Seit einigen Jahren gibt es im Oberhaveler Städtchen Hohen Neuendorf eine Kneipe, welche keine Berührungsprobleme mit Neonazis hat und einige führende Neonaziaktivisten. Anfang des Jahres wurden wir durch örtliche Jugendliche und Antifaschist_innen auf diese Zustände verstärkt aufmerksam gemacht. Hauptpunkt ist dabei die „Wikingerkneipe – Der Hammer“, welcher von Mittelalterfreunden, aber auch von Neonazis genutzt wird.
Bei der Kommunalwahl 2008 konnte die NPD mit 2,2 Prozent der Stimmen einen Sitz im Gemeindeparlament von Hohen Neuendorf erreichen, welches durch den Neonazianwalt und ehemaligen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Berliner Republikaner – Richard Miosga – besetzt wurde. Da Miosga nach Berlin zog, verlor nicht nur er, sondern auch die NPD ihr Mandat. Die NPD hat damit auch ein wichtiges Standbein in Hohen Neuendorf verloren. Die neonazistische Partei ist allerdings nur der offensichtliche, sichtbare Teil der Neonaziszene in Hohen Neuendorf.
Der Hammer
Das Zentrum des rechten Treibens scheint nach Aussagen von Jugendlichen, Antifas und Zivilengagierten die „Wikingerkneipe Hammer“ in der Friedrichstraße zu sein. Dort ansässig ist auch der Verein Mjölnir e.V.. „Mjölnir“ ist der Hammer des nordischen Gottes Thor, nach dem auch die Kneipe benannt ist.
In der Kneipe: Auf jeder Wand, auf jedem Glas, überall ist der „Thorshammer“ zu sehen. Auf der (inzwischen abgeschalteten) Website der Kneipe konnte mensch ein Bild sehen, wo über einem Durchgang neben Mjölnir auch ein lateinamerikanischer Traumfänger und die „Schwarze Sonne“ zu sehen waren.
Die „Schwarze Sonne“ wird gern in der esoterischen und neonazistischen Szene als okkultes Objekt genutzt. Sie zeichnet sich durch die Verwendung von 12 Sig-?Runen in einem Kreis aus. Dieses Symbol wurde bekannt, da es in den Boden der Nordrhein-?Westfälischen „Wewelsburg“ eingelassen worden ist.
Diese Burg war ein symbolträchtiger Ort für die Waffen-?SS, besonders für den Esoteriker Himmler. Die „Schwarze Sonne“ ist kein germanisches Symbol, wie viele behaupten, sondern eine Erfindung der SS. Der Begriff „Schwarze Sonne“ stammt daher auch nicht aus alten germanischen Zeiten, sondern aus der Feder, des österreichischen Nazis und Mitglieds der SS Wilhelm Landig.
Querverbindungen zu neonazistischen Strukturen
Kommen wir zurück zur Havelstadt und dem lokalen „Hammer“. Bereits vor einigen Jahren beschrieben Schüler_innen des Marie-?Curie-?Gymnasiums während einer Projektwoche die Kneipe als Nazitreffpunkt. Nach einem Einspruch des Wirtes, Rene Werner, beim Schuldirektor, knickte dieser ein und die „Recherchen“ der Jugendlichen mussten aus der Ausstellung entfernt werden.
Der Wirt selber hat gute Verbindungen zu Mittelaltervereinen aber auch zu Neonazis. So ließ er die Hammer-? T-?Shirts im On The Streets in Hennigsdorf drucken. Der On The Streets ist ein neonazistisches Bekleidungsgeschäft, welches seit knapp 8 Jahren in Hennigsdorf ansässig ist und vom ehemaligen Sänger der Neonazi-?Band Spreegeschwader – Alexander Gast – betrieben wird.
Neben mehreren Mittelalter-? und Wikingerfreunden gibt es eine klar neonazistische Gruppe, die den Hammer regelmäßig nutzt. Die Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) wurde am 31.?03.?2009 durch das Bundesinnenministerium verboten. Der Grund war, dass sie in der Tradition der verbotenen Wiking-?Jugend und der Hitlerjugend, Jugendliche und Kinder erzog. Dies bedeutete militärischen Drill, Trennung nach Geschlechtern und die Verwendung von Nazisymbolik. Bei Zeltlagern hießen daher Zelte „Führerbunker“ und auf Tischdecken waren zum Beispiel Hakenkreuze aufgemalt. Auch paramilitärische Übungen bis hin zu Tötungsübungen sind durch Journalist_innen dokumentiert. Einige Namen sind dabei aus der bundesweiten Nazi-?Prominenz, wie Sebastian Richter (JN-?Bundesvorstands-?Mitglied), Sascha Stein (ehemaliger Chef der Wiking-?Jugend Berlin-?Brandenburg), Holle Böhm (ehemalige Chefin der „Mädels“ der HDJ) und Wolfram Nahrath (ehemaliger Führungskader der Wiking Jugend und einer der prominentesten Neonazianwälte Deutschlands).
