BERLINER VORSTADT Tolle Stimmung, aber weniger Besucher als erhofft, so
lautet das Fazit nach dem sechsten Afrika-Festival am Wochenende auf dem
Waschhaus-Gelände. Rund 4000 Menschen kamen in die Schiffbauergasse.
“Eigentlich ist alles perfekt, es fehlen nur mehr Leute”, sagte
Mitveranstalter Volker Mett von der Berliner Agentur Form Art. Er hatte auf
6000 Gäste gehofft. Dennoch sei er “entspannt”, so Mett. “Die Perspektive
für nächstes Jahr ist sehr gut, die Bundeszentrale für politische Bildung
will ihre Unterstützung für das Festival ausbauen”, sagte der
Mitveranstalter. In einer Zeit, in der rechte Schläger in Potsdam wieder
verstärkt Schlagzeilen machen, solle mit dem Festival auch ein Zeichen für
mehr Zivilcourage, Toleranz und Respekt gesetzt werden.
“Wir wollen Afrika positiv präsentieren”, hatte Mett vor Festival-Beginn
versprochen. Das ist gelungen: Schwarze und weiße Kinder, die miteinander
Fußball spielen, Potsdamer, die zum ersten Mal Bananenbier trinken,
Afrikaner und Deutsche, die ausgelassen tanzen und in die Hände klatschen.
Man trinkt äthiopischen Mokka, isst Kochbananen mit Huhn aus Kamerun und
deutschen Stachelbeerkuchen. “Durch das Feiern und Tanzen finden wir
zueinander”, meint Besucherin Christine Eschenbach. “Das ist das
Gegenbeispiel für das permanente Missverstehen”, so die Berlinerin. Auch
Carla aus Costa Rica schwärmt von der “wunderschönen Multikulti-Stimmung”
auf dem Festival. Potsdam habe sie sonst mit Radikalismus und Intoleranz
verbunden. “Man verliert langsam die Angst, hierher rauszukommen”, sagt die
junge Mutter: “Es sollte viel mehr solcher Festivals geben.”
Carla hat sich auf eine Bank am Fluss gesetzt und schaut ihren beiden
Kindern zu, die hingebungsvoll mit Stöcken zwei Trommeln bearbeiten. Das
Kinderprogramm gehörte zu den vielen Angeboten vor den Konzerten am Abend:
afrikanischer Markt, Tanzworkshops, Dia-Vorträge, eine Kunstausstellung.
Für manch einen Besucher war gerade dieses Zusatzprogramm eine Reise wert:
Brigitte Krafft zum Beispiel ist extra wegen der Tanzkurse aus Thedinghausen
(bei Bremen) gekommen. “Das Tanzen macht riesigen Spaß”, sagt die
Tierärztin: “Als ob man das Bewegen neu lernt.” Lehrer Nago Koité und die
Trommler von Saf-Sap, die die Kurse begleiten, sind für sie “Weltklasse”.
Doch zwischen die Festival-Euphorie mischten sich auch Misstöne. Der
Eintritt sei zu teuer, beschwerten sich gerade Potsdamer Interessenten und
machten an der Kasse gleich wieder kehrt. Auch Gildas Dagbeto, Musiker bei
Fôô Fanicks One Roots, beklagt sich: “Zwölf Euro Eintritt sind zu heftig”,
meint der Trommler aus Benin. Wirklich meckern will Dagbeto aber nicht. Die
Stimmung finde er super. “Alle hüpfen, das ist toll”, sagt er. Gerade steht
die tunesische Gruppe Nomad Sound System auf der Bühne. Frauen und Männer
lassen zu den orientalischen Gesängen ihre Hüften kreisen. “Ich hoffe, bei
uns gehen die Leute auch so mit”, sagt Dagbeto.
Sie tun es. Beim Auftritt von Fôô Fanick & One Roots drängen sich die
Menschen vor der Bühne. “Seid Ihr bereit?”, schreit der Sänger mit dem
verfilzten Haarhorn. “Seid Ihr bereit?” Hunderte Arme fliegen in die Luft.
Die leichten Regentropfen scheinen die Besucher gar nicht zu bemerken.