(Verfassungsschutz Brandenburg, 26.10.) Unter den Parteien, Wählergruppen und Vereinen, die in großer Zahl zur brandenburgischen Kommunalwahl antraten, waren auch vier extremistische Organisationen: die rechtsextremistischen Parteien “Deutsche Volksunion” (DVU), “Nationaldemokratische Partei Deutschlands” (NPD) und “Die Republikaner” (REP) sowie die linksextremistische “Deutsche Kommunistische Partei” (DKP).
Konnten sie von der niedrigen Wahlbeteiligung (46 %) und der verbreiteten Politikverdrossenheit profitieren, wie sonst in vergleichbaren Situationen? Nur in geringem Maße. Im Landesdurchschnitt erreichten sie lediglich Werte zwischen 1,0 % (so die DVU) und 0,01 % (so die DKP). Aber da sie überhaupt nur in einzelnen Wahlgebieten kandidierten, waren die Ergebnisse vor Ort jeweils deutlich höher. Immerhin errang die DVU insgesamt 8 Sitze in 6 Kreistagen und 1 Sitz in der Stadtverordnetenversammlung der kreisfreien Stadt Potsdam, die NPD 4 Sitze in 3 Kreistagen.
Sehr allgemeine Wahlkampfparolen
Von einer kommunalen Verankerung der extremistischen Parteien kann keine Rede sein. An den Wahlen zu Gemeindevertretungen und zu Stadtverordnetenversammlungen kreisangehöriger Städte beteiligten sie sich dieses Mal nur punktuell — so etwa die NPD, die sich um Mandate auch in Wittstock bewarb. Nur hier wurde ihre Wahlpropaganda ein wenig konkreter: Die NPD erklärte, sich für die Förderung des Tourismus und gegen das so genannte “Bombodrom” einzusetzen. Ihr Kandidat Mathias Wirth — gegen ihn läuft, weil er an gewalttätigen Ausschreitungen im Oktober 2001 in Wittstock beteiligt war, derzeit ein Verfahren wegen Landfriedensbruchs und anderer Delikte — wird in die Stadtverordnetenversammlung einziehen.
Ansonsten blieb die Wahlwerbung dieser und der anderen extremistischen Parteien sehr allgemein. Konkrete, realisierbare Politikangebote sind bei ihnen regelmäßig Mangelware. Vielmehr neigen sie dazu, das politische System generell zu verdammen und es für alle Übel in der Welt verantwortlich zu machen. Entsprechend fielen schon die wenigen NPD- und REP-Vertreter in den brandenburgischen Kommunalvertretungen der vergangenen Wahlperiode vor allem durch Desinteresse und Schweigsamkeit auf, denn zu den konkreten Problemen vor Ort hatten sie meist keine Meinung.
So verstand sich die NPD im Wahlkampf wieder mit großtönendem Anspruch “als das Sprachrohr der Millionen, die sich von den Volksvertretern der etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen”. Sie forderte “Arbeitsplätze statt Globalisierung” und verkündete ein “Nein zur Osterweiterung!”, sprach also Themen an, die auf kommunaler Ebene ohnedies nicht entschieden werden können.
In den Wahlpapieren der DVU herrschten die bekannten populistischen Losungen vor. Oft verwies man schlicht auf die “Mutterpartei” und somit auf den DVU-Vorsitzenden, Dr. Gerhard Frey. Immerhin versprach die DVU den Kommunen freigebig finanzielle Entlastungen, doch erschöpften sich die Vorschläge zur Gegenfinanzierung in demagogischen Anklagen gegen “Politikergehälter”, “Mahnmale”, “Asylbetrüger” usw.
Die DKP begründete mit ihrem theoretischen Instrumentarium, dass umstürzende Veränderungen in der Welt auf der kommunalen Ebene beginnen müssten. In ihrem Wahlprogramm hieß es: “Der Widerstand gegen eine Politik der Hochrüstung, des Sozialabbaus und der Umverteilung von unten nach oben beginnt in der Kommune. Hier sollen Initiativen und Aktivitäten dagegen durchgesetzt werden.”
