Streit ausgebrochen um Wirken für ein tolerantes Brandenburg
In Brandenburg ist Streit ausgebrochen, wie Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit am wirksamsten bekämpft werden können. Zwar präsentierte Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) gestern das erneuerte regierungsamtliche „Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg“, in dem die Landesregierung Leitlinien, Maßnahmen und Projekte aller Ressorts zur Bewältigung des Phänomens festschreibt. Doch es hagelt prompt Kritik.
Es sei ein „Brandenburg-Schön-Papier“, zu allgemein und zu wenig zielgerichtet, kritisierte der evangelische Superintendent Heinz-Joachim Lohmann, Vorsitzender des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, zu dem sich verschiedene Organisationen und Verbände zusammengeschlossen haben. Damit verfehle das Konzept „seinen Auftrag“. Er habe den Eindruck, dass inzwischen allein das Innenministerium seine Aufgaben bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus ernsthaft wahrnehme. Konkret vermisst Lohmann unter anderem einen detaillierten regionalen „Atlas über Rechtsextremismus“ in Brandenburg, also eine Bestandsaufnahme der Problemregionen und der örtlichen Gegeninitiativen, um tatsächlich wirk-same Gegenstrategien entwickeln zu können.
Seine Kritik löste im Bildungsministerium Verärgerung aus, aber auch im Aktionsbündnis selbst. Bildungsstaatssekretär Martin Gorholt sagte, das Gremium sei in die Erarbeitung des Konzepts eingebunden gewesen. Ob ein „Brandenburg-Atlas“ tatsächlich hilfreich wäre, sei zudem zu bezweifeln, so Gorholt. Es könne auch dazu führen, Regionen zu stigmatisieren. Er verwies darauf, dass über das Programm – Jahresetat rund 900 000 Euro – auch die sechs landesweit tätigen Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus finanziert werden. „Sie sind diejenigen, die am besten wissen, wo die Probleme besonders groß sind.“ Alfred Roos, Geschäftsführer der Regionalen Anlaufstellen für Ausländerfragen (RAA) sagte, Lohmann spreche nicht im Namen des ganzen Aktionsbündnisses. „Die Vorstellung, dass man in diesem Konzept die Strategien für jede Region entwickelt, ist zentralistisch“, sagte Roos. „Das muss vor Ort passieren.“
Politisches Auslaufmodell
Dagegen unterstützte die Union des Landes die Kritik. Das seit einigen Jahren laufende Programm „Tolerantes Brandenburg“ habe inzwischen Millionen gekostet, sagte CDU-Generalsekretär und Landtagsabgeordnete Sven Petke. „Es kommt einfach zu wenig heraus.“ Das Programm sehe er als „politisches Auslaufmodell.“ Dass die SPD trotz der geringen Wirksamkeit bislang so starr daran festhalte, hänge offenbar mit Milieupflege zusammen.
Die SPD-Landtagsfraktion hat das Engagement der Eko Stahl GmbH Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) gegen Rechtsextremismus als beispielhaft gewürdigt. Rechtsextreme Tendenzen würden im Unternehmen nicht zugelassen, sagte Fraktionschef Günter Baaske gestern nach einer Fraktionssitzung in Ostdeutschlands größtem Stahlproduzenten. Dies regle eine Vereinbarung. „Das ist ein deutliches Zeichen nach innen und nach außen.“ Dies wirke in den Betrieb und zeige nach außen, das Arbeitnehmer Rechtsextremismus nicht zulassen wollten.
Seit Jahren macht sich Eko gegen Rechtsextremismus stark. In zwei Fällen seien darum Azubis nicht übernommen worden, sagte Holger Wachsmann, Eko-Betriebsratsvorsitzender. Zwar würden mit der Vereinbarung nicht alle Köpfe erreicht. „Wir sagen aber klar, wo Schluss ist.“
So würden Gespräche geführt und zum Beispiel deutsche und polnische Jugendliche zusammen ausgebildet. Damit werde anders denkenden Menschen der Rücken gestärkt. „Wir machen weiter.“ Diese Strategie werde seit fünf Jahren praktiziert. Die Vereinbarung datiert aus dem Jahre 2004.
In Gesprächen zwischen SPD und Gewerkschaften sei angeregt worden, dass sich dieses Modell auch in anderen Unternehmen widerspiegeln könnte, sagte Baaske. Ausländische Investoren hätten rund 40 000 Arbeitsplätze im Land geschaffen. Dies zeige, Brandenburg sei inzwischen multikulturell aufgestellt. „Das lassen wir uns nicht kaputt machen.“ (Eig. Ber./thm/dpa)