Alle diese Personen leben bis auf Nahrath (Birkenwerder) in Hohen Neuendorf. Nach Hinweisen durch unpolitische/nicht-?rechte Hammernutzer_innen treffen sich in regelmäßigen Abständen (meist freitags) Sascha Stein und andere ehemalige HDJ-?Mitglieder im Hammer, um über eine Re-?Organisierung zu sprechen. Allerdings verschoben sich in letzter Zeit die Themen und Hauptaktionsfeld ist nun die Anti-?Antifa-?Arbeit.
Sascha Stein betrieb bis zum Winter letzten Jahres in Oranienburg ein Survival-?Geschäft, welches er allerdings auch nutzte, um Jugendliche in einer Kameradschaft zu formieren. Diese sollte den Namen „Kampftrupp“ tragen. Nachdem er damit scheiterte, bereitete er sich scheinbar darauf vor, die HDJ nach ihrem Verbot heimlich zu reorganisieren. Ein Hinweis dafür sind Treffen in seinem ehemaligen Laden in der Oranienburger Lehnitzstraße. Darüber hinaus gibt es Indizien und Hinweise, dass die HDJ gemeinsam mit dem Freibund ein Pfingstcamp im Oberhaveler Kremmen abgehalten hat. Aus Frohnau fuhren mehrere Neonazis in Kluft der Bünde in Richtung Oranienburg.
Für weitere Rekrutierungen hat er eine Website zum Thema „Survivaltraining“ wieder hochgefahren und versucht so an Kontakte zu kommen. Nach bisherigen Informationen nutzte er sein Objekt um Trommelübungen zu veranstalten, welches bereits zu einer Razzia im März 2010 führte.?Darüber hinaus sind auch andere neonazistische Gäste im Hammer, wie etwa junge Neonazis aus Berlin-?Lichtenberg. Eine Verbindung zwischen diesen Orten besteht durch die HDJ und der Freundschaft der Oranienburger JN und der ehemaligen Kameradschaft Tor bzw. ihren Nachfolgeprodukten.
Darüber hinaus finden sich auch Einzelpersonen aus Hohen Neuendorf ein, die keinen Hehl aus ihrer neonazistischen Gedankenwelt machen. Einer der oberen davon ist Christian „Heidi“ Heidinger. Dieser prollt im Hammer mit seinem Schwarze-?Sonne-?Tattoo auf der Brust rum.
Wenn mensch nicht sein Tattoo sieht, kleidet sich Heidi mit Klamotten die aus Neonaziproduktionen stammen oder ausschließlich über Neonaziversänden zu finden sind. Dass er nicht nur Konsument und Teil einer neonazistischen Subkultur ist, zeigte er öffentlich am 10.?10.?2009, als er in Berlin an einem Neonazisaufmarsch teilnahm.
Auf unserer Seite schrieb er erst noch, er sei „kein nazi, auch wenn [er] eine glatze trage“ und meint „den Hammer kenne ich, auch wenn ich nur mal gelegentlich mal rein schaue“ um dies bei einem späteren Post wieder zu revidieren mit der Aussage “also ich gehöre zum inventar des hammers und kenne rene sehr gut […] und ich stehe zu dem was ich trage“. Und danach wischt er seinem „Freund“ Rene noch eine aus indem er schreibt, dass er „die t-?hemden bei on the streets hat drucken lassen“.
Auch Heidis Freundin „Nicol“ meldete sich auf unserem Blog zu Wort um das menschenfeindliche Weltbild der Hammergäste zur Schau zu tragen; Zitat: “ich als Mutter bin auch gegen Pädophile und ich vertrete auch diese Meinung das es für solche Menschen keine Gnade geben sollte“. Nicole verhält sich dabei wie ihr Freund, nur sie rudert nicht nach vorne sondern zurück: “Meine beste Freundin hat einen dunkelhäutigen Freund und ich verstehe mich bestens mit ihm [außerdem wünscht sie] niemanden den Tod“.
