Lacoma — In dem vom Braunkohleabbau bedrohten südbrandenburgischen Lacoma
hat gestern der Abriss begonnen. Am Morgen sei ein erstes Haus abgetragen
worden, bestätigten Naturschützer und der Sprecher des Energiekonzerns
Vattenfall, Rainer Knauber. Wann weitere Häuser abgerissen werden, ist noch
offen. Dies hänge von den Verhandlungen mit den Naturschützern ab, sagte
Knauber. Etwa 100 Aktivisten hatten gegen die Abbaggerung des Cottbuser
Ortsteils und des dortigen geschützten Teichgebiets friedlich protestiert.
Vattenfall sagte gestern zu, zunächst auf den Abriss weiterer Gebäude zu
verzichten. “Wir führen Gespräche mit dem Ziel, den Hausfriedensbruch zu
beenden”, sagte Knauber. Es werde ein Ersatzstandort für die derzeit
besetzte Kulturscheune gesucht. “Wir hoffen auf ein Entgegenkommen zu diesem
verbindlichen Angebot”, sagte Knauber. Er unterstrich jedoch zugleich, der
Konzern werde notfalls mit allen rechtlichen Mitteln seine Interessen
durchsetzen.
Ein Sprecher der Naturschützer betonte, die Kulturscheune und das
benachbarte Gebäude seien für das kulturelle und soziale Leben im Ort
besonders wichtig. “Wir sehen Verhandlungsspielraum.” Die Situation vor Ort
sei “sehr friedlich und ohne Gewalt. Wir wollen verhandeln und reden.”
Der Ort und das Gebiet der Lacomaer Teiche soll von 2005 an dem Tagebau
Cottbus-Nord weichen. Vorher muss eine Entwässerungsleitung für die
Kohlegrube verlegt werden. Hierzu steht aber das wasserrechtliche
Planfeststellungsverfahren noch aus. “Die Abrisse sind zurzeit reine
Willkür, so lange die Entwässerungsleitungen gar nicht genehmigt sind”,
sagte René Schuster vom Lacoma-Verein. Dagegen betonte Vattenfall-Sprecher
Knauber, für die Ortslage Lacoma lägen alle Genehmigungen vor. Dort könne
entwässert und abgebaggert werden.
In Bezug auf die etwa 90 Hektar großen Lacomaer Teiche steht noch eine
Entscheidung über die Ausweisung als Schutzgebiet nach der €päischen
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) aus. Im Teichgebiet leben viele
bedrohte Arten, darunter die größte Population der Rotbauchunke in
Brandenburg. Erst kürzlich entdeckten Wissenschaftler dort die seltene
Käferart “Eremit”.
In Lacoma wohnen etwa 40 junge Leute und eine alteingesessene Familie. Das
bereits vor der Wende geräumte Lacoma war vor zehn Jahren von
Naturschützern, Künstlern und anderen jungen Leuten besetzt worden. Sie
erhielten vom Bergbauunternehmen Laubag befristete Miet- und
Nutzungsverträge. Diese liefen für die Kulturscheune und einige andere
Häuser zum 30. September aus. Die Übergabe sollte am 1. Oktober sein, wurde
jedoch verschoben. Der Ort ist bereits zur Hälfte abgeräumt.