NEURUPPIN “Junge Frau, Sie haben nichts gesehen”, bekam eine Prenzlauerin zu hören, als sie am 28. September vergangenen Jahres nach einem Spaziergang mit ihren Hunden gegen Mitternacht ihren Hausflur betrat. So steht es in den Akten, die derzeit zur Verhandlung auf dem Richtertisch der Jugendstrafkammer des Landgerichts Neuruppin liegen.
Die Anklagebank ist lang: auf ihr sitzen seit gestern (07.08.02)zehn Männer zwischen 17 und 38 Jahren, denen unter anderem Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung, in zwei Fällen sogar versuchter Mord vorgeworfen wird. Denn als die zehn in jener Septembernacht die Wohnung in der Bergstraße in Prenzlau verließen, war die Einrichtung zertrümmert, lagen zwei Verletzte auf dem Boden.
Es ist keine einfach Sache, ein Geschehen zu beleuchten, an dem so viele mutmaßliche Täter beteiligt sein sollen. Erschwert wird die Aufgabe der Richter noch durch die Versuche eines Anwalts, das Verfahren mit Anträgen erst einmal zu blockieren. Sein Mandant möchte ihn als neuen Pflichtverteidiger beigeordnet bekommen. Zu mehreren Stunden Verspätung allerdings kam es zum Prozessauftakt, weil der 23-jährige Timo M. nicht zur Verhandlung erschien und erst mit Polizeigewalt vorgeführt werden musste. “Die Punks würden uns platt machen”, erzählte schließlich der jüngste Angeklagte über die Hintergründe jener Tat. Der 17-jährige Maik S. sprach über ein Gerücht, das jener in Umlauf gesetzt haben soll, der das eigentliche Ziel des Angriffs gewesen sei. Die Linken auf die Rechten zu hetzen, eine Keilerei zu provozieren, das hätte er gewollt und dafür hätten sie ihn alle zusammen zur Rede stellen wollen. Nach einer Party bei einem der Angeklagten seien sie also mit Autos, in denen sich schon ein Baseballschläger und eine Sturmmaske befanden, in die Bergstraße gefahren. Der Wohnungsinhaber, der sie wohl hatte kommen sehen, konnte rechtzeitig verschwinden. Seine beiden Besucher, die bei ihm übernachteten, nicht. Die zehn sollen die Wohnung gestürmt und dort das Mobilar auseinander genommen haben. Der 32-jährige Ingo M. und der 33-jährige Heiko R., beide in Haft, hätten mit dem Baseballschläger und einem Regalbrett mit Tritten und Schlägen auf ihre Opfer eingeprügelt. Die beiden Männer, die bis jetzt von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, werden am schwersten von der Staatsanwaltschaft belastet. Versuchter Mord wird ihnen angelastet. Ob dieser Vorwurf haltbar ist, werden die kommenden Verhandlungstage zeigen.