(MAZ) POTSDAM Die rot-schwarzen Koalitionspartner haben sich auf neue Schwerpunkte
im Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit geeinigt. Das geht
aus dem überarbeiteten 19-seitigen Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg”
hervor, das Bildungsminister Holger Rupprecht und Bildungsstaatssekretär
Martin Gorholt (beide SPD) gestern in Potsdam präsentierten.
Man wolle künftig die Vernetzung der landesweiten Projekte für ein
tolerantes Brandenburg fördern, sagte Rupprecht. Weiterer Schwerpunkt:
Kinder sollen früher als bisher Toleranz und soziale Kompetenz lernen. Dafür
stehen in diesem Jahr 1,15 Millionen Euro bereit. Das Handlungskonzept habe
in den vergangenen Jahren schon Erfolge gezeigt, so der Minister: “Die Zahl
der rechtsextremem Vorfälle an Schulen ist von 257 im Schuljahr 2000/01 auf
rund 80 im vergangenen Schuljahr zurückgedrängt worden.”
Die Bilanz fällt allerdings nicht bei allen Beteiligten im Kampf gegen
Rechtsextremismus gleich positiv aus. Der Vorsitzende des Aktionsbündnisses
gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, Heinz-Joachim
Lohmann, hatte das überarbeitete Konzept der Landesregierung bereits am
Vortag scharf kritisiert. Es sei ein “Brandenburg-ist-schön-Papier”, in dem
keine gezielten Maßnahmen gegen Rechtsextremismus benannt würden. Zudem
fehlten darin unter anderem auch eine Bestandsaufnahme von Problemregionen
in Form eines Atlas. Unzufrieden ist Lohmann auch mit der Finanzierung. Über
die Verwendung der Projektmittel des Aktionsbündnisses entscheidet
inzwischen nicht mehr das Bündnis als landesweiter Zusammenschluss aller
gesellschaftlich relevanten Gruppen im Kampf gegen Neonazismus selbst,
sondern ein “Förderbeirat” mit Sitz im Ministerium.
Bildungsminister Rupprecht wies die Kritik von Lohmann gestern als
“Einzelmeinung” zurück. Er sei “verärgert” über die unsachliche Kritik. In
der Tat steht Lohmann mit seiner Kritik eher allein. Der Leiter des Mobilen
Beratungsteams, Wolfram Hülsemann, lobte das Konzept als “Konsens der
Demokraten, über Parteigrenzen hinweg”. Das sei in dieser Form “bundesweit
einmalig”. Zufrieden äußerte sich auch Alfred Ross, Geschäftsführer der
Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule
(RAA). “Mit dem Konzept werden die Initiativen vor Ort gestärkt.” Lohmanns
Kritik wies Roos, der auch im Vorstand des Aktionsbündnisses sitzt, zurück.
“Das ist die Meinung von Herrn Lohmann — nicht vom Aktionsbündnis.”
Landesregierung überarbeit Konzept gegen Rechtsextremismus
(MOZ) Potsdam (ddp) Die Landesregierung will die Auseinandersetzung mit dem
Rechtsextremismus im Land wirkungsvoller und zielgenauer machen. Deshalb
wurde das Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg” überarbeitet. Das neue
Konzept unter dem Titel “Tolerantes Brandenburg — für eine starke und
lebendige Demokratie” wurde vom Kabinett am Dienstag in Potsdam beschlossen.
Obwohl die Regierungsparteien SPD und CDU seine Fortschreibung im
Koalitionsvertrag vereinbart hatten, kam inzwischen Kritik von der
CDU-Fraktion. Das “Tolerante Brandenburg” sei ein “politisches
Auslaufmodell”, bemängelte der innenpolitische Sprecher Sven Petke.
Grünen-Landeschef Joachim Gessinger sagte, in dem Papier seien keine
Verbesserungen zum Status quo erkennbar.
Der Koordinator des Konzepts innerhalb der Landesregierung,
Bildungsstaatssekretär Martin Gorholt, betonte bei der Vorstellung des
Konzepts, bestehende Projekte gegen den Rechtsextremismus würden durch das
Konzept besser vernetzt. Vor allem die Schulen und die Landeszentrale für
politische Bildung würden noch stärker einbezogen.
Die Auseinandersetzung mit Rechts soll der Konzeption zufolge innerhalb der
Landesregierung, mit den kommunalen Verbänden, mit dem Mobilen Beratungsteam
(MBT), dem Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit, der Opferperspektive und den Regionalen Arbeitsstellen
für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule (RAA) besser koordiniert
werden. Die sechs über das Land verteilten Büros für Integration und
Toleranz bekommen die Federführung für schulbegleitende Maßnahmen. Die
Erziehung zu Toleranz soll schon in der Kita beginnen.
Dem “Toleranten Brandenburg” stehen in diesem Jahr insgesamt 1,15 Millionen
Euro zur Verfügung. Davon sind 220 000 Euro aus Lottomitteln für lokale
Initiativen vorgesehen. Ein Dreier-Gremium mit dem Vorsitzenden des
Aktionsbündnisses, Heinz-Joachim Lohmann, der Ausländerbeauftragten Almuth
Berger sowie der Leiterin der Koordinierungsstelle “Tolerantes Brandenburg”
im Bildungsministerium, Angelika Thiel-Vigh, entscheidet über die
Mittelvergabe.
Die Aktivitäten in Verbindung mit dem “Toleranten Brandenburg” hätten an
neue Herausforderungen angepasst werden müssen, sagte Bildungsminister
Holger Rupprecht (SPD). Rechtsextremisten hätten ihr Auftreten geändert,
erläuterte er. Sie versuchten nun als Biedermänner “verkleidet”, ihre
Feindbilder und Parolen bei Bürgerversammlungen, in
Schülerzeitungsredaktionen oder in Kita-Elternversammlungen einzubringen.
Von dieser Strategie gehe eine noch “größere Gefahr” aus.
Rupprecht wies aber auch darauf hin, dass der Rechtsextremismus an vielen
Orten zurückgedrängt worden sei. So sei die Zahl der von Schulen gemeldeten
rechtsextremen Vorfälle von 257 im Schuljahr 2000/2001 auf 80 im vergangenen
Schuljahr zurückgegangen