POTSDAM Für einen Moment schien es so, als könnte sich das rechtsextreme
Parteienlager in Brandenburg spalten: Die rechtsextreme DVU-Fraktion im
Landtag stimmte vor zwei Wochen überraschend gemeinsam mit den
demokratischen Parteien in erster Lesung für das Gräbergesetz, mit dem
Neonazis-Aufmärsche am Soldatenfriedhof in Halbe (Dahme-Spreewald) künftig
verhindert werden sollen. Die rechtsextreme NPD — die Halbe gern als
Aufmarschbühne missbraucht und mit der die DVU seit Juni 2004 eine
wahlstrategische Partnerschaft eingegangen ist — war verwirrt. So kam es,
dass nach kurzer Intervention — so Informationen der MAZ — die DVU im
Parlament in der entscheidenden Abstimmung das Gesetz plötzlich doch
ablehnte, ganz im Sinne der verfassungsfeindlichen NPD, die sich seit dem
vergangenen Jahr noch unverblümter als zuvor gewaltbereiten Neonazis
geöffnet hat. Den wegen Körperverletzung mehrfach verurteilten Neonazi
Thorsten Heise hat die NPD sogar ihren Bundesvorstand aufgenommen.
Dass sich an diesem Schulterschluss beider rechtsextremen Parteien bis zur
vorgezogenen Bundestagswahl im September etwas ändern wird, ist nicht zu
erwarten: Wie geplant, wird wohl die NPD bundesweit zur Wahl antreten und
auf die Unterstützung von DVU-Sympathisanten zählen, während die DVU sich
nicht zur Wahl stellt.
Einzelne Abgeordnete der rechtsextremen DVU im Brandenburger Landtag wie
Michael Claus, denen die Nähe zur NPD anfangs nicht geheuer war und die sich
mit gewaltbereiten Neonazis sowie der NPD nicht gemein machen wollten,
konnten sich gegen die DVU-Parteiführung in München nicht durchsetzen. Der
zig-fache Multimillionär und Immobilienhändler Gerhard Frey dekretierte auch
für Brandenburg die Umsetzung jenes Paktes, den er mit dem NPD-Bundeschef
Udo Voigt verabredet hatte.
So verdichten sich schon seit Monaten in Brandenburg die Hinweise auf eine
immer engere Kooperation zwischen der NPD, die allgemein als die
aggressivere Neonazi-Partei eingeschätzt wird, und der DVU, der es trotz
ihrer rassistischen und antisemitischen Ideologie bisweilen immer noch
gelingt, sich den Schein einer betulichen Partei mit pseudobürgerlichem
Anstrich zu geben. Die DVU sei ein “Wolf im Schafspelz”, demaskierte der
Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag, Günter Baaske, die Partei:
Gemeinsam mit dem DVU-Bundeschef Frey nahm Brandenburgs
DVU-Landesvorsitzender Sigmar-Peter Schuldt am 30. Oktober 2004 offiziell am
Bundesparteitag der NPD in Thüringen teil.
Für den Fall, dass der DVU eine Kranzniederlegung auf dem Soldatenfriedhof
in Halbe verboten werden sollte, drohte die Partei im November 2004 damit,
ihre Mitglieder für die Teilnahme an dem von Neonazis geplanten Aufmarsch zu
mobilisieren.
Am Neujahrsempfang der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag am 7. Januar
2005 nahmen die märkischen DVU-Abgeordneten Liane Hesselbarth, Norbert
Schulze, Sigmar-Peter Schuldt und Birgit Fechner teil.
Auf der “Reichsgründungsfeier” der NPD am 16. Januar 2005 in Bernau trat
DVU-Landeschef Schuldt auf.
Landtagsabgeordnete der NPD aus Sachsen trafen sich am 2. Februar 2005 im
Potsdamer Parlament mit der Brandenburger DVU-Fraktion.
Brandenburgs Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber — die heute in
Potsdam den Jahresbericht 2004 vorstellen wird — macht keinen substantiellen
Unterschied zwischen beiden rechtsextremen Partnerparteien NPD und DVU. “Sie
wollen eine rechtlose Willkürherrschaft schaffen und die Gleichheit vor dem
Gesetz ebenso wie die Menschenrechte abschaffen. Die möglichen Anhänger
dieser rechtsextremen Parteien sollten sich bewusst machen, dass somit auch
sie entrechtet sind”, sagte Schreiber der MAZ.