Absichten und Wünsche
Die Beweggründe, an Wahlen teilzunehmen, sind bei extremistischen Parteien recht unterschiedlich.
Bemerkenswert ist, dass sich überhaupt erstmals DVU-Kandidaten um kommunalpolitische Mandate in Brandenburg bemühten. Denn gemeinhin ist die DVU kaum an dieser Ebene der Politikgestaltung interessiert, sondern konzentriert sich auf Wahlkämpfe, die mehr Schlagzeilen versprechen. Doch ihr Erfolg bei der Wahl in Bremerhaven am 28. September — sie erhielt einen Stimmenanteil von 8,1 % — und die Vorausschau auf die brandenburgische Landtagswahl im nächsten Jahr waren der DVU wohl Ansporn genug, sich auch bei den Kommunalwahlen in Erinnerung zu rufen. Eine lokalpolitische Bindung der DVU-Bewerber ließ sich jedoch nicht erkennen.
Die NPD hingegen wollte offensichtlich auch diese Wahlen benutzen, um ihre Anhängerschaft — die über den Kreis der Mitglieder hinaus vor allem in die neonazistisch geprägte oder angetönte Jugendszene reicht — zu motivieren und zu mobilisieren. Sie setzte dabei auf die Zugkraft von Kandidaten, die in einschlägigen Kreisen, aber auch in ihrem Lebensumfeld recht gut bekannt sind.
Die Bilanz
So gewann der NPD-Landesvorsitzende Mario Schulz in seiner Prignitzer Heimatgemeinde Cumlosen 6,4 % der Stimmen. Insgesamt bekam die NPD im Landkreis Prignitz 2,8 %. In den Landkreisen Oder-Spree und Oberhavel gewann sie 2,9 % bzw. 2,7 %. Diese Ergebnisse sind für die bei Wahlen oft sehr schwach abschneidende Partei noch beachtlich.
Übertroffen wurde sie von der DVU. Ihr bestes Kreisergebnis erzielte diese mit 4,3 % im Landkreis Oberspreewald-Lausitz, das zweitbeste mit 3,7 % im Landkreis Elbe-Elster; hier wie dort gewann sie je 2 Kreistagsmandate. Damit bestätigt sich ein weiteres Mal, dass die DVU vor allem im Süden Brandenburgs gewisse Wählerschichten anspricht. Schwächer zeigte sie sich in den Landkreisen Märkisch-Oderland
(2,4 %), Potsdam-Mittelmark (2,1 %), Teltow-Fläming (1,4 %) und Oder-Spree (1,0 %) sowie in Potsdam (1,5 %), doch reichte das noch für je ein Mandat. Allein im Landkreis Oder-Spree konkurrierten mit der DVU nicht nur die NPD, sondern auch die REP. Die Letzteren bekamen nur
0,6 %. Da die REP sonst nirgendwo für Kreistage kandidiert hatten, blieben sie landesweit ohne ein entsprechendes Mandat.
Die DKP war allein in Potsdam angetreten. Sollte sie gehofft haben, hier genügend stramme Kommunisten von einst zu finden oder politisch Unzufriedene aus dem städtischen und studentischen Milieu interessieren zu können, so wurde sie bitter enttäuscht: Sie erreichte nicht einmal 0,3 % der Stimmen.
Menschen, die mit den etablierten Parteien unzufrieden sind, gab es am Wahltag nicht wenige. Doch die meisten von ihnen entschieden sich, sofern sie überhaupt wählen gingen, nicht etwa für eine extremistische Partei, sondern eher für eine der vielen Wählergemeinschaften und
‑initiativen. Deren Stimmenanteil stieg deutlich an. Hingegen bleiben die Extremisten, jedenfalls gemessen an den Wahlergebnissen, ein Randphänomen.