PRENZLAU. Es war ein kurzer, ein sehr kurzer Auftritt der NPD. Er dauerte gestern Nachmittag in Prenzlau bei der konstituierenden Sitzung des uckermärkischen Kreistages nicht einmal zehn Minuten. “Ich verzichte darauf, die Sitzung zu eröffnen”, sagte Irmgard Hack schließlich, nachdem sie mehrfach vergeblich versucht hatte, über die Bankenkrise und weltweite Rezession zu polemisieren. Dagegen protestierten etliche Abgeordnete lautstark.
Hack war mit ihren 72 Jahren die Alterspräsidentin. Das Problem: Eine große politische Grundsatzrede zu halten gehört tatsächlich nicht zu ihren Aufgaben.
Dass es keine gewöhnliche Sitzung des Kreistages sein würde, zeigten schon die beiden Polizeiwagen vor der Kreisverwaltung. Gegner von Neonazis hatten zu Protesten aufgerufen. Anhänger der NPD waren ebenso erwartet worden.
Der Umgang mit rechtsextremen Parteien gehört zu den künftigen schwierigen Aufgaben der Kommunalparlamente in Brandenburg. In 13 von 14 Landkreisen sind NPD oder DVU vertreten, dazu in den Stadtverordnetenversammlungen von Potsdam und Cottbus. Als Vorteil sehen es viele, dass es die Rechtsextremisten in keinem Kreistag geschafft haben, vier Sitze — und damit Fraktionsstärke — zu erringen. Damit haben sie keinen Sitz in den wichtigen Ausschüssen, die über den Haushalt, die Wirtschaftsentwicklung oder Bauvorhaben entscheiden. Zudem können sie viel weniger Anträge stellen als die Fraktionen.
In Dahme-Spreewald haben die Fraktionen sich bereits auf den Umgang mit der NPD geeinigt. “Es soll bei Abstimmungen von Anträgen der NPD die Geschlossenheit der demokratischen Parteien erreicht werden”, sagte Martin Wille, der Vorsitzende der SPD-Fraktion.
Dabei hätte es auch in Dahme-Spreewald leicht zur Alterspräsidentschaft eines NPD-Funktionärs kommen können. 4,6 Prozent bescherten den Rechtsextremisten drei Abgeordnetensitze. “Aber unser Ältester ist ein 80-jähriger Abgeordneter der Linkspartei”, erklärte Wille. “Alle Fraktionen haben die Daumen gedrückt, dass er bis zur ersten Sitzung des neuen Kreistages gesund bleibt, sonst hätte die Funktion ein NPD-Mann übernommen.”
In Prenzlau hatte der bisherige Kreistags-Vorsitzende Roland Resch (Grüne) schon im Vorfeld erklärt, er werde es nicht zulassen, dass Frau Hack bei der konstituierenden Sitzung von der Geschäftsordnung abweiche und ihren Auftritt für politische Zwecke missbrauche. “Sie haben laut Geschäftsordnung nicht die Möglichkeit, einen Redebeitrag zu halten. Sie müssen die Sitzung eröffnen”, rief er gestern der NPD-Frau zu.
Im voll besetzten Saal hatten mehrere Neonazis Platz genommen, die den Auftritt von Hack beklatschten. Im Zuschauerraum hatten sich allerdings auch viele offensichtlich links gerichtete Jugendliche versammelt. Sie hielten rote Karten mit der Aufschrift “Rote Karten für Neonazis” in die Höhe.
Eigene Erfahrungen
In Elbe-Elster gibt es jetzt drei statt zwei DVU-Abgeordnete. “Die DVU hat sich in der Vergangenheit zu fast keinem Thema geäußert”, sagte Holger Fränkel von der Kreisverwaltung. “Auch jetzt haben die DVU-Leute nur angekündigt, sie wollten juristisch dagegen vorgehen, dass die Fraktionsstärke von drei auf vier Sitze erhöht wurde.”
Auch in Oder-Spree äußerten sich die drei NPD-Leute bei der ersten Sitzung nicht inhaltlich, sondern nur zur Tages- und Geschäftsordnung. “Die anderen Fraktionen wollen sich weiterhin klar von deren Anträgen distanzieren”, sagte SPD-Fraktionschefin Monika Kilian. Dies sei kein Problem. “Die Anträge haben meist nichts mit demokratischen Vorstellungen zu tun.”
In Dahme-Spreewald lobte SPD-Fraktionschef Wille den Auftritt des Alterspräsidenten von der Linkspartei. “Er hat die Möglichkeit genutzt und eine klare, emotionale Rede gehalten. Er hat aus seinen Erlebnissen aus der Nazizeit erzählt und vor den Neonazis gewarnt.” Eine Überraschung gab es allerdings auch in Lübben. Bei der anschließenden Wahl zum Kreistagsvorsitzenden habe die NPD einen Gegenkandidaten zum SPD-Kandidaten aufgestellt. Der NPD-Mann bekam vier Stimmen — eine mehr, als die Rechtsextremisten Sitze haben. “Das war unangenehm”, räumte Wille ein.
Am Eingang des Saals in Prenzlau stand ein roter Plastikeimer, auf dem mit schwarzer Farbe “Müll” geschrieben stand. Im Eimer steckte ein Plakat: “NPD-Parteivorschläge. hier”, war darauf zu lesen.