Querverbindungen gibt es auch zum örtlichen Rugbyverein. Rene Werner ist Mitglied bei Rugbyunion, wenn auch kein aktives und der Hammer war vor der Umbenennung das Stammlokal der Spieler und ihrer Freunde. Einer der Rugbyspieler, der immer noch im Hammer verkehrt, ist Andreas Brecht.
Dass er zum „Hammerinventar“ gehört zeigt er durchs offene Tragen der Hammershirts. Im Hammer selber post er laut Gästen damit rum, dass er mal einen Migranten zusammengeschlagen hat und ärgert sich, da er diesem immer noch Schmerzensgeld zahlen muss. Von Reue oder Reflexion keine Spur.
Neben diesen gibt es auch viele namentlich unbekannte Neonazis, die ihre Gesinnung auf T-?Shirts nach Außen tragen. Dabei sind T-?Shirts von neonazistischen Bands wie „Blue Eyed Devils“, „Extreme Hatred“ zu sehen oder andere Bekenntnisse wie „Arbeit macht frei“, „Too white for you“, dem Gedicht „U-?Boot“ aus dem 1. Weltkrieg und natürlich der fast kompletten Sammlung an Thor Steinar Klamotten.
Mittelaltergeschichten
Der Hammer und seine Protagonisten sind auch gern gesehene Gäste bei verschiedenen Mittelalterfesten in Brandenburg und in Berlin. Besonders der Berliner Michael „Der Germane“ Rietschel gibt ihnen trotz Kritik verschiedener Sippen und Vereine immer wieder ein Podium. Bei dem von Rietschel organisierten „5. Wikinger-? und Mittelalterspektakel“ in Berlin-? Pankow im April 2010 zierte das Logo des Hammers sogar das Werbeplakat, obwohl Sippen und Vereine den Hammer kritisieren, vor allem weil er immer wieder Neonazis aufs Fest zieht, darunter Autonome Nationalisten, NPD-?Kader, und unorganisierte Neonazis.
Nachdem wir den Laden verbal angriffen, indem wir ihn in einem Redebeitrag erwähnten, löschte der Wirt nicht nur die Seite der Kneipe, sondern inzwischen auch die Seite des Vereins Mjölnir e.V. Auch auf unserer Webseite agierte Rene Werner, indem er uns mit „rechtlichen Konsequenzen“ drohte, sofern wir unseren Redebeitrag nicht von unserer Homepage entfernen würden.
Andere „Hammer-?Gäste“ konnten sich auch öffentlich zu Wort melden und zeigten Widersprüchlichkeiten beim Thema Neonazigäste („wir feiern mit allen“ bis „hier gibt‘s keine Neonazis“) und der Geschichte der Symboliken (im Konkreten der Schwarzen Sonne). Gerade das Argument des „hier feiern Rechte, Linke und Ausländer gemeinsam“ zeugt von einer Akzeptanz von Neonazis.
Sehr eng befreundet ist Rene Werner mit dem 1. Vorsitzenden des Semnonenbund, Rico Krüger. Rico Krüger ziert auf seinem Oberarm eine Schwarze Sonne und ist bei vielen Partys und Konzerten im Hammer zu Gast. Der Semnonenbund aus Nauen ist in der Öffentlichkeit beliebt, da er die Zeit des germanischen Stammes der Semnonen historisch aufarbeitet. Dadurch werden sie für Veranstaltungen gebucht, in denen es um die Darstellung der Wikinger und Germanen geht.
Dabei ernten sie durchweg positive Resonanz von Seiten des Nauener Bürgermeisters, dem Jugendklub „Wasserwerk“ in Hohen Neuendorf oder auch in den Lokalzeitungen wie der Märkischen Allgemeinen Zeitung. Auch wenn der Semnonenbund aus unserer Sicht keine neonazistische Gruppe darstellt, so gibt es hier mit der Person Rico Krüger Verbindungen zwischen der Mittelalter und der Neonaziszene.
Der Hammer ist ein Sammelbecken für überzeugte Neonazis, rechten Mittelalterfreunden und versucht sich dabei neutral zu geben, um nicht aufzufallen. Wir werden dafür sorgen, dass diese Strategie nicht aufgeht.