Unter dem Motto: „ Niemand ist vergessen!“ erinnerten gestern Abend in Neuruppin ungefähr 40 Menschen, darunter viele Mitglieder und Freunde des JWP Mittendrin e.V. sowie des Aktionsbündnisses „Neuruppin bleibt bunt“, an den Tod von Emil Wendland. Der Obdachlose wurde am 1. Juli 1992 in einer Grünfläche am alten Gymnasium von mehreren Neonazis angegriffen, misshandelt und erstochen.
Gegen das Vergessen
In einem ersten Redebeitrag von zwei Vertreterinnen des JWP Mittendrin e.V. wurde versucht sich der Person Emil Wendland anzunähern und die letzten Stunden seines Lebens zu rekonstruieren. Doch die Erinnerung an ihm ist nur in Fragmenten erhalten, selbst sein Tod scheint nicht abschließend aufgeklärt zu sein. Lediglich zwei, der bis zu sieben Täter, wurden wegen „Totschlag“ oder „gefährlicher Körperverletzung“ verurteilt, so die Vertreterinnen des JWP Mittendrin.
Dennoch will sich der Verein nicht mit der Erinnerungslücke zu diesem düsteren Kapitel der Neuruppiner Stadtgeschichte abfinden. Zwar wurde die Forderung nach Umbenennung einer Straße zum Gedenken an Emil Wendland von der Stadt abgelehnt, im letzten Jahr jedoch auf Betreiben des JWP Mittendrin eine Gedenktafel am Tatort errichtet. Auf ihr ist übrigens auch vermerkt, dass Neonazis für den Tod des Obdachlosen verantwortlich waren. Ein wichtiges Detail, denn Emil Wendland wird von den Behörden nicht als „Opfer rechter Gewalt“ anerkannt. Entsprechend forderten die beiden Vertreterinnen des JWP Mittendrin wiederholt die Aufnahme in die entsprechenden Statistiken und somit ein Ende der Bagatellisierung der Tat.
Kein Einzelfall
Denn die Tötungen von Obdachlosen sind keine dramatischen Einzelfälle, wie ein Vertreter der Antifa Westbrandenburg in einem weiteren Redebeitrag darlegte. Neun wohnungslose Menschen wurden allein im Land Brandenburg aus sozialdarwinistischer Motivation umgebracht. In der öffentlichen Erinnerungskultur erfährt dies jedoch kaum Beachtung, so der Antifa-Vertreter weiter, denn „im Gegensatz zu Opfern, welche aus rassistischen oder politischen Motiven ermordet wurden, haben sie keine Community“. Um so wichtiger erscheint auch die in diesem Redebeitrag geforderte Anerkennung Emil Wendlands als „Opfer neonazistischer Gewalt“. Staat, Politik und Behörden sollen sich nicht mehr vor ihrer Verantwortung im Umgang mit dem Neonazismus drücken können, so der Vertreter der Antifa Westbrandenburg. Und den Mördern soll nicht der Erfolg gegönnt sein, eine Existenz spurlos vernichtet zu haben.
Kranzniederlegungen als Zeichen der Erinnerung
Anschließend wurden zwei Kränze zur Erinnerung an den gewaltsamen Tod von Emil Wendland neben der Gedenktafel niederlegt und nach einer Schweigeminute die Kundgebung beendet.
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