden des Linkspartei.PDS Jugendverbandes [solid] — die sozialistische jugend, Martin Günther, aufgefunden.
Dimitry, so der Name des jungen Mannes, ist, wie sich später herausstellt,
Reaggeamusiker, hat Anfang Juli mit seiner Band „Jah Devision“ auf dem
Kölner Summerjam-Festival gespielt und wurde nach dem Festival beim
Versuch zu trampen von der Polizei festgenommen. Bei der Durchsuchung
seiner Sachen fanden die Beamten Marihuana, das Dimitry vor Beginn des
Festivals erworben hatte.
Vom 11.07. – 19.08. 2005 sitzt Dimitry in Köln in Untersuchungshaft.
Während dieser Zeit verliert sein Transitvisum für Polen seine Gültigkeit.
Am 19.08. wird der Haftbefehl gegen den jungen Künstler aufgehoben. Die
JVA Köln händigt ihm 30 ? Verpflegungsgeld sowie eine Zugfahrkarte nach
Berlin aus. Von dort aus will Dimitry nach Moskau weiterfahren. Der junge
Mann, der kein Deutsch spricht, schafft es mit Hilfe eines Freundes in
Berlin sogar eine Platzkarte für den Zug nach Moskau zu bekommen. Am
21.08. 2005 startet Dimitry vom Bahnhof Berlin-Lichtenberg Richtung
Heimat, wie er glaubt.
Schon nach zwei Stunden ist die Fahrt für den Musiker erneut beendet.
Aufgrund seines am 25. Juli abgelaufenen Visums wollen polnische Grenzer
ihn nicht ins Land lassen. Sie übergeben Dimitry wieder an die deutschen
Behörden. Die nächsten Stunden verbringt er wieder in einer Zelle.
Gegen Abend wird er freigelassen. Er erhält die Auflage, sich unverzüglich
bei der Ausländerbehörde Frankfurt/Oder zu melden und anschließend zwecks
Beschaffung eines gültigen Transitvisums die polnische Botschaft in Berlin
aufzusuchen. Die 30 ?, die er in Köln erhalten hatte, hat Dimitry
mittlerweile für die Platzreservierung im Zug nach Moskau ausgegeben. So
verbringt der junge Mann die Nacht im Stadtpark von Frankfurt/Oder.
Am Morgen des 22.08. begibt Dimitry sich zur Ausländerbehörde
Frankfurt/Oder. Dort erklärt man ihm, dass er zur polnischen Botschaft
nach Berlin muss um sich dort ein gültiges Visum zu besorgen. Er erhält
eine Grenzübertrittsbescheinigung für den 23.08. 2005. Sie ist, genau wie
alle anderen Dokumente, die die Beamten Dimitry unterschreiben lassen
ausschließlich in deutscher Sprache abgefasst. Einen Dolmetscher gibt es
nicht.
Wie der hilflose junge Mann nach Berlin kommen soll verraten ihm die
Beamten der Ausländerbehörde auch nicht. Am Bahnhof wird er abgewiesen
weil er weder über eine Fahrkarte noch über Geld verfügt.
Die polnische Botschaft in Berlin verweigert sich dem Fall seit dem 22.08.
Grundsätzlich sei ein Visum nur mit einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung
zu bekommen. Die Grenzübertrittsbescheinigung der Frankfurter
Ausländerbehörde wird von der polnischen Botschaft aber nicht anerkannt –
ein Problem, das den Frankfurter Behörden bekannt ist. Außerdem dauere die
Erteilung eines Visums mindestens eine Woche. Am 24. August läuft für
Dimitry auch die Grenzübertrittsbescheinigung ab, nachdem sie heute für
einen Tag verlängert wurde.
Sollte es wirklich soweit kommen, würden sich dann auch diejenigen
strafbar machen, die Dimitry hier unterstützen. Ihr Vergehen: Beihilfe zum
illegalen Aufenthalt.
[solid] Brandenburg fordert deshalb:
- die Abschaffung aller zwischenstaatlichen Grenzen
Kein Mensch ist illegal! Nirgends!
— den vollständigen Verzicht auf s.g. verdachtsunabhängige Personenkontrollen
— die Abschaffung der s.g. Residenzpflicht für in der Bundesrepublik
lebende MigrantInnen