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Endlich die richtigen Schlüsse ziehen…

Nun ist es wieder soweit: Nach mehrjähriger Absti­nenz demon­stri­ert die NPD wieder ein­mal in Frank­furt (Oder) und besucht die selb­ster­nan­nte Kleist­stadt am Gren­zfluss mit ihrem nationalen Straßen­zug. Monate zuvor ent­deck­ten die “aufrichti­gen Demokrat­en” durch die anti­semi­tis­che Gedenkstein­schän­dung am 9. Novem­ber die braune Gefahr. Allen voran schwadroniert nun der Ober­bürg­er­meis­ter der Stadt, Mar­tin Patzelt (CDU), mit Blick auf den 27.1. lau­thals von Blockaden.

Mit­tler­weile kön­nen wir aber nichts mehr vom „Stadt­vater“ erwarten. Allein im Jahr 2006 hat ihn wed­er der Fre­itod eines Hartz‑4 Empfängers, die Ermor­dung eines Obdachlosen, noch der Fen­ster­sprung mit darauf fol­gen­der Quer­schnittsläh­mung eines Migranten geschockt. Eine öffentliche Diskus­sion über die Ursachen hat nie stattgefunden.

Auch mit den Prob­le­men des Recht­sex­trem­is­mus wur­den die Opfer alleine gelassen. Nazi­ak­tiv­itäten in der Stadt wur­den ver­harm­lost oder tot­geschwiegen. Die Reor­gan­i­sa­tion der NPD sowie die Formierung recht­sex­trem­istis­ch­er Ultras rund um den Fußbal­lvere­in FFC Vik­to­ria Frank­furt (Oder) wurde zu keinem Zeit­punkt ernst genommen.

Stattdessen wur­den Antifaschist_innen zu jed­er erden­klichen Möglichkeit krim­i­nal­isiert und mit Repres­sio­nen über­zo­gen. Eine alter­na­tive Jugend­szene wurde in ihren Anfän­gen erstickt. Beispiele dafür gibt es viele: Die Haus­be­set­zung der „Vil­la Rosa“ im Jahr 2005 wurde mit SEK-Ein­satz been­det, in der radikalen Linken wurde ein Spitzel instal­liert und gegen Antifas wird zur Eröff­nung eines Ver­fahrens zur Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung ermit­telt. Erst kür­zlich wurde durch die veröf­fentlichte Doku­men­ta­tion eines Anwer­bev­er­suchs durch den Ver­fas­sungss­chutz deut­lich, was Vater Staat vom antifaschis­tis­chen Engage­ment wirk­lich hält.

Seit der Schän­dung des Syn­a­gogenge­denksteines im Stadtzen­trum zeigen sich die Lokalpolitiker_innen geschockt über die anti­semi­tis­chen Kräfte in der Stadt. Schnell wurde über Konzepte und Möglichkeit­en gere­det, die den „Ewiggestri­gen“ ein Ende set­zten sollen. Auch die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen ste­ht dabei zur Debatte.

Zudem war es offen­sichtlich, dass z.B. der Ober­bürg­er­meis­ter das Prob­lem nicht beim Recht­sex­trem­is­mus an sich sah, son­dern viel mehr bei dem bun­desweit­en Imagev­er­lust und den damit ent­stande­nen Schaden am Wirtschafts­stan­dort Frank­furt (Oder). Solange aber nicht der Anti­semitismus mehr zu bekla­gen ist, als irgendwelche Wirtschaftss­chä­den, sind die Reden des OB für eine demokratis­che und tol­er­ante Gesellschaft nur als pure Heuchelei zu beze­ich­nen. Es ist der Ver­such, aus Scheiße Gold zu machen – mehr nicht.

Worin liegt unser Prob­lem? Die Stad­to­beren scheinen bei ihrem Gerede für Demokratie und Tol­er­anz zu vergessen, dass die Ursachen für den Recht­sex­trem­is­mus tief in der Gesellschaft ver­ankert sind: 45% der in Bran­den­burg leben­den Men­schen denken, dass es hier zu viele Ausländer_innen gebe. Para­dox­er­weise liegt die Immigrant_innenquote in Bran­den­burg nur knapp über 2%.
Zugle­ich erliegt ein Großteil der Deutschen einem nationalem Super­hype: 30% ver­lan­gen ein hartes Durch­greifen gegenüber dem Aus­land, um deutsche Inter­essen durchzuset­zen. Über 28% sehen das ober­ste Ziel deutsch­er Poli­tik darin, der BRD inter­na­tion­al die Macht und Gel­tung zu ver­schaf­fen, die ihr zuste­ht. Auch wenn sich knapp 15% der Deutschen von Natur aus anderen Völk­ern über­legen fühlen, denken mehr als 38% der deutschen Bevölkerung, dass man doch endlich mehr Mut zu einem starken Nation­al­ge­fühl haben sollte. Da über­rascht es wenig, dass mehr als 10% der Deutschen auch gute Seit­en im Nation­al­sozial­is­mus sehen kön­nen. Bei stark­er Arbeit­slosigkeit seien doch bitteschön die Ausländer_innen wieder in ihre Heimat zu deportieren, darin sind sich 35% der deutschen Staatsbürger_innen einig.* Soviel also zu Sätzen wie: „Aus der Geschichte wurde gel­ernt, blabla…“

