(21.04.2008) Inspiriert von poppigen und optisch ansprechenden rechtsextremen Internetseiten werden auch die Potsdamer Neonazis immer „kreativer“.
Aber über Kreativität lässt sich ja bekanntlich streiten, vor allem bei einer rechtsextremen Strömung, die sich seit Jahren stilmäßig bei anderen mehr oder weniger politischen Subkulturen bedient, wie zum Beispiel den Sprayer_innen, der HipHop- oder der Antifabewegung.
Codes und Symbole werden zum Teil gänzlich übernommen und mit den eigenen und verkürzten Interpretationen versehen. Da wird das Logo der Antifaschistischen Aktion benutzt, teilweise sogar ohne den Schriftzug zu modifizieren und auf Nachfrage hallt es einer oder einem entgegen: „Na ihr seid doch die wahren Faschisten!“. Reflexion des Ganzen? Fehlanzeige!
Hier soll es aber nicht um die fragliche Motivation der Neonazis für das Tragen und Verwenden der von ihnen benutzen Symbole gehen, sondern um deren Verbreitung mittels Flyer und Sprühschablonen.
Ob nun aufsehenerregende Schablonen-Sprüherei oder fetzige „Schnipselaktion“, die Aktivitäten der „Freien Kräfte Potsdam“ sind so aktionistisch wie inhaltsleer. Wichtiger ist sowieso ob Mann (sic!) damit rumposen und sich somit bei seinen „Kameraden“ profilieren und beweisen kann.
Für mehr Infos über die „Freien Kräfte Potsdam“ und deren Nazi-Propaganda zum Beispiel in Fahrland gibt es hier .
“Lasst unsere Kameraden frei!”
So oder ähnlich lautete die Forderung der Jungfaschisten, als sie in der Nacht zum 18. März 2008 mit Sprühschablonen und Farbdosen durch den Potsdamer Ortsteil Marquardt zogen und dabei ca. 25 Losungen an Haltestellen und Garagenwände sprühten.
Mit Sprüchen wie „FREIHEIT FÜR ALLE NATIONALISTEN“, „NATIONALER SOZIALISSMUS JETZT!“ (Rechtschreibfehler übernommen) oder „Frei Sozial National“ soll die eigene “inhaltliche” Ausrichtung vermittelt werden.
Des Weiteren soll mit Parolen wie „Anti-Antifa“ oder „AntiAntifa is Watching YOU“ ein Bild der eigenen Struktur in Form einer „Anti-Antifa Gruppe“ gezeichnet werden, welche sich durch die bewusste Begriffswahl in eine Abwehrhaltung gegenüber „der Antifa“ rückt und somit lediglich eine verteidigende Position gegenüber einer Bedrohung suggeriert. Jedoch sprechen die weiteren Parolen wie zum Beispiel „GOOD Night Left Side“, „Fight Antifa“ oder „LINKE STRUKTUREN ZERSCHLAGEN“ eine ganz andere Sprache. Nämlich eine aggressiv-kämpferische, die direkt zu Gewalt am politischen Gegner aufruft und dadurch ein Bedrohungsszenario für alternative und linke Jugendliche schaffen soll.
Bombenstimmung?
Da es in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1945, also in der Endphase des 2. Weltkrieges, zur Bombardierung Potsdams durch die Alliierten kam, wird dieser Tag gern von den heutigen Nazis instrumentalisiert um die Deutschen als angebliche „Opfer des Alliierten Bomben Terrors“ zu präsentieren und ihrer zu gedenken, wie bereits im April 2007 mit „Schnipsel- und Transpiaktionen“ geschehen.
Auch zum diesjährigen (63.) Jahrestag der Bombardierung Potsdams gab es mehrere „Schnipselaktionen“ wie zum Beispiel am Potsdamer Hauptbahnhof, am Stern und in Babelsberg am Rathaus sowie am S‑Bahnhof in der Rudolf-Breitscheid-Straße.
Diese Aktionen konnten zwar nicht verhindert werden, jedoch waren sie schon im Vornherein absehbar, da der Potsdamer Neonazi Tom S. bereits mehrere Wochen zuvor eines der Schnipselmotive mit der Aufschrift “14.04.1945 — IM GEDENKEN AN DIE OPFER DES ALLIERTEN BOMBEN TERREOS” (Rechtschreibfehler übernommen) als Avatar in seinem Myspace Profil präsentierte.
Wir werden weiterhin versuchen euch über derartige Aktivitäten auf dem Laufenden zu halten. Wenn ihr dabei helfen wollt, meldet uns die von euch beobachteten Naziaktivitäten.
Klickt dazu einfach auf den „MELDET NAZI-ÜBERGRIFFE“ Button oder schreibt uns eine Mail .
Folgendes sollte nach Möglichkeit ausgefüllt werden:
— Ort (z.B. Straße/Haltestelle)
— Datum, Uhrzeit
— Welche Art von Aktivität hast du gesehen? (Aufkleber, Schmierereien, usw. …)
— evtl. Namen und Anzahl der Nazis
Wenn du nicht zu allen Punkten Angaben machen kannst, kein Problem. Alle Kleinigkeiten können wichtig sein!
Nachtrag: Wenn im Artikel von “Schnipseln” die Rede ist, so sind damit kleinformatig kopierte Handzettel gemeint, die oft an belebten Plätzen in größerer Zahl in die Luft geschleudert werden und so die Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollen.