Kategorien
Antifaschismus

Einigende Feindbilder

Seit eini­gen Wochen haben sich, ursprünglich anlässlich der Ukraine-Krise, in ver­schiede­nen deutschen Städten am Mon­tag so genan­nte „Friedens­mah­nwachen“ etabliert, so auch in Berlin. Waren es Mitte März nur knapp hun­dert Teil­nehmer, fan­den sich nach Polizeiangaben am Oster­mon­tag mit­tler­weile rund 1500 Men­schen zu der auch „Mon­tags­demon­stra­tion“ genan­nten Ver­samm­lung am Pots­damer Platz in der Haupt­stadt zusam­men. Doch inhaltlich dominieren weniger Forderun­gen nach Frieden als krude Ver­schwörungs­the­o­rien und Anti­semitismus das Zusammentreffen.

Die Organ­isatoren wie auch viele der Teil­nehmer entstam­men näm­lich dem Spek­trum der Ver­schwörungside­olo­gen, wie der so genan­nten „Truther-Bewe­gung“ aber auch „Reichs­bürg­ern“ und  Anhängern der „Chemtrail“-Theorie. Daneben fan­den sich am Pots­damer Platz sog­ar rund ein Dutzend organ­isiert­er Neon­azis um den Berlin­er NPD-Vor­sitzen­den Sebas­t­ian Schmidtke ein.

Agitation gegen die „fremdgesteuerten“ Medien

Der Kitt der alle zusam­men­bringt, sind anti­semi­tis­che Kap­i­tal­is­muskri­tik und ein ver­schwörungs­the­o­retis­ches Welt­bild, nach dem ange­blich Großkonz­erne und Banken in jüdis­ch­er Hand andere Län­der beset­zt hal­ten. In Berlin konzen­tri­ert sich die Mon­tags­de­mo vor allem auf die Fed­er­al Reserve Bank, welche hin­ter allen Kriegen und Kon­flik­ten steck­en soll, so in der Ukraine oder Syrien. Auch die Medi­en sind Ziel der Agi­ta­tion, da diese „fremdges­teuert“ seien. Neben Teil­nehmern mit Schildern, welche ein Ende der „70-jähri­gen US-Besatzung in Deutsch­land“ oder auf T‑Shirts den Kampf gegen Gehe­im­bünde wie den so genan­nten Illu­mi­nat­en forderten, waren dies­mal auch organ­isierte Neon­azis dabei. Kein Wun­der: Gegen ver­meintliche „Medi­en­lü­gen“ und den „US-Impe­ri­al­is­mus der Banken“ demon­stri­erten bish­er vor allem beken­nende Rechtsextremisten.

Ange­führt wurde der Tross vom Berlin­er NPD-Lan­deschef Sebas­t­ian Schmidtke und der lokalen Vor­sitzen­den des „Rings Nationaler Frauen“ (RNF) Maria Fank. Bei­de freuten sich sichtlich über den Zus­pruch zu ihren klas­sis­chen NPD-Forderun­gen. Unter den Neon­azis im Schlepp­tau von Schmidtke befan­den sich aus Berlin unter anderem der hafter­fahrene Gewalt­täter Chris­t­ian B. und der ehe­ma­lige Recht­ster­ror­ist Mar­cus Alexan­der B. In jüng­ster Zeit fiel Chris­t­ian B. regelmäßig mit Pro­voka­tio­nen gegen linke Fans des „SV Babels­berg 03“ auf: Zulet­zt ver­suchte er mit weit­eren sieben Neon­azis beim Halb­fi­nale des Lan­despokals in Schöne­iche die Fans des SVB anzu­greifen, wobei zwei der Täter durch die Polizei festgenom­men wurden.

Sprachrohr der rechten Verschwörungskreise

Mar­cus B. dage­gen stand im ver­gan­genen August im Fokus der recht­slasti­gen Zeitschrift „Com­pact“, deren Chefredak­teur Jür­gen Elsäss­er an diesem Mon­tag sog­ar auf der Berlin­er Ver­samm­lung sprach und gegen „die Finan­zoli­garchie“ aus Rock­e­feller, Roth­schild und so weit­er wet­terte. „Com­pact“ gilt als ein Sprachrohr der recht­en Ver­schwörungskreise. Der Autor Kai Voss bezichtigte in dem Heft Mar­cus B. der Spitzeltätigkeit für den Ver­fas­sungss­chutz. Im aktuellen NSU-Ver­fahren geht es auch um Infor­ma­tio­nen durch einen Spitzel „Stauf­fen­berg“, hin­ter dem sich laut Voss der Berlin­er Neon­azi Mar­cus B. ver­ber­gen soll.

Auch aus Bran­den­burg waren NPD-Poli­tik­er angereist, um an der braunen „Friedens­mah­nwache“ teilzunehmen: Aus Ober­hav­el kamen neben dem Kreis­press­esprech­er der NPD Steve Schmidt weit­ere Begleit­er aus Oranien­burg und Vel­ten. Unter ihnen NPD-Kan­di­dat­en für die Bran­den­burg­er Kom­mu­nal­wahl am 25. Mai wie Robert Wolin­s­ki (Kan­di­dat für den Kreistag Ober­hav­el und das Stadt­par­la­ment Vel­ten) und Manuel Bar­tel (Kan­di­dat für das Stadt­par­la­ment Oranien­burg). ?Szeneken­ner bericht­en, dass Robert Wolin­s­ki in den ver­gan­genen Jahren Neon­azi-Konz­erte in Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Bran­den­burg organ­isiert haben soll. Im Novem­ber 2011 durch­suchte die Polizei bei ihm zudem Räume, die als Lager für ille­gale Musik-CDs der Recht­srock-Band DST („Deutsch, Stolz, Treue“) fungiert haben sollen. (bnr.de berichtete)

Reden kon­nten die Recht­sex­trem­is­ten am Oster­mon­tag in Berlin allerd­ings nicht, den­noch störte sich offen­sichtlich nie­mand an ihrer Anwe­sen­heit. Im Inter­net find­et ihr Auftritt sog­ar Vertei­di­ger, die meinen, dass auch die Neon­azis das Recht hät­ten, dort teilzunehmen. Denn in klas­sis­chem „Querfront“-Denken wird dabei nicht nur gegen eine Aufteilung in „Links und Rechts“ argu­men­tiert, son­dern ein Zusam­men­schluss gegen einen gemein­samen Feind eingefordert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Inforiot