Auch die CDU, der Mar­tin Patzelt als Frank­furter OB ange­hört, provoziert durch Leitkul­tur­de­bat­ten und Patri­o­tismuskam­pag­nen und ist so mitver­ant­wortlich für ras­sis­tis­che Ten­den­zen in der Mitte der Gesellschaft. Durch sie wurde das Recht auf Asyl prak­tisch abgeschafft. Islam­o­phobe Gesin­nun­gen sind durch die Debat­te um den Türkei-Beitritt erkennbar gewor­den: Ein Land mit islamis­ch­er Reli­gion sei nicht mit der abendländis­chen, christlichen Kul­tur vere­in­bar und gehöre deshalb nicht in die EU, habe deshalb also auch kein Anspruch auf den €päis­chen Lebens­stan­dart. Auf das Brück­en bauen zwis­chen zwei Kul­turen wird verzichtet und somit auch auf die Chance, einen Dia­log mit der ara­bis­chen Welt eröff­nen zu können.

Auch Anti­semitismus ist der CDU nicht fremd: Nor­bert Blüm, ehe­ma­liger Arbeitsmin­is­ter, spricht von einem „hem­mungslosen Ver­nich­tungskrieg“ Israels und set­zt damit deutsche Kriegsver­brechen mit dem Recht auf Selb­stvertei­di­gung — für die Exis­tenz — des jüdis­chen Staates gle­ich. So wird deutsche Geschichte rel­a­tiviert, gle­ichge­set­zt und ver­harm­lost. Deutsch­land sei damals nicht anders gewe­sen, wie andere Län­der, beson­ders Israel, also das Land der dama­li­gen Opfer, heute.

Nun find­et am 27.1.2007 der Lan­desparteitag der CDU in Frank­furt (Oder) statt. Dies ist zugle­ich der Anlass für die NPD eine Demon­stra­tion vor Ort durchzuführen. Natür­lich ver­sucht sie durch die Anlehnung an den CDU Parteitag ihr anti­semi­tis­ches Anliegen zu ver­schleiern, um so ein möglich­es Ver­bot des Auf­marsches zu umge­hen. Doch es ste­ht nicht außer Frage, dass das Datum, der 27.1.07, für die NPD sym­bol­is­chen Wert hat und damit der eigentliche Grund der Demon­stra­tion ist. Es ist der Befreiungstag des Konzen­tra­tionslagers Auschwitz, welch­es Sinnbild für den Ver­nich­tungskrieg der Deutschen ist. Es ist der Ort, an dem die Deutschen ohne Gewis­sens­bisse ihr bes­tialis­ches Werk, die Endlö­sung der Juden­frage, zu real­isieren dro­ht­en. Dort richteten sie auf unvorstell­bar­er Weise u.a. sechs Mil­lio­nen unschuldige Jüdin­nen und Juden hin, egal ob Frau, Mann, egal ob jung oder alt. Aber nicht nur sie wur­den dort ver­gast, auch Kommunist_innen, Homo­sex­uelle, Sin­ti und Roma, die pol­nis­che Intel­li­genz sowie christliche Gegner_innen des Regimes vie­len dort dem Größen- und Ver­nich­tungswahn des nation­al­sozial­is­tis­chen Deutsch­lands zum Opfer.

Mit­tler­weile ist der 27.1. zum inter­na­tionalen Gedenk­tag für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus gewor­den. Die NPD wird indes bei der Demon­stra­tion in Frank­furt (Oder) ein­mal mehr ver­suchen, die Ver­brechen für ihre Poli­tik umzudeuten. Damit wer­den die Opfer ver­höh­nt und verspot­tet. Zudem wird es die NPD als einen Erfolg ver­buchen, wenn es gelingt, eben an diesem Tag über­haupt demon­stri­eren zu dürfen.

Auf der anderen Seite erscheint es frag­würdig, warum die Lan­des-CDU sich genau diesen Tag aus­sucht, um ihr zukün­ftiges Pro­gramm und diverse Per­son­al­fra­gen zu disku­tieren. Sie selb­st beschreibt sich als christ­demokratisch, doch wür­den wirk­liche Demokrat_innen den Tag nutzen, um den Opfern angemessen zu gedenken, statt partei­in­terne Machtkämpfe auszu­tra­gen. Dass dabei sog­ar die tra­di­tionelle Gedenkver­anstal­tung für die Auschwitzbe­freiung umziehen muss, weil eben genau die CDU an diesem Ort, dem Kleist­fo­rum, ihren Parteitag abhal­ten will, ist eine weit­ere zu kri­tisierende Tatsache.

Wir fordern dich deshalb auf, den Kampf für ein selb­st­bes­timmtes Leben hier in Frank­furt (Oder) und ander­swo zu unter­stützen. Versperre der NPD den Weg, um ihre Demon­stra­tion so zum Scheit­ern zu brin­gen. Der NPD den Weg zu block­ieren muss aber auch heißen, kon­se­quent die deutschen Ver­hält­nisse anzu­greifen, um den seit Jahrzehn­ten aufk­om­menden Nation­al­is­mus zu stop­pen, die Emanzi­pa­tion des Men­schen zu ermöglichen und aus der deutschen Schuld die richt
igen Schlüsse zu ziehen. Sechs Mil­lio­nen Juden sind wir das schuldig.

Also: seid keine Deutschen, seid Men­schen! Kom­mu­nis­mus statt Volkstümelei!

ISKRA Frank­furt (Oder) — www.iskra-ffo.de

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