PDS und Thälmann-Freundeskreis begehen
119. Geburtstag des Kommunistenführers
ZIEGENHALS Den längsten Anreiseweg hatten wohl die Blumen zurückgelegt. An
der Einfahrt zur Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals (Dahme-Spreewald)
bot eine Blumenverkäuferin rote Nelken aus Italien an. Ein Euro kostete die
florale Reminiszenz für den ermordeten Kommunistenführer, dessen 119.
Geburtstag gestern an historischer Stelle gedacht wurde — wie schon im
Vorjahr vor verschlossenen Türen.
Die Bitte des Veranstalters, des Freundeskreises Thälmann-Gedenkstätte, das
Gelände am Krossinsee an diesem Tag zugänglich zu machen, hatte der
Eigentümer erneut abgelehnt. Er könne nicht nachvollziehen, was sein
Grundstück mit dem Geburtstag von Ernst Thälmann zu tun habe, schrieb Gerd
Gröger, der das Gelände 2003 für 86 000 Euro ersteigert hatte, in einem
Brief an den Verein.
Wer von den rund 500 Zuhörern der Kundgebung dennoch eine Nelke niederlegen
wollte, musste mit dem Maschendrahtzaun vorlieb nehmen. Nur wenige hatten
sich getraut, trotz des Verbotes die Absperrung zu überwinden und Blumen vor
der Thälmann-Büste abzulegen. “Man müsste das Gelände besetzen”, schimpfte
ein Mann, während er seine Nelke am Zaun befestigte. Für die Entscheidung
des Landrates, die Gedenkstätte abzureißen, fand er wie so viele an diesem
Vormittag deutliche Worte: Es sei eine Schweinerei.
Auf dem Podium, unweit des Schildes mit der Ankündigung für den Bau dreier
Einfamilienhäuser auf dem Gedenkstättengelände, war die Wortwahl zwar
moderater, die Empörung aber nicht minder deutlich. So nannte der
Vorsitzende des Freundeskreises, Helmut Becke, die Abrissgenehmigung einen
“skandalösen Vorgang”, der nicht nur ein Angriff auf eine historische Stätte
sei — im Februar 1933 trafen sich in Ziegenhals hochrangige
KPD-Mitglieder -, sondern auch eine Attacke gegen antifaschistische Ideale.
Der PDS-Ehrenvorsitzende Hans Modrow widersprach in seiner Rede der
Darstellung des Landrates Martin Wille (SPD), es handle sich beim Abriss
lediglich um einen Verwaltungsakt. Es sei ein politischer Vorgang, wenn ein
Mitarbeiter des Bauministeriums eine Stätte antifaschistischen Gedenkens
abreißen könne, sagte Modrow der MAZ. Er forderte die Landesregierung auf,
unverbrämten Antikommunismus nicht zuzulassen.
Für die PDS, die zu den Mitveranstaltern zählte, nahm zudem Petra Pau an der
Kundgebung teil. Die Bundestagsabgeordnete griff jedoch nicht zum Mikrophon,
da sie noch auf einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Sachsenhausen
erwartet wurde. Die zahlreichen Feiern zum 60. Jahrestag des Kriegsendes
nahmen viele Redner als Anlass, um Kritik an der offiziellen Gedenkpolitik
zu äußern. Gerade jetzt sei der Abriss das falsche Signal an die
Öffentlichkeit.
Königs Wusterhausens Bürgermeister Stefan Ludwig (PDS) konnte der
umstrittenen Entscheidung immerhin etwas Gutes abgewinnen. Ziegenhals sei
nun in Europa viel bekannter als noch vor zwei Wochen, sagte Ludwig, der
seine Rede mit einem Kant-Wort beendete: “Habt Mut”, forderte er seine
Zuhörer auf.