INFORIOT Zum zweiten Mal fand in Wittstock/Dosse ein Neonaziaufmarsch gegen Asylsuchende statt. Die offen neonazistische Veranstaltung am gestrigen Sonnabend war ein Schaulaufen des “sozial-revolutionären” Flügels der Westbrandenburger Neonaziszene und einiger Gruppen aus Mecklenburg-Vorpommern. Während andere Brandenburger Gruppierungen wie bpsw. BRAMM durch ein eher gemäßigtes Auftreten ein rassistisches Klientel in der Asyl-Frage abzuholen, handelte es sich in Wittstock um einen reinen Neonaziaufmarsch. Dabei war vor allem die jüngst in Brandenburg aktive Kleinstpartei „Der III. Weg“ treibende Kraft bei der Veranstaltung.
Mit Sprechchören wie “Nationaler Sozialismus Jetzt” oder “Antifa Hurensöhne”, untermauert von ruppigem Rechtsrock, marschierten ungefähr 200 Neonazis durch Wittstock/Dosse. Die Demonstration unterteilte sich in fünf feste Blöcke. An der Spitze der Demonstration liefen Neonazis aus dem Wittstocker Raum mit einem Transparent, was einen lokalen Bezug hatte. Andere Blöcke hatten keinen Bezug zu Wittstock. Der zweite und dritte Block wurde durch den “III. Weg” und die Eminger-Kampagne „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ gestellt. Viele Aktivist*innen des III. Wegs sind in entsprechender Partei-Kleidung zum Auftaktort erschienen. Ihre Jacken mussten sie allerdings wegen des Univormierungsverbots auf öffentlichen Veranstaltungen ablegen. Das Auftreten als geschlossene, elitäre Formation war aber auch ohne die gleichen Outfits sichtbar. Die weiteren Blöcke füllten die “Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland” (FKNRP) und ihr Prignitzer Ableger, die “Freien Kräfte Prignitz”, die ihre Gruppenzugehörigkeit durch bedruckte Pullover zur Schau stellten. Für die FKNRP war die Veranstaltung eine Werbemöglichkeit für die Abschlussdemonstration zum „Tag der Deutschen Zukunft“ am 06. Juni in Neuruppin. Hierzu nutzte der FKNRP-Aktivist Marvin Koch die ihm vorgesehene Rede auf der Zwischenkundgebung in der Polthier-Siedlung. Einen weiteren Block führten die “Nationale Sozialisten Müritz” bzw. “Aktionsgruppe Nord-Ost”, ein Vernetzungsprojekt sogenannter “Autonomer Nationalisten” aus Wittstock und Mecklenburg-Vorpommern.
III. Weg dominierte Veranstaltung
Nicht nur durch ihr Auftreten der Demonstration dominierte der III. Weg die Veranstaltung. Auch in der Organisation machte sich der Einfluss des Süddeutschen Exports bemerkbar. So war Maik Eminger, Zwillingsbruder des im NSU-Prozess angeklagte André Eminger, der organisatorische Dreh- und Angelpunkt der Veranstaltung. Er bestimmte den kompletten Verlauf des Aufmarsches, er heizte neben den Wittstocker Neonazi-Kader Sandy „Lui“ Ludwig die Stimmung während des Laufens an und hielt Reden auf der Zwischenkundgebung am Wittstocker Markt.
Von den fünf Redner*innen auf dem Aufmarsch, von dem Anmelder, der die Auflagen verlesen hat abgesehen, kamen drei Funktionäre der Kleinstpartei zu Wort. Die Eröffnungsrede auf der Zwischenkundgebung in der Polthier-Siedlung hielt der Bad-Belziger Stadtverordnete Pascal Stolle, der erst kürzlich sein Übertritt zum III. Weg öffentlich verkündete. Als weiterer Redner auf der Zwischenkundgebung auf dem Marktplatz trat Matthias Fischer auf. Fischer ist letztes Jahr aus Nürnberg zurück in die Uckermark, wo er ursprünglich herkommt, gezogen. Vor allem Fischer fiehl im Gegensatz zu den anderen Redner*innen durch seine rhetorischen Sicherheit auf. Er propagierte, als jemand, der nach eigenen Angaben 25 Jahre in Westdeutschland gelebt hatte, ein Aussterben der Deutschen, welches nun Ostdeutschland drohe.
Polizei unterband Proteste
Knapp 100 Antifaschist*innen hatten sich im Friedrich-Ebert-Stadtpark versammelt, um den Neonaziaufmarsch zu begegnen. Kurz vor dem Auftakt der Neonazidemonstration unterband die Brandenburger BFE eine versuchte Blockade der Strecke, die auf der Kreuzung in der Kyritzer Straße mutmaßlich stattfinden sollte. Weitere Versuche an den Neonaziaufmarsch ran zu kommen, wurden ebenfalls schnell durch die Polizei im Keim erstickt. Auf den Marktplatz soll es zu einem Pfeffersprayeinsatz durch die Polizei gekommen sein. Auf dem Weg in die Altstadt und während der Zwischenkundgebung auf den Marktplatz wurde der Aufmarsch jedoch durch lauten Protest begleitet. Das zivilgesellschaftliche Aktionsbündnis “Wittstock bekennt Farbe” hielt indes ein Willkommensfest in der Papageiensiedlung ab, wo Geflüchtete dezentral untergebracht werden. Eine Putzaktion der Stadt verhinderte, dass die Neonazis direkt auf den Marktplatz ihre Kundgebung abhalten konnten.
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