Die Bekämpfung des Rechtsextremismus bleibt in Brandenburg auch für die kommenden Jahre eine der zentralen Aufgaben der Sicherheitsbehörden. Das erklärte Brandenburgs Innenstaatssekretär, Eike Lancelle, anlässlich der Eröffnung des Symposiums „Musik und Hass“, zu dem am Mittwoch dem 07.12.2005 der Brandenburger Verfassungsschutz geladen hatte.
Die Polizeizahlen zur politisch motivierten Kriminalität ließen zwar deutlich erkennen, dass sich die bisherigen Bemühungen in diesem Bereich positiv auswirkten, sagte der Staatssekretär. Doch könne das keine Entwarnung bedeuten. Bis zum 31.Oktober 2005 wurden 76 Gewaltdelikte gezählt, die einen rechtsextremistischen Hintergrund hatten. Im Vergleichszeitraum 2004 war es noch zu 94 rechtsextremistisch motivierten Gewaltstraftaten gekommen. Das bedeutet einen Rückgang in diesem Bereich um 19 Prozent.
„Der gleichzeitige Anstieg der Propagandadelikte von 568 bis Ende Oktober 2004 auf 729 im Vergleichszeitraum 2005 verdeutlicht auf der anderen Seite, dass Rechtsextremismus in Brandenburg nach wie vor ernst genommen werden muss“, mahnte Lancelle. Die Zahlen belegten allerdings auch, dass die Öffentlichkeit rechtsextremistische Propagandadelikte ernst nehme, denn eine so hohe Zahl an Anzeigen sei nicht zuletzt auch auf eine erhöhte Aufmerksamkeit der Brandenburgerinnen und Brandenburger zurückzuführen. Diese Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten und auf das Thema der rechtsextremistischen Musik zu lenken sei nun Aufgabe des Symposiums des Verfassungsschutzes, das eine Veranstaltungsreihe zu unterschiedlichen verfassungsschutzrelevanten Themen einläute.
„Musik kommt in der rechtsextremistischen Propaganda in letzter Zeit eine wachsende Bedeutung zu“, erklärte Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber die Auswahl des Themas für das erste Verfassungsschutzsymposium. So habe die NPD im Bundestagswahlkampf 2005 mit Hilfe einer CD um Jungwählerstimmen geworben. Mehrere hundert Brandenburger Jugendliche besuchen laut Schreiber Jahr für Jahr Skinheadkonzerte und Liederabende rechtsextremistischer Barden. Dabei bekommen sie menschenfeindliche Texte zu hören, wie zum Beispiel den der selbsternannten „Terroristen mit E‑Gitarren“ von der Band „Landser“: „Irgendwer wollte den Niggern erzählen, sie hätten hier das freie Recht zu wählen. Recht zu wählen haben sie auch: Strick um den Hals oder Kugel im Bauch.”
Staatssekretär Lancelle wies darauf hin, dass der demokratischen Gesellschaft mehrere Wege offen stünden, gegen solche menschenfeindliche Texte vorzugehen. Das Land Brandenburg habe nicht umsonst im Jahre 2005 eine Indizierung von 60 vornehmlich rechtsextremistischen und Gewalt befürwortenden CDs und DVDs bei der Bundeszentrale für jugendgefährdende Medien beantragt. Das seien zwei Drittel der bundesweit gestellten Indizierungsanträge. „Wichtig ist es aber auch, in der Bevölkerung ein Problembewusstsein gegenüber demokratiefeindlicher Propaganda zu schaffen, die musikalisch vorgetragen wird. Die CD-Umtausch-Aktion des Brandenburger Verfassungsschutzes diente dieser Aufgabe und war ein bundesweit beachteter Erfolg“, sagte Lancelle. Bei der Aktion wurde angeboten, rechtsextremistische Tonträger gegen eine CD mit dem Titel „Hörbar tolerant“ umzutauschen.
„Musik spielt zwar im Alltagsleben vieler Jugendlicher eine zentrale Rolle. Die von rechtsextremistischer Musik ausgehenden Gefahren werden aber bisweilen unterschätzt“, sagte Verfassungsschutzchefin Schreiber. Es sei schwer zu entscheiden, wann man es mit rechtsextremistischer Musik zu tun habe und wie damit umzugehen sei. Der Verfassungsschutz biete mit seinem Symposium Multiplikatoren in der Jugendarbeit Information und Diskussionsgrundlage zugleich. Die etwa 50 Gäste kamen aus so unterschiedlichen Bereichen wie Jugendfeuerwehren, Musikschulen, Schulämtern und der kirchlichen Jugendarbeit und konnten ihre Erfahrungen zu dem Thema „Musik und Hass“ untereinander abgleichen und voneinander lernen.
„Der Verfassungsschutz beschäftigt sich mit aktuellen Themen und möchte im Dialog mit Anderen Lösungsstrategien gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen in unserem Land entwickeln“, erörtert Winfriede Schreiber das Konzept der nunmehr eröffneten Veranstaltungsreihe. Während Jahresberichte und Artikel auf der Website des Verfassungsschutzes Informationen zur Verfügung stellten, sollten die Symposien dazu dienen, dass Fachleute miteinander ins Gespräch kommen, die in ihrem beruflichen Alltag mit Extremismus zu tun haben. Geplant sind deswegen weitere Veranstaltungen zu Antisemitismus, Graffiti mit extremistischen Inhalten und zu ähnlichen verfassungsschutzrelevanten Themen.
Die Diskussion um rechtsextremistische Musik auf dem Symposium zu „Musik und Hass“ sei somit ein weiterer Schritt, dem Anspruch auf „Verfassungsschutz durch Aufklärung“ gerecht zu werden, sagte Schreiber. Die Behörde informiere nicht nur, sondern biete auch eine Plattform für Informationsaustausch. „Ich wünsche mir, dass solche Veranstaltungen bald als typisch für das öffentliche Erscheinungsbild des Brandenburger Verfassungsschutzes wahrgenommen werden“, erklärte Staatssekretär Lancelle. „Es ist wichtig, dass sich die demokratischen Kräfte gegenseitig in ihrer Arbeit gegen Extremismus ermuntern. Die Veranstaltungen des Verfassungsschutzes werden ihnen dazu ein Forum bieten.“