BRANDENBURG / HAVEL Pater Franz Reinisch war bereit, als Sanitäter an die Ostfront zu gehen, um
gegen die “gottlosen Bolschewiken” zu kämpfen. Nur den Eid auf Adolf Hitler,
den verweigerte der österreichische Geistliche — Treue schwor er allein
Gott. Es war sein Todesurteil. Der standhafte Katholik starb unter dem
Fallbeil im Zuchthaus Brandenburg.
Einen Gedenkstein für die mindestens 90 von den Nationalsozialisten im
Brandenburger Zuchthaus ermordeten Österreicher wird heute Vormittag der
Nationalratspräsident der Alpenrepublik, Andreas Khol, auf dem Friedhof am
Marienberg enthüllen — gut 60 Jahre nach Pater Reinischs gewaltsamem Tod.
“Die Erinnerung an Menschen, die für ihre Überzeugung in den Tod gegangen
sind, sollte ein Volk pflegen — gerade da heute das Leben so leicht ist”,
sagte der österreichische Botschafter Christian Prosl gestern bei der
Vorstellung des Projekts in Berlin.
Bislang sei die Rolle Brandenburgs bei der Ermordung politischer
Widerständler während der Hitler-Zeit unterschätzt worden, sagte Prosl.
Bislang habe Plötzensee (Berlin) als Hauptort der Hinrichtungen seiner
Landsleute gegolten. Dank neuer Forschungen wisse man heute, dass in
Brandenburg ebenso viele Österreicher ums Leben gekommen seien — nach
Deutschen, Tschechoslowaken und Polen die viertgrößte Opfergruppe in der
Anstalt auf dem Görden. Prosl geht davon aus, dass die Forschung noch mehr
österreichische Opfer des hiesigen Zuchthauses identifizieren wird.
Der schlichte Stein unweit des Krematoriums, wo fast alle Opfer verbrannt
wurden, trägt die Inschrift: “Die Republik Österreich gedenkt der während
der nationalsozialistischen Diktatur in Brandenburg an der Havel
hingerichteten Österreicher. Sie starben für ihre Überzeugung.” Zwei
Brandenburger Schüler werden die Liste mit den Namen der Getöteten verlesen.
Zu den benachbarten Gedenksteinen für französische und italienische
Zwangsarbeiter soll ein gebührender Abstand gehalten werden — Österreich war
seit dem “Anschluss” 1938 Teil des Reichs und stand somit auf Seiten der
Täter.
Angestoßen hat die Gedenkstein-Initiative der ehemalige ARD-Journalist Peter
Muschol, der sich mit Klerikern als Opfer des Nationalsozialismus
beschäftigt. Er hatte sich 2002 an die österreichische Botschaft gewandt.
Das Geld für den Gedenkstein — mehrere tausend Euro — haben zwei
österreichische Stiftungen aufgebracht.